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Full text of "Das Territorium de Stadt Strassburg bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts [microform] : Inaugural-Dissertation ..."

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MASTER 

NEGATIVE 


NO 


93-81699-2 


MICROFILMED  1993 
COLUMBIA  UNIVERSITY  LIBRARIES/NEW  YORK 


as  part  of  the 
"Foundations  of  Western  Civilization  Preservation  Project 


9? 


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A  UTHOR: 


KNOBLOCH 


5 


LUDWIG 


TITLE: 


DAS  TERRITORIUM  DER 
STADT  STRASSBURG  , 


PLACE 


LEIPZIG-REUDNITZ 


DA  TE. 


1908 


COLUMBIA  UNIVERSITY  LIBRARIES 
PRESERVATION  DEI'ARTMENT 

BIBLiUGRAl'HIC  MICROFORM  TARGET 


Original  Material  as  Filmed  -  Existing  Bibliographie  Record 


Master  Negative  # 


128 


ICnoblocIi,    Ludv/i/^      138,'^-  ' 

:  Das   territorium  der   stadt  Strassburg  bis   zur 

^    mitte   des   15 •    Jahrhunderts    (nebst   einer  ^arte) 
Strai^.oburg     I90S 


Bibliography  p  4* 


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Silver  Spring,  Maryland  20910 

301/587-8202 


15    mm 


Inches 


1.0 


i.i 


1.25 


|4.5 

mm 

163 
|7I 


li.i^is. 


2.8 
3.2 

4.0 


1.4 


2.5 
2.2 

2.0 


1.8 


1.6 


MRNUFfiCTURED   TO   fillM   STONDRRDS 
BY   APPLIED   IMfiGE.    INC. 


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Das 


Territorium  der  Stadt  Strassburg 

bis  zur  Mitte  des  16.  Jahrhunderts 

(nebst  einer  Karte). 


Inaugural' Dissertation 


zur 


Erlangung   der   Doktorwürde 


der 


Hohen  philosophischen  Fakultät  der  Kaiser- 
WilhelmS'Universität  zu  Straßburg 


vorgelegt  von 


Ludwig  Knobloch 

.lus  Offenheim  in  Rheinhessen. 


1 

i; 


Leipzig-Reudnitz. 

Druck  von  August  Hoffmann. 

1908. 


N. 


/ 


Von  der  Fakultät  genehmigt  am  23.  ^ov.  1907. 


Meinen  lieben  Eltern 


il 


\ 


Verzeichnis  der  Abkürzungen. 


Str.  Stadt-A.  =  Straßburger  Stadt-Archiv. 

Str.  Bez.-A.  =  Straßburger  Bezirks-Archiv. 

Straßb.  Urk.  =  Straßburger  Urkundenbuch. 

Rapp.  Urk.  —  Rappoltsteiner  Urkundenbuch. 

Altmann,  Reg-  =  Altmann,  Regesta  impcrii  XI. 

Fester,  Reg.  =  Fester,  Regesten  der  Markgrafen^ von  Baden  und 

Hachberg  1050     1515 
Schöpflin,  Als.  illustr.  =  Schöpflin,  Alsatia  illustrata. 
Königshofen,  Str  Städtechroniken  --  Straßburger  Städtechroniken. 
R.  T.  Akten  =  Reichstagsakten. 
Z.  G.  O.  N.  F.   =   Zeitschrift    für   Geschichte    des    Oberrheincs, 

Neue  Folge. 


Einleitung, 

Mit  der  vorliegenden  Untersuchung  habe  ich  es  unter- 
nommen ,  eine  Übersicht  über  den  Erwerb  und  die  Ver- 
fassung und  Verwaltung  des  Territoriums  der  Freistadt  Straß- 
burg zu  geben.  Was  den  Erwerb  anbetrifft ,  so  sah  ich 
mich  vielfach  genötigt,  auf  die  dabei  geführten  Verhand- 
lungen etwas  näher  einzugehen ,  weil  darin  die  von  der 
Stadt  verfolgte  territoriale  Politik  klar  zu  erkennen  ist;  bei 
der  Verpfändung  von  Rappoltsweiler  mußte  auch  die  allge- 
meine politische  Lage  Straßburgs  berücksichtigt  werden. 
Ferner  erforderte  die  Zersplitterung  der  landesherrlichen 
Rechte  der  einzelnen  Gebiete,  auch  deren  Geschichte  bis 
zum  Eintritt  in  den  städtischen  Besitz  zu  berücksichtigen. 
Für  die  Verfassung  und  Verwaltung  wurden  die  Zustände 
des  Gebietes  in  der  ersten  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts 
herausgegriffen,  die  deshalb  am  wichtigsten  zu  sein  schienen, 
weil  damals  das  ganze  Gebiet  erst  einheitlich  organisiert 
wurde  und  so  das  Gepräge  für  die  folgenden  Jahrhunderte 
erhielt.  Mur  gelegentlich  glaubte  ich  auf  die  früheren  Zu- 
stände zurückgreifen  zu  müssen.  Die  Darstellung  verfolgt 
die  Geschichte  des  Territoriums  bis  zum  jähre  1550,  die 
Behandlung  der  späteren  Zeit  mag  einer  anderen  Arbeit 
vorbehalten  bleiben.  Der  Plan  der  Arbeit  ist  der,  daß  zu- 
nächst der  Erwerb  des  vorübergehenden ,  sodann  der  des 
dauernden  Besitzes  nach  Ämtern  geordnet  und  zum  Schluß 
der  verfassungsgeschichtliche  Teil  behandelt  werden  soll. 

Das  Territorium  setzte  sich  in  der  ersten  Hälfte  des 
16.    Jahrhunderts    aus    acht    Ämtern    zusammen,    nämlich 


-     6     — 

Benfeld,  Ettenheim,  Fursteneck,  Herrenstein,  Kürnberg,  111- 
kirch ,  Wasselnheim  und  Marlenheim  mit  zusammen  39 
Dörfern ,  4  Städten  und  5  festen  Burgen  \ry^).  Dazu  trat 
noch  im  )ahre  1566  das  Amt  Barr  bestehend  aus  der  Stadt 
Barr  und  5  Dörfern^).  Dieser  nicht  ganz  abgerundete  Be- 
sitz blieb  der  Stadt  größtenteils  dauernd  bis  zum  )ahre 
1681,  wo  er  mit  ihr  zusammen  Frankreich  einverleibt  wurde 
mit  Ausnahme  des  Amtes  Herrenstein,  welches  der  Rat  schon 
1651  verkaufen  mußte.  Außer  diesem  dauernden  Besitze 
gehörten  zeitweise  noch  eine  Reihe  anderer  Gebiete,  vor- 
nehmlich die  Städte  Rappoltsweiler  und  ein  Teil  von  Lichten- 
au und  kurze  Zeit  sogar  das  ganze  Bistum  Straßburg,  zur 
Stadt  Straßburg,  sodaß  ihr  Territorium  denen  der  anderen 
deutschen  Städte  würdig  zur  Seite  treten  kann'). 

Da  der  Besitz  der  hohen  Gerichtsbarkeit  das  ausschlag- 
gebende Moment  in  der  Bildung  der  territorialen  Gewalten 
war,  so  hatte  auch  Straßburg  mit  dem  Übergang  jeder 
Gerichtsbarkeit  innerhalb  der  Stadt  von  dem  bischöflichen 
Vogtgericht    an    die  städischen  Gerichte  das  unbestreitbare 


^)  Vgl.  Die  alten  Territorien  des  Elsaß  nach  dem  Stande  vom 
1.  Januar  1648.  Herausgegeben  von  dem  statistischen  Bureau  des 
Kaiseriichen  Ninisteriums  für  Elsaß-Lothringen,  Straßburg  1896. 
S.  113-119. 

2)  Kretschmer,  Historische  Geographie  von  Mittel-Europa, 
S.  464. 

^)  Vgl.  auch  die  geschichtlichen  Skizzen  der  hier  behan- 
delten Gebiete  in:  Das  Reichsland  Elsaß-Lothringen,  Landes-  und 
Ortsbeschreibung.  Herausgegeben  von  dem  statistischen  Bureau 
des  Ministeriums  für  Elsaß-Lothringen,  Straßburg  1901-1903. 

*)  Die  alten  Territorien  usw.,   S.  116. 

^)  Kretschmer,  S.  583  ff. 

Paul  Sander,  Die  reichsstädtische  Haushaltung  Nürnbergs, 
dargestellt  auf  Grund  ihres  Zustandes  von  1431  bis  1440.  Leipzig 
1902,  S.  9-10. 

Eugen  Rübling,  Die  Reichsstadt  Ulm  am  Ausgange  des 
Mittelalters  (1378—1556)  1904,  II  S.  216- 


-      7     ^ 

Recht  erworben,  Landesherr  zu  werden').  Wenn  aber  die 
städtische  oberste  Behörde  nicht  schon  im  Anfang  des 
14.  Jahrhunderts  von  dieser  Berechtigung  ausgiebigen  Ge- 
brauch  machte,  so  lag  es  vornehmlich  an  der  Entwickelung 
ihrer  Stadt:  die  schweren  äußeren  und  besonders  inneren 
Kämpfe,  welche  Straßburg  bis  tief  ins  15.  Jahrhundert 
hinein  durchzumachen  hatte,  machten  eine  territoriale 
Politik  unmöglich. 

Wenn  man  aber  doch  gegen  Ende  des  1 4.  Jahrhunderts 
dazu  überging,  außerhalb  der  Stadtmark  liegenden  Besitz 
zu  erwerben,  so  dachte  man  vorerst  noch  nicht  an  weite 
Gebiete  mit  zahlreichen  Dörfern  und  Städten,  was  wir  vor- 
nehmlich unter  einem  Territorium  zu  verstehen  pflegen, 
obwohl  es  auch  damals  schon  einzelne  Dörfer  gab,  welche  zu 
Straßburg  gehörten.  Als  erstes  Dorf  kam  Königshofen  in  städti- 
schen Besitz:  Karl  IV.  erlaubte  am  25.  November  1347  der 
Stadt,  dieses  Reichsdorf,  welches  verpfändet  war,  an  sich 
zu  lösen'-),  und  am  31.  Juli  1351  kaufte  sie  es  von  ihren 
Bürgern  Johann  und  Ludwig  Gosso  für  360  Pfund ').  Aber 
es  wurde  später  keinem  Amte  angegliedert,  sondern  un- 
mittelbar von  den  städischen  Beamten  verwaltet,  und  es 
ist  daher  von  dem  eigentlichen  territorialen  Besitz  zu 
trennen  *). 

Die  beiden  Dörfer  Dettweiler  und  Dossenheim,  welche 
die  Stadt  im  Jahre  1396  mit  Gewalt  einnahm,  fielen  sozu- 
sagen nur  als  Anhängsel  der  Feste  Herrenstein  Straßburg 
zu.  Es  war  ihr  nur  an  der  Feste  gelegen ,  aber  deren 
Besitz  ohne  die  Dörfer  war  nicht  gut  möglich.  Es  ist  be- 
zeichnend ,    daß    von    den    zahlreichen    Urkunden ,    welche 


^)  Siegfried  Rietschel,  Das  Burggrafenamt  und  die  hohe 
Gerichtsbarkeit  in  den  deutschen  Bischofsstädten  während  des 
früheren  Mittelalters,  Leipzig  1905,  S.  20—21. 

2)  Straßb.  Urk.  B.  V  Nr.  153- 

3)  Straßb.  Urk.  B.  V  Nr.  248. 

*)  Straßb.  Urk.  B.  V  S-  190.  Z.  13. 


—     8     - 

während  des  Streites  um  diese  Burg  ausgestellt  wurden,  nur 
in    den    wenigsten    die  Dörfer   überhaupt   genannt    wurden. 

Die  drei  Dörfer  an  der  111,  nämlich  illkirch,  Grafen- 
staden  und  lllwickersheim,  mußte  der  Kaiser  Sigmund  der 
Stadt  verpfänden ,  wollte  er  nicht  die  Ausführung  eines 
gemeinnützigen  Beschlusses,  des  Baues  einer  lilbrücke, 
welcher  von  seinem  Landvogt  im  Elsaß,  dem  Bischof  von 
Straßburg  und  den  meisten  elsässischen  Reichsstädten  ge- 
faßt wurde,  untersagen.  Zweifellos  hat  auch  die  Geldver- 
legenheit des  Kaisers  bei  der  Verpfändung  eine  Rolle  ge- 
spielt. Die  Anregung  dazu  ging  von  ihm  aus,  und  die 
Pfandsumme  betrug   17  600fl. 

Die  Geldgeschäfte,  welche  die  Stadt  mit  den  Reichs- 
fürsten und  Herren  machte,  verschafften  ihr  in  der  ersten 
Zeit  die  Möglichkeit  landesherrlichen  Besitz  zu  erwerben, 
indem  diese,  sobald  sie  ihre  Schulden  der  Stadt  nicht  be- 
zahlen konnten,  ihr  Teile  ihres  Gebietes  verpfändeten. 
Freilich  waren  bei  der  ersten  größeren  Verpfändung,  der- 
jenigen von  Brumath,  Buchsweiler  und  des  Fleckens  und 
der  Feste  fleuenburg,  nur  die  Einkünfte  aber  keine  landes- 
herrlichen Rechte  einbegriffen'),  jedoch  wird  es  von  da  ab 
bei  den  später  abgeschlossenen  Pfandgeschäften  Regel,  daß 
mit  jeder  Verpfändung  auch  die  Landeshoheit  verbunden  ist. 

Auf  diese  Weise  gelang  es  der  Stadt ,  sich  vorüber- 
gehend in  den  Besitz  der  Unterstadt  Rappoltsweiler,  ja  so- 
gar zusammen  mit  dem  Domkapital  in  den  des  ganzen 
Territoriums  des  Straßburger  Bistums  in  den  Jahren  1407 
bis  1417  zu  setzen. 

Ebenso  ist  klar  zu  erkennen,  daß  die  Stadt,  bei  allen  diesen 
Verpfändungen  Gewicht  darauf  legte,  daß  die  verpfändeten 
Gebiete  Burgen  und  Städte  waren ,  welche  auch  in  mili- 
tärischer Hinsicht  wertvoll  für  Straßburg  werden  konnten. 
Dazu    wurde    sie   durch  die  äußeren  Verhältnisse  gedrängt. 

1)  Ebenda  Nr.  83Q.  Die  Verpfändung:  fnnd  am  t3.  Oktober 
1369  statt  und  sollte  10  fahre  dauern. 


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—     9     — 

Mit  dem  Ausgang  des  14.  [ahrhunderts  war  die  Zeit  der 
der  großen  Städtebündnisse  vorbei^),  und  damals  war  auch 
die  Blütezeit  des  adligen  Ausbürgertums  überschritten'-), 
dessen  Bedeutung  für  Straßburg  großenteils  darin  lag,  daß 
die  Burgen  und  Städte  dieser  Adeligen  ihr  für  ihre  kriege- 
rischen Unternehmungen  ein  „offenes  Haus"  waren.  Nun- 
mehr sah  sich  die  Stadt  genötigt ,  sich  zu  ihrem  Schutze 
nach  anderen  Hilfsmitteln  umzusehen ,  deren  sie  sich  im 
Kriegsfall  bedienen  konnte.  So  erwarb  sie  die  völlig  ge- 
trennt vom  Straßburger  Besitze  liegenden  Festen  Kochers- 
berg ,  Herrenstein ,  Fürsteneck  und  Kürnberg.  Bei  der 
Besitzergreifung  der  Städte  Benfeld,  Lichtenau,  Kenzingen, 
Herbolsheim  und  Ettenheim  haben  sicherlich  ähnliche  Er- 
wägungen mitgespielt. 

Mit  der  definitiven  Ordnung  der  städtischen  Verfassung 
im  Jahre  1482')  und  dem  Wiederkehren  ruhigerer  Zeiten 
unter  Kaiser  Maximilian  konnte  Straßburg  daran  denken, 
zu  eigentlichem  territorialem  Erwerb  vorzuschreiten.  Zwar 
hatte  es  schon  vorher  mit  dem  Ankauf  des  linksrheinischen 
Streubesitzes,  welcher  zum  Amt  Kürnberg  zusammenge- 
faßt  wurde,  die  neuen  Bahnen  betreten,  aber  erst  mit  dem 
Erwerb  der  beiden  Ämter  Marlenheim  und  Wasselnheim 
mit  zusammen  14  Dörfern  und  der  Vergrößerung  des  Amtes 
Illkirch  um  weitere  7  Dörfer  tritt  diese  Politik  recht  eii^ent- 
lieh  zu  Tage. 

Interessant  ist  die  Frage  nach  der  Vorgeschichte  der 
einzelnen  Dörfer.  Ein  großer  Teil  davon  war  altes  Reichs- 
gut, aber  nur  4  Dörfer,  nämlich  Wasselnheim,  Brechungen, 
Ittelnheim  und  Friedolsheim,  waren  ein  Reichslehen,  während 
das    ganze    Amt  Marlenheim    und    die    drei  Dörfer    an    der 


^)  Richard  Schroeder,  Lehrbuch  der  deutschen  Rechtsge- 
schichte 4.  Aufl.,  S.  643. 

''^)  O.  Winkelmann,  Straßburgs  Verfassung  und  Verwaltung 
im  16.  Jahrhundert.     Z.  G.  O.  N.  F.  18  S.  50C)ff. 

'^)  Ebenda,  S.  497. 


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—     10     -- 

III  Reichspfandschaft  waren.  Die  Mehrzahl  der  übrigen 
Dörfer  waren  ebenfalls  Pfandlehen.  Vielfach  jedoch  fand 
keine  eigentliche  Verpfändung  an  Straßburg  statt,  sondern 
die  Stadt  erwarb  durch  Ankauf  aus  dritter  Hand  die  vor- 
her schon  an  Andere  verpfändeten  Gebiete.  Schließlich 
darf  man  auch  den  eigenen  Grundbesitz  der  Stadt  nicht 
gering  anschlagen,  besonders  in  den  Gemeinden  Marlenheim 
und  Wasselnheim  und  in  den  Dörfern  um  die  Stadt  her- 
um muß  er  ganz  beträchtlich  gewesen  sein. 

Die  Stadt  Straßburg  war  nur  als  Korporation  lehens- 
fähig^),  daher  mußte  bei  dem  Reichslehen  ein  Lehensträger 
bestellt  werden,  welcher  für  die  Stadt  auf  Lebenszeit  be- 
lehnt wurde.  Etwas  ähnliches  war  bei  den  Pfandlehen 
der  Fall.  Hierbei  folgte  der  vorausgehenden  Rechts- 
handlung eine  symbolische  Handlung,  indem  der  Pfand- 
geber  dem  Altammeister  und  einem  Städtmeister  als  Pfand- 
Symbol  einen  Halm  überreichte  und  ihnen  im  Namen  und 
an  Stelle  des  Rates  und  der  Bürgerschaft  die  landesherr- 
lichen Rechte  abtrat.  Es  ist  zweifelhaft,  ob  dieses  Zere- 
moniell bei  jeder  Verpfändung  beobachtet  wurde,  überliefert 
ist  es  nur  bei  derjenigen  von  Lichtenau  und  von  Ettenheim"-). 


^)  C.  G.  Homcyer,  Das  System  des  Lehenrechts,  S.  312. 
2)  Straßb.  Urk.  VI  S-  777  L  15  und  Str.  Stadt- A.  AA.  1429. 


I 


I.  Der  Erwerb  des  Territoriums. 

A.  Die  vorübergehenden  Besitzungen. 

1.  Rappoltsweiler. 

Der  erste  landesherrliche  Besitz  der  Stadt  Straßburg 
war  die  Unterstadt  Rappoltsweiler,  welche  zusammen  mit 
dem  Rappoltsteinischen  Hofe  daselbst  zwei  )ahre  lang,  vom 
24.  Juni  1388  bis  zum  Sommer  1390,  Straßburg  verpfändet 
war^). 

Der  Rat  stand  mit  dem  Ritter  Bruno  von  Rappolts- 
stein,  dem  Eigentümer  dieser  Unterstadt,  schon  längere 
Zeit   in   geschäftlichen  Beziehungen'-).     Da  dieser  aber  mit 


1)  Schöpflin,  Als-  illustr  IL  pag.  291,  macht  eine  falsche  An- 
gabe: inferiora  [opida]  civitas  argentinensis  anno  1389,  quo  grave 
inter  ipsam  atque  dynastas  bellum  exarserat,  occupavit 

-)  Dieser  hatte  ihm  im  jähre  1363  eine  Rente  von  200 fl  von 
seinem  Dürfe  Gemar  bei  Rappoltsweiler  verkauft,  welche  jährlich 
an  Ostern  fällig  war,  und  für  deren  richtige  Auszahlung  sich 
eine  Reihe  von  Mitschuldnern  verbürgt  hatten  (Straßb.  Urk.  V 
Mr.  573,  Rapp.  Urk.  II  S.  95  Z.  12.)  Außerdem  hatte  ihm  Straß- 
burg, als  er  sich  in  äußerster  Not  befand,  4000fl  „on  allen  nutz" 
geliehen.  Bruno  wollte  diese  in  den  folgenden  10  jähren  in 
jährlichen  Raten  von  400  fl  zurückzahlen  und  verpflichtete  sich 
eidlich,  die  Termine,  welche  auf  johanni  fielen,  einzuhalten. 
(Rapp.  Urk.  II S-  353  Z.  30,  S-  255  Z.  1 0.)  Aber  mit  der  Zeit  waren  manche 
der  Mitschuldner  gestorben,  (ebenda  S.  250  Z.  37.)  und,  was  die 
Stadt  dem  Bruno  zum  Vorwurf  machte,  die  jährlichen  Raten  von 
400  fl  blieben  aus  (ebenda  S.  353  Z.  4.).  Daher  kam  es  im 
Februar  1388  zu  einem  Vortrag.  Bruno  erschien  mit  einer  Ab- 
ordnung seiner  Unterstadt  Rappoltsweiler  in  Straßburg,  und  die 


—      12     -- 

seinen  Zahlungen  an  den  Rat  im  Rückstand  blieb  und 
auch  die  Zahlungstermine,  weiche  er  sich  auf  einem  im 
Februar  1388  in  Straßburg  abgehaltenen  Tage  freiwillig  ge- 
stellt hatte,  nicht  einhielt,  nahm  der  Rat  Besitz  von  Brunos 
Unterstadt,  wie  ausgemacht  worden  war;  am  6.  Oktober  1388 
ist  er  sicher  hier  nachzuweisen^).  Jedoch  er  freute  sich  seines 
Besitzes  nicht  lange,  bereits  im  Sommer  1390  wurde  ihm  die 
Stadt  von  Bruno  mit  Gewalt  wieder  entrissen,  zu  einer  Zeit, 
da  Straßburg  sich  in  des  Reiches  Acht  befand  und  Bruno  ihr 
Bürger  war-).    Die  Versuche  der  Stadt,  Rappoltswcilcr  wieder 

Verhandlungen,  welche  er  am  17.  Februar  mit  Straßburg  und  am 
21.Februar  mit  seinen  eigenen  Leuten  führte,  <am  18- und  24.  Februar 
verhandelte  er  mit  einer  Reihe  von  Straßburger  Bürgern,  welchen 
er  ebenfalls  für  die  Summen,  die  er  ihnen  schuldete,  Zugeständnisse 
machte,  ebenda  S.  257  Z.  27.)  zeitigten  folgendes  Resultat:  Bruno 
versprach  freiwillig,  bisjohanni  die  für  dieses  jähr  an  Ostern  fällige 
Rente  von  200 fl  zu  bezahlen  und  zu  diesem  Termine  neue  N?t' 
Schuldner  an  Stelle  der  verstorbenen  der  Stadt  zu  stellen,  sowohl 
für  die  200 fl  als  auch  fürdic4000fl  Darlehen,  (ebenda  S.  253  Z.  27, 
S.  255  Z.  8.)     Wenn  er  bis  dahin  seine  Versprechungen  nicht  er- 
füllt hätte,   dann   solle  Straßburg   von   seiner   Unterstadt  Besitz 
ergreifen.     Der  Rat  solle  dann  alle  landesherrlichen  Rechte  aus- 
üben,  welche  Bruno  daselbst  zustünden,  und  von  den  Einkünften 
600fl  erhalten.     Die  Verpfändung  solle  solange  dauern,  bis  Bruno 
der   Stadt  seine   Schulden    gezahlt    habe    (ebenda  S.  254   letzte 
Zeile,  S.  256  Z.  32).    Die  Bürger  von  Rappoltsweiler  versprachen 
eidlich  im  Namen   ihrer  Stadt    (ebenda   S.  253  Z.  35),   daß   sie 
gegebenfalls  die  Stadt  Straßburg  als  Herren  in  ihre  Nauern  auf- 
nehmen   und  ihr  gehorchen  wollten,   wie   sie   bisher  Bruno  ge- 
gehorsam gewesen  seien. 

^)  Rapp.  Urk.  II  Nr.  305. 

2)  Bruno  wurde  am  2.  Oktober  1383  (Rapp.  Urk.  II  Nr.  226) 
auf  10  Jahre  zum  Erbebürger  angenommen.  Das  auf  dem  Egercr 
Landfrieden  erlassene  Verbot  der  Pfahlbürger  fällt  nicht  ins  Ge- 
wicht, da  Straßburg  wahrscheinlich  bald  darauf,  wie  mit  ihren 
andern  Erbebürgern,  so  auch  mit  Bruno  den  Bürgervertra<t  er- 
neuert hat  (Straßb.  Urk.  VI  Nr.  629  Z.  23).  Die  Annahme 
Lindners,  Geschichte  des  deutschen  Reiches  unter  König  Wenzel  II 
S.  69,  daß  in  Egcr  der  Stadt  erlaubt  wurde,  ihre  Erbebürger  bei- 


3 

I 


-     13     — 

zu  besetzen  oder  wenigstens  Bruno  zur  Zahlung  seinerSchulden 
zu  bewegen,  fallen  mit  den  Kämpfen  und  Verhandlungen 
zusammen ,  welche  Straßburg  damals  wegen  der  Reichs- 
acht zu  bestehen  hatte,  und  worauf  kurz  eingegangen  wer- 
den soll. 

Die  Stadt  war  im  Sommer  1 389  ^)  auf  Antrag  der 
Königin  Anna  von  England,  Wenzels  Schwester'-),  geächtet 
worden  ').  Aber  in  den  nächsten  anderthalb  Jahren  hat  man 
in  Straßburg  selbst  und  im  Reiche  wenig  Motiz  davon  ge- 


zubehalten, trifft  demnach  nicht  zu,  vgl.  auch  Straßb.  Urk.  VI  Nr.  587 
und  R.  T.  Akten  II,  Nr.  72  Artikel  37.  O.  Winkelmann,  S.  609, 
gebraucht  den  Ausdruck  „Ausbürger  im  engeren  Sinn."  Aus 
Straßb.  Urk.  VI  Nr.  629  und  630  ergibt  sich,  daß  „Ausbürger  im 
e.  S."  und  Erbebürger  dieselbe  Person  bezeichnen. 

^)  Rapp.  Urk.  II  Nr.  313  vom  27.  September  1389  erwähnt 
zuerst  die  Acht. 

'^)  Str.  Urk.  VI  Nr.  750. 

•^)  Sie  wollte  sich  in  den  Streit  zwischen  Wenzel  und  ihrem 
ebenfalls  geächteten  Erbebürger  Bruno  von  Rappoltstein,  welcher 
den  englischen  Ritter  Johann  Harleston  gefangen  hielt,  nicht 
einmischen.  (Sie  berief  sich  auf  den  mit  Bruno  abgeschlossenen 
Bürgervertrag,  wonach  sie  nicht  verpflichtet  war  diesem  beizu- 
stehen, wenn  er  wegen  seiner  burgundischen  Besitzungen  in 
Streit  gerate.  Rapp  Urk.  II  S.  290  Z.  22  und  Straßb.  Urk.  VI  S.  364  Z. 
16,  ferner  Rapp.  Urk.  II  S.  341  Z.  16  und  Straßb.  Urk.  VI  S.  345  Z.  22 
Bruno  behauptet  daselbst,  daß  Ammeister  und  Schöffen  der  Stadt 
ausdrücklich  beschlossen  hätten,  sich  nicht  in  den  Streit  zwischen 
ihm  und  Wenzel  einzumischen.  Die  Stadt  hatte  zweifellos  eine 
gewisse  Berechtigung  zu  dieser  Politik,  in  der  Urkunde  vom 
Oktober  1392  stellt  sie  aber  die  Sachlage  anders  dar.)  Vielleicht 
haben  dabei  auch  noch  die  Geldverlegenheit  Wenzels  und  sein 
Haß  gegen  die  Städte  überhaupt  mitgewirkt.  Das  Verfahren  an 
sich  war  rechtswidrig,  da  die  Stadt  zu  dem  Gerichtstag  nicht 
geladen  war  (Rapp.  Urk.  II  S.  290  Z.  30 ff.),  zudem  auch  ihr  An- 
spruch auf  heimischem  Boden  gerichtet  zu  werden,  nicht  beachtet 
(ebenda  S.  291  Z.  8  und  Straßb.  Urk.  VI  Nr.  572)  -  das  Urteil  wurde 
zu  Burkle  in  Böhmen  ausgesprochen  —  und  ihr  das  Urteil  auch 
nicht  mitgeteilt  wurde. 


^\^ 


—     14     — 

nommen^),  jedoch  unternahm  der  Rat  Schritte,  um  wieder 
von  der  Acht  gelöst  zu  werden. 

Er  wandte  sich  um  Vermittelung  an  Jobst  von  Mähren, 
den  Schultheißen  von  Kolmar,  Peter  von  St.  Die-),  und  an 
den  Pfalzgrafen  Ruprecht').  Durch  ihn  ließ  Wenzel  Anfang 
des  Jahres  1390  der  Stadt  mitteilen,  daß  er  die  Befreiung 
von  der  Acht  von  der  Freigabe  des  gefangenen  englischen 
Ritters  abhängig  mache*). 

Der  Rat  war  nunmehr  bereit  auf  die  Forderung  des 
Königs  einzugehen.  Da  er  aber  infolge  der  vorher  schon '*) 
mit  Bruno  gepflogenen  Verhandlungen  wußte,  das  dieser 
nicht  zu  bewegen  war,  Harleston  gutwillig  herauszugeben, 
entschloß  er  sich,  die  Oberstadt  Rappoltsweiler,  in  welcher 
dieser  gefangen  saß,  mit  Gewalt  zu  besetzen  und  den  Ge- 
fangenen freizulassen"). 


^)  Am  18.  April  1390  versichert  Borsiwoy  von  Swinar,  welcher 
später  mit  der  Achtsvollstreckung  beauftragt  wurde,  die  Stadt 
seiner  steten  Freundschaft,  und  er  weiß  offenbar  von  der  Acht 
(Straßb.  Urk.  VI  Nr.  584),  am  31.  Juli  lädt  Ruprecht,  als  Hauptmann 
des  rheinischen  Landfriedens,  die  Stadt  nach  Bingen  zu  einer 
Tagung  über  denselben  (Nr.  592),  ferner  war  in  der  Stadt  für 
den  September  ein  Turnier  nach  Straßburg  ausgeschrieben,  wo- 
zu jedenfalls  viele  Ritterbürtige  eingeladen  waren  (Nr.  603).  Im 
Dezember  war  eine  Ratsbotschaft  am  königlichen  Hofe,  welche 
aber  anscheinend  überhaupt  nicht  wegen  der  Acht  mit  Wenzel 
verhandelte,  sondern  nur  wegen  des  Landfriedens  (ebenda  Nr.  563, 
vgl.  Lindner  II  S.  66,  3.  Absatz.) 

-;  wahrscheinlich  St.  Die,  in  der  Urkunde  heißt  er  Peter 
von  Sankt  Diedolt 

^)  Ebenda  Nr.  572. 

*)  Ebenda  Nr.  571. 

^)  Rapp.  Urk.  II  Nr.  245  und  S.  290  Z.  25. 

•')  Rapp.  Urk.  II  S»  372  1.  Absatz.  Es  liegt  kein  Grund  vor, 
die  Wahrheit  dieser  Angabe  Brunos  zu  bezweifeln.  Mit  dem  hier 
erwähnten  Rappoltsweiler  kann  nur  die  Oberstadt  R.  gemeint 
sein.  Nach  der  Aussage  Brunos  in  Straßb.  Urk.  VI  Nr.  742  [3] 
wollte  der  Rat  diesen  seinen  Entschluß  dem  König  mitteilen 
lassen. 


I 


—     15     — 

Aber  noch  ehe  es  zur  Ausführung  dieses  Planes  kam, 
hatte  Bruno  davon  Kenntnis  erhalten.  Um  der  ganzen 
Sache  auf  den  Grund  zu  kommen,  schickte  er  seinen 
Oheim,  den  Grafen  Heinrich  von  Sarwerden,  Hans  Riehen 
und  Burckard  Stamler  von  Kaisersberg  nach  Straßburg,  um 
anzufragen,  ob  sich  das  Gerücht  bestätige.  Man  gab  diesen 
hier  keinen  bestimmten  Bescheid  und  weigerte  sich  zu  ver- 
sprechen, daß  man  Bruno  nie  angreifen  wolle,  jedenfalls 
aber  konnte  dieser  aus  der  Antwort  der  Stadt  entnehmen, 
daß  er  auf  der  Hut  sein  müsse,  und  als  bald  darauf  die 
Straßburger  mit  „2  oder  3  hörscharen"  vor  die  Thore  der 
Oberstadt  in  Brunos  Abwesenheit  gezogen  kamen  und  ge- 
mäß dem  Besatzungsrecht,  welches  sie  in  den  Burgen  und 
Städten  ihrer  adeligen  Pfahlbürger  hatten,  Einlaß  begehrten, 
wollte  man  30  oder  40  Glefen  einlassen,  wenn  sie  gelobten, 
nichts  gegen  die  Oberstadt  zu  unternehmen.  Da  sich  die 
Straßburger  darauf  nicht  einließen,  mußten  sie  unverrichteter 
Dinge  wieder  abziehen,  und  ihre  List  war  vereitelt. 

Durch  dieses  gewalttätige  Vorgehen  der  Stadt  erbittert 
glaubte  Bruno,  trotz  seines  Bürgereides  der  Stadt  nicht 
weiter  verpflichtet  zu  sein,  und  überrumpelte  nun  seiner- 
seits die  noch  immer  verpfändete  Unterstadt  Rappoltsweiler, 
welche  er  besetzte.  Zudem  glaubte  er,  mit  Fug  und  Recht 
zu  handeln,  da  Straßburg  sich  noch  in  der  Acht  befand. 
Die  Einnahme  der  Unterstadt  fällt  zeitlich  vor  die  Ab- 
fertigung der  Gesandtschaft,  welche  der  Rat  Anfang  De- 
zember 1390  zu  Wenzel  schickte.  Diese  sollte  versuchen, 
mit  Aufwendung  von  Geld  die  Aufhebung  der  Acht  mög- 
lich zu  machen,  zugleich  auch  gegen  die  Einnahme  von 
Rappoltsweiler  Beschwerde  einlegen.  Aber  die  städtischen 
Boten  waren  6  Wochen  in  Prag,  ohne  vorgelassen  zu  werden, 
und  mußten  unverrichteter  Sache  wieder  heimkehren,  bevor 
ihr  Geleitsbrief  ablief). 

^)  Straßb.  Urk.  VI  Nr.  597  und  Nr.  602.  Rapp.  Urk.  II  S.  291 
Z.  20. 


t 


—     16     — 

Die  nun  folgenden  zwei  fahre  bilden  cm  unerquick- 
liches Kapitel  in  der  Geschichte  der  Stadt  Straßburg.  Den 
Streit  mit  Bruno  ließ  man  zunächst  unbcrücIxsichtiKt  und 
stellte  die  Befreiung  von  der  Acht  in  den  Vordergrund  des 
Interesses.  Nit  Hilfe  einflußreicher  Persönlichkeiten  war  es 
Anfang  des  Jahres  1391  gelungen,  den  König  zu  bestimmen, 
drei  seiner  Räte  nach  Mainz  zu  schicken,  um  mit  den  Straß- 
burger  Abgeordneten  zu  verhandeln').  Die  Verhandlungen 
fanden  denn  auch  Ende  )uli  und  August  in  Mainz  statt-). 
Straßburg  hatte  den  königlichen  Räten  gegenüber  nicht  an 
Geld  gespart,  und  so  wurde  vorbehaltlich  der  könig- 
lichen  Genehmigung  die  Acht  aufgehoben'). 

Aber  Wenzel  versagte  den  Abmachungen  seiner  Räte 
die  Ratifikation'),  und  nachdem  er  sich  Ende  März  1392 
mit  Bruno  von  Rappoltstein  ausgesöhnt  und  die  Freilassung 
des  lohann  Harleston  erwirkt  hatte'),  traf  er  Vorkehrungen, 
die  Acht  an  Straßburg  vollstrecken  zu  lassen.  Ende  Au- 
gust und  Anfang  September  sagten  ^Q^cn  2000  Ritter- 
bürtige^=),    darunter    namhafte    Reichsfürsten    und    Herren, 

')  Straßb.  Urk.  Vi  Nr  644  und  645.  Die  Briefe  müssen  aus 
dem  Anfang  des  Jahres  1391  sein,  da  sie  nur  die  Vorgänge  in 
Prag  nicht  aber  die  in  Hainz  kennen. 

-)  Die  städtischen  Boten  erschienen  am  14.  Juli  in  Nainz 
und  die  Verhandlungen  können  längstens  bis  Ende  August  ge- 
dauert haben,  da  vereinbart  wurde,  daß  schon  am  8.  September 
die  königliche  Bestätigung  über  die  Aufhebung  der  Acht  in  Mainz 
eintreffen  solle. 

')  Über  das  Ergebnis  der  Verhandlungen  existieren  2  ten- 
denziöse Straßburgische  Berichte,  Straßb.  Urk.  VI  S.  365  Z  ^8 
Rapp.  Urk.  11  S.  291  Z.  39  Der  Rat  suchte  später  glaubhaft  "zu 
machen,  (Straßb.  Urk.  VI  Nr.  663)  daß  die  königlichen  Räte  in 
nainz  die  Acht  aufgehoben  hätten,  jedoch  konnte  in  jener  Zeit 
nur  der  Konig  die  Acht  aufheben. 

Vgl.  Straßb.  Urk.  VI  Nr.  638,  650,  661,  662,  663,  621,  622,  623. 
)  Ebenda  Nr.  663.    Königshofen,  Str.  Städtechroniken  2, 681  ff. 

°)  Rapp.  Urk.  II  Nr.  338,  339,  340a,  340  b. 

ß)  Straßb.  Urk  VI  Nr.  679. 


—     17     — ' 

wie  der  Bischof  Friedrich  von  Straßburg,  Markgraf  Bern- 
hard von  Baden,  Graf  Heinrich  von  Lützelstein,  Heinrich 
und  Johann  von  Lichtenberg  u.  A.,  der  Stadt  Fehde  an 
und  zogen  ihre  Truppen  um  Straßburg  zusammen.  Auch 
Bruno  war  unter  den  Widersachern.  Aber  während  der 
Kampf  um  die  Stadt  überall  vorteilhaft  für  die  Straßburger 
verlief,  schlug  Bruno  ihre  Angriffe  auf  Rappoltsweiler  sieg- 
reich zurück. 

Nun  wurde  zwar  im  Februar  1393  nach  vorausge- 
gangenen Verhandlungen^)  in  Hagenau  Straßburg  von  der 
Acht  befreit"),  dagegen  konnte  der  Rat  trotz  Aufwendung 
großer  Geldsummen')  bei  Wenzel  nicht  die  Herausgabe  der 
Unterstadt  erwirken. 

Bei  der  endgültigen  Festsetzung  des  Friedens  zwischen 
Straßburg  und  Wenzel  wurde  am  14.  März  1393  in  Hagenau 
durch  ein  Schiedsgericht  ausdrücklich  bestimmt,  daß  die 
Unterstadt  auch  weiter  im  Besitze  Brunos  bleiben  solle ^). 
Somit  war  für  Straßburg  die  letzte  Hoffnung  geschwun- 
den, wieder  in  den  Besitz  der  Unterstadt  zu  kommen, 
wenn  sie  nicht  den  Weg  langer  und  vielleicht  aussichts- 
loser Verhandlungen  einschlagen  wollte,  und  man  mußte 
von  nun  an  darauf  dringen,  daß  Bruno  wenigstens  seine 
Schulden  an  die  Stadt  bezahle»  Auf  Straßburgs  Betreiben 
machte  zwar  Wenzel  am  22.  Februar  1394  bekannt,  daß 
alle  Schulden,  welche  der  Rat  vor  der  Acht  einzuziehen 
hatte,  auch  jetzt  noch  bezahlt  werden  müßten^),  aber  noch 


^)  Der  im  Straßb.  Urk.  VI  Nr.  703  angedeutete  Tag  in  Nürnberg 
scheint  nicht  stattgefunden  zu  haben.  Nr.  709  gibt  nicht,  wie 
im  U.  B.  angenommen  wird,  einen  Bericht  über  die  Verhand- 
lungen in  Nürnberg,  sondern  es  handelt  sich  dabei  um  Instruk- 
tionen für  die  nach  Nürnberg  gesandten  Ratsboten,  die  schon 
halb  in  die  Form  des  Entwurfs  eines  Zugeständnisses  gebracht  sind. 

2)  Ebenda  Nr.  712. 

3)  Ebenda  Nr.  746,  749,  752,  753,  754. 
*)  Ebenda  Nr.  748. 

ö)  Ebenda  Nr.  813  und  832. 


—     18    — 


19     — 


zweimal  kam  es  mit  Bruno  zur  offenen  Fehde,  in  den  )ahren 
1394  und  1396,  bis  im  November  13Q6  der  ganze  Streit 
unter  dem  Eindruck  eines  bevorstehenden  lothringischen 
Einfalls  ins  Elsaß  und  durch  Vermittelung  des  Herzogs 
Leopold  IV.  von  Österreich  seinen  Abschluß  erreichte.  Der 
Herzog  verbürgte  sich  für  die  Bezahlung  der  Schulden,  und 
Bruno  mußte  ihm  die  Unterstadt  und  einigen  anderen  Be- 
sitz als  Unterpfand  setzen.  Bald  darauf  erfolgte  die  Ab- 
rechnung zwischen  Straßburg  und  Bruno,  ferner  die  Be- 
zahlung der  Schulden  und  die  Rückgabe  der  Schuldbriefe^). 

2.    Die  Pfandschaften   des   Straßburger  Bistums. 
Zur    Betreibung    einer   energischen   territorialen   Politik 
bot  die  für  das  Bistum  Straßburg  so  verderbliche  Regierung 
des    Bischofs    Wilhelm    von  Diest    ein    weites    Arbeitsfeld. 
Seinen    ewigen    Geldnöten    kam    der    auf    Großhandel    und 
Geldgeschäfte   gerichtete   Sinn    des   städtischen   Rates  sehr 
zu  statten.     Aber  bei  bloiien  Geldgeschäften  blieb  es  nicht, 
der  Bischof  mußte  gestatten,  daß  nach  und  nach  eine  große 
Anzahl  seiner  Besitzungen  in  die  Hände  der  Stadt  übergingen 
und  z.  T.  lange  Zeit  von  ihr  zurückbehalten  wurden.    Den 
Höhepunkt  aber  erreichte  diese  Entwickelung  im  )ahre  1406 
als    Wilhelm    sich    für    unfähig   erklärte,    seinen   weltlichen 
Besitz    weiter   zu    verwalten,    und   ihn  der  Stadt  und  dem 
Domkapitel    übertrug.      Zweifellos    hatte    von    dieser    Ver- 
fügung des  Elekten  die  Stadt  den  größten  Nutzen,  welcher 
darin    bestand,    daß  sie  sich  in  jener  bewegten  Zeit  durch 
eine    Reihe    im    Umkreis    von    Straßburg   gelegener   fester 
Plätze  für  die  Zeit  der  Verpfändung  gesichert  sah'-). 

In  der  Geschichte  dieser  großen  Verpfändung  sind 
zwd  Perioden  scharf  zu  scheiden.    Die  erste  beginnt  damit, 

^)  Rapp.  Urk.  II  Nr.  566  -  568,  583,  603. 

-)  Vgl.  Hans  Kaiser,  die  Konstanzer  Anklageschriften  von 
1416  und  die  Zustände  im  Bistum  Straßburg  unter  Bischof  Wil- 
heim  von  Diest  Z.  G.  0.  N.  F.  22,  S.  387 ff. 


Ji 


daß  im  )ahre  1406  der  Elekt  die  Stadt  und  das  Kapitel 
beauftragte,  in  den  nächsten  10  Jahren  alle  Einkünfte  aus 
dem  Bistum  einzusammeln  und  sich  und  die  anderen  Gläu- 
biger davon  bezahlt  zu  machen.  Der  Elekt  blieb  weiter- 
hin Oberherr  des  Territoriums  und  der  ganze  Beamten- 
apparat wurde  von  ihm  ernannt  und  besoldet,  nur  die 
Städte  und  festen  Schlösser  des  Bistums  sollten  dem  Kapitel 
und  der  Stadt  zu  allen  ihren  Nöten  und  Kriegen  offen 
stehen.  Alle  Untertanen  und  Beamten  mußten  diesen  Ver- 
trag beschwören,  die  diesbezüglichen  Urkunden  der  Städte 
Molsheim  und  Zabern  und  des  Vogtes  der  Pflege  Bernstein, 
Johann  Gugenheim,  sind  vom  23.  Närz,  25.  März  und 
7.  Mai  datiert,  die  Vertragsurkunde  selbst  scheint  nicht  er- 
halten zu  sein^). 

Aber  wenn  der  Bischof  glaubte,  auf  diese  Weise  von 
den  auf  dem  Bistum  lastenden  Schulden  zu  kommen,  so 
hatte  er  sich  getäuscht.  Die  Ausgaben,  welche  er  für  die 
Verwaltung,  Beamtenbesoldung  usw.  zu  machen  hatte,  er- 
höhten noch  die  Schuldenlast,  statt  sie  zu  verringern. 
Daher  entschloß  er  sich  im  März  1407  zu  einem  Schritt, 
welcher  leicht  hätte  verhängnisvoll  werden  können.  Er 
trat  alle  Anrechte  an  den  territorialen  Besitz  des  Bistums 
der  Stadt  und  dem  Kapitel  ab,  nur  die  Stadt  Zabern  und 
die  Festen  Hohbarr,  Lützelburg  und  Greifenstein  behielt  er 
in  eigener  Hand.  Er  entließ  alle  seine  Untertanen  und  Be- 
amten ihrer  dem  Bistum  geleisteten  Eide  und  befahl  ihnen, 
dem  Kapitel  und  der  Stadt  zu  huldigen.  Die  einzige  Ge- 
rechtigkeit, welche  dem  Bischof  blieb,  war  außer  einigen 
Einkünften  aus  der  Pflege  Kochersberg  das  Burgrecht  an 
den  Städten  und  festen  Plätzen'-). 

Nunmehr  leisteten  Untertanen  und  Beamten  dem  Kapitel 
und   der   Stadt    einen   neuen    Eid,    den  allgemeinen  Unter- 

1)  Str.  Stadt-A.  AA.  1433. 

2)  Ebenda  AA.  1431.  Die  Urkunde  ist  vom  26.  März  1407 
datiert. 


—     20     - 

taneneid^).  Es  ist  schwer  festzustellen,  was  damals  alles 
in  ihren  Besitz  überging,  da  es  an  einer  direkten  Nachricht 
fehlt.  Mach  gleichzeitigen  Quellen  waren  es  die  5  bischöf- 
lichen Pflegen  Molsheim,  Kochersberg,  Bernstein,  Orten- 
berg-)  und  die  Pflege  „ginesite  Rines",  ferner  die  Städte  und 
Burgen  Molsheim,  Dachstein,  Mutzig,  Börsch,  Bernstein, 
Rheinau,  Markolsheim,  Dambach,  Kestenholz,  Epfich,  Ober- 
kirch, Oppenau ,  Gengenbach,  Offenburg,  Zell,  Achern, 
Appenweier,  Grießheim,  Renchen,  Sasbach"'). 

Der  Vertrag,  welcher,  wie  sich  aus  den  weiteren  Ver- 
pfändungen an  die  Stadt  ergibt,  im  Laufe  dieser  10  )ahre 
mehrfach  umgeändert  sein  muß,  erreichte  mit  Ostern  1417 
seinen  Abschluß,  und  das  Bischofsgut,  welches  dem  Kapitel 
und  der  Stadt  bis  dahin  noch  geblieben  war,  ging  um  diese 


^)  Es  sind  darüber  ausgestellte  Urkunden  erhalten  von  den 
Städten  Epfich,  Nutzig,  Rheinau  und  Oppenau.  Sie  sind  alle 
gleichlautend,  mit  demselben  Datum  versehen  und  von  einer 
Hand  geschrieben.  Alle  sind  von  dem  Elekten  besiegelt,  nur 
Mutzig  und  Oppenau  haben  auch  ihr  eigenes  Siegel  darange- 
hängt. Sie  sind  daher  in  der  bischöflichen  Kanzlei  ausgestellt  und 
erlangten  erst  Rechtskraft,  nachdem  die  Städte  geschworen  hatten. 
Bemerkenswert  ist  es,  daß  sie  bereits  vom  24-  März  datiert  sind. 
Eine  gleichlautende  Pergamenturkunde  der  Stadt  Markolsheim 
ist  nicht  besiegelt-    Ebenda  A  A.  1431. 

^)  Betreffs  der  Verrechnung  und  Verwendung  der  Einkünfte 
ans  dem  Bistum  bestanden  noch  besondere  Abmachungen,  welche 
jedoch  in  der  Verpfändungsurkunde  vom  26.  März  nicht  erwähnt 
sind.  Zur  Erledigung  der  Verwaltungsgeschäfte  des  bischöflichen 
Territoriums  schlössen  am  26.  Juli  1400  der  Bischof,  das  Kapitel 
und  die  Stadt  einen  Vertrag,  demzufolge  ein  Kollegium  von  3 
Männern,  nämlich  Hügelman  von  Finstingen,  Schwarz  Rudolf 
und  Johann  Bock,  damit  betraut  wurde-  Dem  Vertreter  des 
Bischofs  war  dabei  ein  entscheidender  Einfluß  zugebilligt, 
während  der  städtische  eine  nebensächliche  Rolle  spielte. 
AA.  1563. 

•^)  Str.  Stadt- A.  AA.  1439. 


-      21      — 

Zeit  in  die  Hände  des  Königs  Sigmund  über,  soweit  nicht 
besondere  Abmachungen  in  Kraft  waren  ^). 


Molshcim,  Dambach,  Dachstein,  Börsch  und  Ober- 
kirch. 

Die  Städte  Molsheim,  Dambach,  Dachstein,  Börsch, 
und  Oberkirch  bildeten  eine  kurze  Zeit  selbständige  Pfand- 
lehen. 

In  den  drei  ersten  Städten,  welche  zusammen  wahr- 
scheinlich um  das  Jahr  1411  Straßburg  verpfändet  wurden"-), 
erhielt  der  Rat  die  landesherrlichen  Rechte  und  durfte  von 
den  Gefällen  daselbst  750  fl  erheben.  Auf  Geheiß  des 
Bischofs  mußten  dieselben  Straßburg  schwören,  ebenso 
sollte  jeder  daselbst  neueingesetzte  Rat  und  alle  Personen, 
welche  zuzogen  und  länger  als  4  Wochen  wohnen  blieben, 
huldigen. 

Bald  darauf  gelang  es  dem  Bischof,  die  Stadt  und 
Burg  Dachstein  vorteilhafter  dem  Johann  von  Mülnheim  zu 
verpfänden.  Als  Ersatz  dafür  hat  er  dem  Rat  von  Straß- 
burg, welcher  sich  damit  einverstanden  erklärte,  die  Stadt 
Börsch  abgetreten. 

Zwar  sollte  auch  diese  Verpfändung  nur  10  jähre 
dauern,  aber  noch  1422  waren  die  Städte  in  straßbur- 
gischem    Besitz"*).     Damals    bestimmte    die    zwischen  der 


1)  H.  Kaiser,  Ulrich  Meiger  von  Waseneck,  Z.  G.  0-  N.  F.  16, 
S.  186,  Finke,  der  Straßburger  Elektenprozeß  vor  dem  Konstanzer 
Konzil,  Straßburger  Studien  II,  S.  418.  Finke,  König  Sigmunds 
reichsstädtische  Politik,  S-  118. 

2)  Am  28.  März  1411  forderte  der  Elekt  die  Stadt  Molsheim 
auf,  Straßburg  zu  huldigen.  Dieser  Brief,  sowie  die  undatierte 
Abschrift  der  Tauschurkunde  von  Börsch  sind  die  einzigen  Quellen 
für  die  Verpfändung.    Str.  Stadt-A.  AA.  1435. 

Eheberg,    Verfassungs-,    Verwaltungs-   und   Wirtschaftsge- 
schichte der  Stadt  Straßburg  bis  1681,  S.  76,  Abs.  1- 
^)  Str.  Stadt-A.  AA-  1560. 


22 


Stadt  und  dem  Elekten  abgeschlossene  sogenannte  speyri- 
sehe  Richtung,  daß  die  3  Städte  wieder  dem  Bischof  zu- 
rückgegeben werden  sollten,  etwaige  Unkosten,  welche 
Straßburg  in  der  Zwischenzeit  durch  Bauten  entstanden 
sein  könnten,  sollten  bis  zu  2000  fl  auf  die  Pfandschaft 
Benfeld  geschlagen  werden^). 

Stadt  und  Schloß  Oberkirch  waren  vom  3.  April  1414 
bis  nach  dem  jähre  1428  der  Stadt  und  dem  Kapitel  zu- 
sammen empfändet'-)^). 


I 


^)  Die  3  Städte  wurden  nun  dem  Bischof  anscheinend  auch 
abgetreten,  aber  da  es  ihm  nicht  möglich  war,  die  Pfandsumme 
von  15000  fl  zurückzubezahlen,  und  Straßburg  ihm  inzwischen 
wieder  900  fl  geliehen  hatte,  so  verpfändete  er  derselben  am 
19.  Februar  1423  800  fl  von  den  jährlichen  Einkünften,  welche 
ihm  von  seinen  Städten  und  Dörfern  Molsheim,  Dambach,  Börsch, 
Dachstein,  Nutzig,  Sulz,  Egersheim,  Arnolsheim,  Altdorf,  Bischofs- 
heim und  Koßweiler  bezahlt  wurden.  Es  scheint,  daß  mit  dieser 
Verpfändung  keine  landesherrlichen  Rechte  verbunden  waren; 
wann  diese  800  fl  Rente  abgelöst  wurden,  ist  nicht  festzustellen. 

-)  Am  20.  November  1414  teilte  der  Elekt  der  Stadt  Ober- 
kirch seine  iäber  sie  getroffene  Entscheidung  mit  Die  Pfand- 
summe betrug  6571  fl  11  Pf.,  die  Hälfte  einer  Summe  von 
13502  fl  22  Pf.,  welche  der  Elekt  damals  Straßburg  schuldete- 
Die  andere  Hälfte  schlug  er  auf  das  damals  der  Stadt  ver- 
pfändete Ettenheim  (s.  S.  24).  Die  Urkunde  vom  3.  April,  welche 
nur  im  Konzept  vorliegt,  gibt  irrtümlich  die  Hälfte  der  Summe 
auf  7  301  fl  11  Pf.  an,  während  die  ganze  Summe,  da  später 
nachgetragen,  richtig  bezeichnet  wird. 

Es  ist  auffallend,  daß  Oberkirch  der  Stadt  und  dem  Kapitel 
verpfändet  wird,   während  das  bei  Ettenheim  nicht  der  Fall  ist. 

^)  Im  Frühjahr  1429  gehörte  Oberkirch  noch  den  Straß- 
burgern,  welche  um  diese  Zeit  mit  dem  Bischof  in  Streit  lagen 
und  von  ihm  und  seinen  Verbündeten,  dem  Markgrafen  Bern- 
hard von  Baden  und  Ludeman  von  Lichtenberg,  daselbst  belagert 
wurden.  (Richard  Fester,  Regesten  der  Markgrafen  von  Baden 
und  Hachberg  1050—1515,  Nr.  4132,  4179,  4301). 


il 


23 


B.    Die   dauernden    Besitzungen. 

1.  Benfeld  mit  Kochersberg. 

Auf  längere  Zeit  waren  von  dem  bischöflichen  Besitz 
die  Geschicke  der  Städte  Benfeld  und  Ettenheim  und  der 
Burgen  Kochersberg  und  Fürsteneck  mit  denen  von  Straß- 
burg verbunden. 

Die  Stadt  Benfeld  und  die  Feste  Kochersberg  waren 
das  erste  bischöfliche  Pfandlehen  Straßburgs.  Sie  gehörten 
vom     16.  August    1394    bis    etwa    zum    Jahre    1540    der 

Stadt  ^)-). 

Aber  bei  der  Verpfändung  kam  nur  Benfeld  sofort  in 
Straßburgischen  Besitz,  der  Rat  erhielt  alle  bisherigen  Rechte 
des  Bischofs  und  den  bischöflichen  Dinghof  daselbst.  Flur 
war  ausbedungen,  daß  für  die  Zeit,  als  Bischof  Wilhelm 
lebte  oder  Bischof  von  Straßburg  wäre,  und  nicht  länger, 
in  allen  Kriegen  desselben,  sofern  sie  sich  nicht  gegen  die 
Stadt  Straßburg  oder  ihre  Bürger  richteten,  die  Befesti- 
gungen von  Benfeld  ihm  zur  Verfügung  stehen  sollten  •^)0. 


I)  Str.  Urk.  VI  Nr.  877.  Die  Angabe  bei  Königshofen  II, 
S.  876  "Benefeld  kouftent  die  von  Stroßburg  1400"  ist  falsch- 

'-)  E.  Woerth,  die  Stadt  Benfeld  von  1592  bis  1632,  Ge- 
schichtliche Skizze,  1905,  S.  5— 7,  nimmt  an,  daß  die  Stadt  1406 
dem  Bischof  wieder  zurückgegeben  1422  aber  wieder  verpfändet 

wurde. 

•^)  Bald  nach  1394  kaufte  die  Stadt  in  Benfeld  ein  Haus, 
das  zu  der  daselbst  befindlichen  Burg  gehörte,  von  den  Herren 
von  Andlau  für  54  Pfund  und  errichtete  in  den  nächsten  jähren 
eine  Burg  daselbst,  indem  sie  anscheinend  die  bereits  vorhan- 
dene weiter  ausbauen  ließ.  Für  das  )ahr  1401  werden  zum 
letzten  Male  Ausgaben  für  den  Bau  erwähnt. 

^)  Die  Verpfändungssumme  betrug  15000  fl,  zugleich  ver- 
pflichtete sich  der  Bischof,  daß  er  der  Stadt  bei  der  Einlösung 
der  Pfandschaft  noch  außerdem  2000  Pfund  für  bauliche  Verände- 
rungen zurückerstatten  wolle,  welche  sie  an  den  Befestigungen 
von  Benfeld  und  Kochersberg  während  der  Zeit  der  Verpfändung 
vornehmen    würde-     Ferner   bewilligte   der  Bischof  Ruprecht  im 


—     24      — 

Die  Feste  Kochersberg  ging  nicht  sofort  in  den  Besitz 
der  Stadt  über,  sondern  es  wurde  festgesetzt,  daß  sie  noch 
solange  beim  Bistum  bleiben  solle,  als  Wilhelm  Bischof 
sei.  Während  dieser  Zeit  aber  solle  sie  der  Stadt  in  jedem 
Krieg,  welcher  sich  nicht  gegen  das  Bistum  richte,  zur 
Verteidigung  offen  stehen.  Aber  am  26.  Mai  1422  wurde 
auch  sie  dem  Rate  von  Straßburg  abgetreten,  aus  Freund- 
schaft, welche  der  Elekt  zur  Stadt  hege,  wie  die  Begrün- 
dung lautete^). 

2.  Das  Amt  Ettenheim. 

Die  Stadt  Ettenheim  und  mehrere  in  der  Nähe  liegende 
Dörfer  verpfändete  der  Elekt  mit  Zustimmung  des  Dom- 
kapitels') dem  Rate  von  Straßburg  wahrscheinlich  im  )ahre 
1401. 

Die  verpfändeten  Dörfer  waren  Grafen  hausen,  Kapp  el, 
Ringsheim,  Adelhof,  Reichenweier'")  und  Nonnen- 
weier  und  der  Hof  Trisloch,  welche  vorher  zusammen  mit 
der  Stadt  Ettenheim  dem  Grafen  Eberhard  von  Württemberg 
verpfändet  waren  für  7400  fl.  Die  Pfandsumme  betrug  9400  fl. 
Am  3.  April  1414  erneuerte  der  Elekt  die  Verpfändung  und 
erhöhte  die  Pfandsumme  um  6571  fl  11  Pf.  ^) 

Über  das  Amt  Ettenheim  sind  wir  schlecht  unterrichtet 
Von  den  Dörfern  Adelhof,  Reichenweier  und  Trisloch  sind 
nur  die  Hamen  bekannt,  dagegen  gehörte  Nonnenweier  im 

jähre  1462  600  Pfund  und  1465  noch  einmal  800  fl  als  Baugeld, 
welche  in  die  damals  auf  alle  bischöflichen  Pfandlehen  bewilligten 
2000  fl  einbegriffen  waren,  und  schlug  sie  auf  die  Pfandsumme. 

^)  Str.  Stadt-A.    AA.  1463. 

^')  Am  9.  September  1401  bekennen  die  Stadt  Ettenheim  und 
einige  der  fraglichen  Dörfer  in  einer  Urkunde,  daß  sie  den  Straß- 
burger Boten  Johann  Bock,  Heinrich  Kraniche  und  Ruiin  Bar- 
pfennig im  Namen  Straßburgs  gehuldigt  haben.    Ebenda  AA.  1429. 

^)  Die  beiden  Dörfer  Adelhof  und  Reichenweier  sind  heute 
ausgegangen. 

^)  s.  S.  22  Anm.  2. 


—     25      — 

16.  Jahrhundert  zum  Amt  Fürsteneck  und  wurde,  ohne  daß 
der  Grund  bekannt  wäre,  nicht  wieder  vom  Bistum  einge- 
löst^). Die  Verpfändung  dieses  Amtes  dauerte  bis  zum 
Jahre  1536-). 

3.  Lichtenau. 

Der  Straßburger  Domherr  Johann  von  Lichtenberg  und 
sein  Bruder  Ludwig  hatten  von  den  Einkünften  aus  ihrem  Ge- 
biet ihrem  Oheim,  dem  Grafen  Friedrich  von  Zweibrücken  und 
Bitsch,  eine  Rente  von  900  fl  zu  zahlen,  ebenso  schuldeten 
sie  einem  gewissen  Dietrich  von  Ellekort  1 000  fl,  wofür  sie 
ihm  das  Ungeld  in  Lichtenau  verpfändet  hatten.  Um  jene 
Rente  abzulösen  und  auch  die  lOOOfl  zu  bezahlen,  nahmen 
sie  im  Jahre  1399  bei  der  Stadt  Straßburg  HOOOfl  auf 
und  verpfändeten  ihr  dafür  die  Burg  Lichtenau  und  die 
halbe  Stadt  Lichtenau,  außerdem  noch  eine  Rente  von  600  fl 
von   25  Dörfern   ihres   Gebietes"^).     Diese  sind  in  der  Ver- 


1)  Von  den  Dörfern  Nonnweier  (s-  S.  27)  und  Kappel  be- 
saß das  Bistum  nur  Teile.  In  den  andern  verpfändeten  Dörfern 
scheint  dasselbe  der  Fall  gewesen  zu  sein  . 

1407  fiel  der  dem  Markgrafen  von  Baden  verpfändete  Kirchen- 
satz zu  Kappel  an  das  Bistum  zurück.  Fester,  Reg.  h  Nr.  506 
und  Reg.  h  Nr.  436. 

'^)  Zu  Anfang  des  16.  Jahrhunderts  herrschte  wegen  des 
Wildbannes  in  der  Pfandschaft  Ettenheim  zwischen  Straßburg 
und  den  Markgrafen  von  Baden  als  Besitzern  der  Herrschaft 
Lahr  ein  langer  Streit.     Str.  Stadt-A.  G.  U-  P.  L  115. 

^)  Str.  Stadt-A.  AA.  1494,  Kopie  ohne  Datum,  dieses  er- 
gibt sich  aus  Straßb.  Urk.  VI  Nr.  1511. 

Zur  Pfandschaft  gehörten  außerdem  noch  der  halbe  Vorhof 
an  der  Burg,  der  Mühlgraben  und  der  Kelermannswald.  Jedoch 
ist  dieses  in  der  Abschrift  später  durchgestrichen. 

Die  Namen  der  25  Dörfer  sind:  Schertzheim  Muckenschopf, 
Helmlingen,  Querbach,  Harßau,  Memprechtshofen,  Rencherloch, 
Engelinsau,  Bischofsheim,  beide  Freistett,  Diersheim,  Hausgereut, 
Holzhausen,  Linx,  Bodersweier,  Leutersheim,  Willstett,  Hessel- 
hurst,  Eckartsweier,  Kork,  Odelshofen,  Neuweiler,  Bolzhurst  und 
Legelshurst- 


I 


—     26     - 

pfandiingsurkunde,  welche  vom  28.  Oktober  datiert  ist, 
nicht  erwähnt,  sondern  darüber  bestand  eine  besondere  Ur- 
kunde, auf  welche  hier  verwiesen  ist.  Am  1 .  Dezember 
beschworen  die  Parteien  den   Burgfrieden^;. 

Nachdem  am  Q.Mai  1412  Ludwig  von  Lichtenberg 
im  Einverständnis  mit  seinem  Bruder  Johann  seinem  Schwieger- 
vater, dem  Markgrafen  Bernhard  L  von  Baden,  diesen  seinen 
Besitz  auf  10  )ahre  übergeben  hatte-),  schloß  die  Stadt  am 
13.  Dezember  1413  mit  diesem  den  Burgfrieden  ab"',  worin 
am  6.  )anuar  1417  die  beiden  Lichtenberger  wieder  aufge- 
nommen wurden^). 

Der  Vertrag  erfuhr  bald  Änderungen,  worüber  wir  jedoch 
nicht  unterrichtet  sind.  Die  Rente  von  600  fl  muß  einge- 
löst worden  sein,  ebenso  wurde  die  Burg  in  Lichtenau 
wieder  herausgegeben,  so  daß  Straßburg  daselbst  nur  noch 
das  Benutzungsrecht  im  Kriegsfalle  hatte.  Wir  wissen  nicht, 
wann  die  Pfandschaft  ganz  eingelöst  wurde,  sie  bestand 
noch    1484,  vielleicht  auch  noch   1525"j. 

4.  Das  Amt  Fürsteneck. 

Von  der  Existenz  dieses  Amtes  erfahren  wir  zuerst  im 
|ahre  1539  etwas.  Es  setzte  sich  zusammen  aus  dem  Schloß 
Fürsteneck  bei  Oberkirch  und  den  fünf  Dörfern  Flonnen- 
weier,  Niederhausen,  Schuttcrwald,  Allmannsweier 
und  Wittenweier.  Wahrscheinlich  war  das  Amt  bereits 
einige   )ahre    vorher   gebildet    worden,    indem    die    Dörfer, 

1)  Straßb.  Urk.  VI,  S-  861   Anm. 

2)  Fester,  Reg.  Nr.  2707. 
^)  Fester,  Reg.  Nr.  2799. 

^)  Fester,  Reg.  Nr.  2953.  Es  scheint,  daß  im  Oktober  1425, 
wahrscheinlich  durch  Eroberung,  Straßburg  ganz  Lichtenau  be- 
sessen hat.  Ebenda  Re^^.  Nr.  3868,  3866-  }.  C  Lehmann,  Urkund- 
liche Geschichte  der  Grafschaft  Hanau-Lichtenberg  1862  I,  S.  220, 
nimmt  dasselbe  an. 

'")  Politische  Korrespondenz  der  Stadt  Straßburg  I,   S.  199. 


\ 


-      27     — 

welche  schon  längere  Zeit  zu  Straßburg  gehörten,  dem  Vogt 
von  Fürsteneck  unterstellt  wurden. 

Die  Burg  selbst  ist  eine  der  frühesten  Erwerbungen 
der  Stadt  Straßburg.  Am  10.  April  1394  hatte  der  Elekt 
Wilhelm  dieselbe  dem  Probst  von  Allerheiligen,  Johann  von 
Mülnheim,  verpfändet,  und  am  15.  Juni  1395  außerdem 
80  Schilling  Baugeld  bewilligt,  jedoch  am  3.  )uli  1395  trat 
das  Kloster  alle  seine  Anrechte  an  Fürsteneck  der  Stadt 
Straßburg  ab,  vorbehaltlich  der  bischöflichen  Genehmig- 
ung, welche  zweifellos  erteilt  wurde;  am  6.  Mai  1406  hat 
auch  das  Dom.kapitel  seine  Zustimmung  zu  dem  Kauf  ge- 
geben. Als  1465  der  Bischof  Ruprecht  der  Stadt  2000  fl 
Baugeld  bewilligte,  fielen  auf  Fürsteneck  die  Summe  von 
400  fP).  )edoch  war  die  Burg  in  die  Abtretung  des  Pfand- 
gutes vom  Jahre  1536  nicht  einbegriffen,  noch  1602  ge- 
hörte sie  zur  Stadt.-) 

Die  beiden  Dörfer  Nonnenweier  und  Niederhausen  ge- 
hörten mit  Oberhausen  zusammen,  welches  im  Jahre  1513/14 
als  Straßburger  Besitz  genannt  wird,  im  Anfang  des  16.  Jahr- 
hunderts eine  Zeitlang  zum  Amt  Illkirch,  um  dann  zum 
Amt  Fürsteneck  geschlagen  zu  werden"'). 

Über  den  Erwerb  von  Nonnenweier  wußte  man  im 
17.  Jahrhundert  selbst  in  Straßburg  nichts  sicheres  mehr. 
Eine  Denkschrift  aus  dieser  Zeit  über  den  damaligen  rechts- 
rheinischen Besitz  meint:  „was  die  pfandschaft  betr.  und 
die  dörfer,  die  in  dieselbige  gehörig  seyn  sollen,  will  sich 
uß  den  bey  dem  Pfenningthurm  enthaltenen  Dokumenten 
nicht  klärlich  ausfindig  machen." 

Sicher  steht,  daß  ein  Teil  des  Dorfes  eine  Pfandschaft 
des    Bistums   Straßburg    war  und  wahrscheinlich  noch  aus 


1)  Vgl.  S.  23  Anm.  4. 

2)  Str   Stadt-A.  G.  U.  P.  L  115  Nr-  3. 

•^)  Es  fehlt  jede  Nachricht  über  die  Geschichte  des  Dorfes 
Schuttcrwald  bei  Offenburg. 


— •     28     — 

dem  Anfang  des  15.  Jahrhunderts  stammte^).  Der  andere 
Teil  war  ein  Ailod,  und  ihn  hatte  die  Stadt  im  )ahre  1501 
für  846  Pfund  von  Ulrich  Palm,  )akob  Beger  von  Bliberg,  den 
Brüdern  Wilchem  und  Caspar  Böckle,  Konrad  Mersvvin, 
Groman  Hustelin  und  Frau  Klara  Hustelin  und  Jakob  von 
Andlau  gekauft. 

Niederhausen  wurde  im  )ahre  1503  von  Sebastian  von 
Landeck  und  seiner  Frau  Klara  geborene  von  Beyrin  eigen- 
tümlich für  3500  Goldgulden  gekauft.  Da  das  Dorf  auf 
österreichischem  Grund  und  Boden  lag,  gehörte  dem  Hause 
Osterreich  auch  das  Ungeld,  die  Frohncn,  die  Land- 
Steuer  und  Kriegsverfassung,  Straßburg  stand  nur  die  niedere 
Gerichtsbarkeit  zu. 

Diebeiden  Dörfer  Wittenweier  und  Alhnannsweier  wurden 
erst  in  der  zweiten  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts  erworben. 
Die  Stadt  besaß  nur  einen  dritten  Teil  davon,  das  andere 
gehörte  dem  Kämmerer  von  Dalbcrg,  Holzapfel  von  Herx- 
heim  und  Böckel  von  Böckclinsau.  Da  die  Dörfer  aber 
„gemein  und  ohnvertheiltt"  waren,  wurden  sie  von  Straß- 
bürg  allein  verwaltet"). 


1)  Ein  Weistum  aus  der  2.  Hälfte  des  15.  Jahrhundert,  welches 
Straßburg  als  Landesherrn  kennt,  besagt,  daß  der  Schultheiß  von 
^onnenweier  die  Neubürger  aufnehmen  soll,  „doch  on  abbrechen 
allen  herren  an  iren  gerechtigkeiten  irs  harkommens".  Ebenda 
G.  U.  R  L  115  Nr.  9. 

-)  Am  8.  Dezember  1550  kaufte  die  Stadt  ^  s  von  beiden 
Dorfern  für  550  fl  von  Adolf  von  Hittelhausen  und  Frau  Susanna 
Stcnderm,  am  13.  Dezember  1565  \,o  von  Nathis  München  von 
Hunchenhausen,  am  29.  Nai  1656  ^  ,,  für  242  Schilling  von  Philipp 
Dietrich  Zorn  von  Blobsheim  und  Frau  Judith  Birkenfcls. 

St.  Stadt-A.  Argentorensia  historico— politica  tom.  I]  (49) 
„Summarischer  Bericht  über  die  Gemeiner  Statt  Straßburg  zuge- 
hörigen Dorffschaften  über  Rhein  gelegen"  (z.  T-  von  Wenkers 
Hand  geschrieben). 


I« 


-^     29     — 

5.  Das  Amt  Herrenstein. 

Die  Burg  Herrenstein  beiZabern  und  die  beiden  Dörfer 
Dettweiler  und  Dossenheim  bildeten  dieses  Amt.  Es  ge- 
hörte ursprünglich  dem  Bistum  Metz  und  war  von  ihm  als 
Pfandgut  hergegeben  worden ;  aber  es  war  der  Stadt  Straß- 
burg als  ganzes  weder  verliehen  noch,  so  v/eit  wir  wissen, 
verpfändet  worden,  sondern  der  Rat  erwarb  das  Amt  durch 
allmählichen  Ankauf  der  einzelnen  Teile,  in  welche  es  zer- 
splittert war.  Wahrscheinlich  hat  der  Bischof  von  Metz 
von  dieser  Veränderung  seines  Besitzes  nichts  gewußt,  je- 
doch sollte  er  nach  dem  Ankauf  der  ersten  Hälfte  der 
Pfandschaft  um  seine  Einwilligung  angegangen  werden,  die 
er  wahrscheinlich  auch  erteilt  hat.  Für  die  zweite  Hälfte 
wissen  wir  nichts  derartiges. 

Bei  dem  Erwerb  dieses  Amtes  tritt  uns  zum  ersten 
mal  klar  vor  die  Augen,  wie  die  oberste  Stadtbehörde 
überall  da,  wo  sie  einmal  festen  Fuß  gefaßt  hatte,  alles 
daransetzte,  alle  anderen,  welche  auch  Teil  daran  hatten, 
zu  verdrängen  und  sich  allein  in  den  Besitz  zu  setzen. 

Zunächst  wollen  wir  versuchen,  uns  ein  Bild  von  den 
Besitzverhältnissen  in  Herrenstein  zu  der  Zeit  zu  machen, 
als  der  Rat  zum  ersten  mal  eingriff. 

Als  die  ersten  Besitzer  des  Gebietes  werden  einerseits 
der  Graf  Heinrich  von  Zweibrücken  und  Herr  zu  Bitsch, 
andererseits  Dietrich  Kämmerer  von  Worms  und  sein  Schwager 
Konrad  Landschaden  genannt^).  (Siehe  nachstehenden 
Stammbaum.)  Es  war  diesen  je  zur  Hälfte  verpfändet. 
Wir  haben  die  darüber  ausgestellten  Urkunden  nicht  und 
können  daher  auch  den  Termin  für  die  Verpfändung  nicht 
bestimmen.  Heinrich  von  Zweibrücken  hat  bereits  im  Jahre 
1389  die  eine  Hälfte  von  der  Burg  und  den  Dörfern  be- 
sessen'-). Am  12.  Hai  1396  wurde  die  Feste  zwischen 
Heinrich    von   Zweibrücken    einerseits    und  Kämmerer   und 


i 


2)  Strafsb.  ürli.  VI  Nr.  514. 


—     30 


I 


—    31     — 


Landschaden  andererseits  geteilt^),  nachdem  am  23.  April') 
Symund  genannt  Wecker,  Graf  von  Zweibrücken  und  Bitsch 
und  Landvogt  im  Elsaß,  der  Bruder  Heinrichs,  seine  Zu- 
stimmung zu  der  Teilung  gegeben  hatte').  (Siehe  neben- 
stehenden Stammbaum.)  Es  wird  nicht  ausdrücklich  er- 
wähnt, daß  auch  die  beiden  Dörfer  geteilt  wurden,  aber 
sowohl  damals  wie  in  der  Folgezeit  ging  mit  jeder  Teilung 
der  Burg  auch  eine  solche  der  Dörfer  Hand  in  Hand*). 

Bei  diesen  ersten  Verpfändungen  ist  es  jedoch  nicht 
geblieben,  sondern  die  Inhaber  beider  Hälften  traten  nach 
und  nach  Teile  ihrer  Gebiete  an  andere  ab.  Mit  einer 
Ausnahme  haben  wir  auch  darüber  keine  direkten  fHach- 
richten,  wir  können  aus  den  Urkunden  nur  die  Tatsache 
erkennen,  daß  es  so  geschehen  sein  muß.  Was  die  Zeit 
dieser  Verpfändungen  anbetrifft,  so  können  wir  nur  sagen, 
daß  sie  in  der  Zeit  vor  der  Einnahme  der  Burg  Herrenstein 
durch  die  Straßburger,  welche  in  das  Ende  des  Jahres  1396 
fällt,  vorgenommen  wurden.  Dagegen  liegt  kein  Grund 
vor,  als  terminus  post  quem  die  Teilung  der  Burg  vom 
jähre  1396  anzunehmen. 

Heinrich  von  Zweibrücken  verpfändete  am  8.  Februar 
1389  dem  Herzog  Johann  von  Lothringen  ein  Achtel  von 
Herrenstein  für  200  fl'*).  Ferner  gab  er  die  Hälfte  seines 
ursprünglichen  Anteils,  also  ein  Viertel  vom  Ganzen,  seinem 
Bruder,  dem  Grafen  Hannemann  von  Zweibrücken  und 
Bitsch  und  dem  Sygelmann  von  Windeberg  für  500  fl, 
sodaß  ihm  nur  noch  ein  Achtel  von  der  ganzen  Pfand- 
schaft übrig  blieb''). 

Kämmerer   und  Landschaden  verpfändeten   ein  Viertel 


^)  Straßb.  ürk.  VI  Nr-  1050. 

^)  Straßb.  Urk.  VI  Nr-  1043. 

^)  Ebenda  Nr.  1461. 

^)  Ebenda  Nr  514. 

")  Ebenda  S.  755  Z-  31. 


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-^     33     -- 


der  Pfandschaft  dem  Johann  von  Lichtenberg  für  500  fl^), 
welcher  jedoch  die  Hälfte  davon,  also  ein  Achtel  des 
Ganzen,  weitergab.  Am  1 7.  November  1398  wird  sein 
Schwager,  der  Graf  Friedrich  von  Zweibrücken  und  Bitsch 
als  Inhaber  dieses  Achtels  genannt,  bald  darauf  ist  es  sein 
anderer  Schwager  Symund  genannt  Wecker,  und  als  dieser 
starb,  sind  es  dessen  Brüder  und  Erben  Hannemann  und 
der  zuerst  genannte  Friedrich"-),  welche  die  Urkunde  vom 
12.  )anuar  13Q9  anführt. 

Um  das  Jahr  1396  lag  der  Elekt  von  Straßburg  mit 
den  Grafen  von  Zweibrücken-Bitsch  im  Streit.  Diese  hatten 
sich  auf  ihrem  Schloß  Herrenstein  festgesetzt  und  fügten 
von  hier  aus  dem  Bischof,  aber  auch  den  Bürgern  der 
Stadt  Straßburg  großen  Schaden  zu.  Nachdem  eine  bei 
dem  Grafen  Heinrich  eingereichte  Beschwerdeschrift  des 
Rates  über  das  zugefügte  Unrecht  nichts  gefruchtet  hatte, 
entschlossen  sich  die  Straßburgcr  nach  reiflicher  Über- 
legung'), die  Burg  mit  Waffengewalt  einzunehmen. 

Die  Finnahme  kann  man  ganz  an  das  Ende  des  Jahres 
1396  legen').  Außer  Dietrich  Kämmerer')  wandte  sich 
auch  Johann  von  Lichtenberg  an  die  Stadt  um  Herausgabe 
seines  Anteiles  an  Herrenstein'').  jMit  den  Bitschern  aber, 
mit    welchen    die    Stadt    seit   der    Besetzung    der    Burg    in 


')  Ebenda  S-  758  Z-  22;  vgl-  S-  36  Anm.  1. 

-)  Ebenda  Nr-  1463. 

■^)  Ebenda  Nr.  1232. 

^)  Die  erste  Nachricht  von  der  Eroberung  Herrensteins  gibt 
ein  Brief  des  Pfalzgrafen  Ruprecht  II.  vom  26.  Dezember  1396 
an  die  Stadt  Straßburg,  worin  er  sie  ersucht,  einen  Tag  zum 
gütlichen  Ausgleich  mit  den  Bitschern  anzunehmen.  Am  24.  Juli 
1397  setzen  seine  Leute  einen  solchen  auf  den  6  August  nach 
Germersheim  an.  Koch-Witte,  Regesten  der  Pfalzgrafen  am 
Rhein  1214-1400,  Nr.  6785  und  6789. 

•^)  Sein  Beschwerdebrief  an  Straßburg  ist  einige  Tage  vor 
dem  11.  Januar  1396  in  Worms  ausgestellt. 

^)  Ebenda  Nr-  1268. 


Fehde  gekommen  war,  sollte  es  am  6.  August  in  Germers- 
heim auf  Betreiben  des  Pfalzgrafen  Ruprecht  zu  einem 
Sühnetag  kommen,  an  welchem  auch  der  Elekt  teilnehmen 
sollte  ^).  Die  Tagung  wurde  von  den  Parteien  auch  ge- 
leistet, aber  die  Verhandlungen  zerschlugen  sich,  da  Straß- 
burg sich  weigerte,  die  Burg  Herrenstein  wieder  herauszu- 
geben. Nun  folgten  wieder  kriegerische  Unternehmungen 
der  Bitscher,  welche  mit  einem  großen  Heereszuge  ins 
Land  kamen  und  die  Stadt  Straßburg  direkt  gefährdeten"-). 

Trotzdem  wurde  weiter  zwischen  den  Parteien  ver- 
handelt. Am  21.  September  schickte  Pfalzgraf  Ruprecht 
der  Ältere  seine  Amtleute  von  Heidelberg  nach  Straßburg, 
welche  wegen  der  Grafen  Hannemann  und  Symund  von 
Zweibrücken  und  wegen  Kämmerer  und  Landschaden  mit 
der  Stadt  verhandeln  sollten').  Zugleich  wurde  der  Streit 
auch  vor  König  Wenzel  gebracht.  Am  4.  Oktober  in- 
struierte der  Rat  seine  nach  Nürnberg  abgeordneten  Ge- 
sandten dahin,  daß  sie  die  Klagen  derer  von  Bitsch  um 
die  Feste  Herrenstein  als  unberechtigt  zurückweisen  sollten'). 

Auf  die  sich  weiter  entspinnenden  Verhandlungen  und 
Kriegsoperationen  der  sogen.  Bitscher  Fehde  soll  hier  nicht 
weiter  eingegangen  werden.  Am  25.  Oktober  1398  lud 
der  Markgraf  Bernhard  von  Baden  die  drei  Parteien  zu 
einem  am  1 2.  November  vor  ihm  in  Baden  stattfindenden 
Sühnetag,  an  welchem  wahrscheinlich  auch  der  Pfalzgraf 
teilgenommen  hat"').  Hier  wurde  der  Streit  mit  den 
Bitschern  geschlichtet  und  außerdem  vereinbart,  daß  die 
Burg  Herrenstein  der  Stadt  Straßburg  verbleiben  solle  gegen 
Zahlung  einer  Geldsumme  an  die  Herren  von  Bitsch.  Die 
endgiitige  Versöhnung   kam  jedoch  erst  am    1 9.  November 


n  Ebenda  Nr.  1277. 
'^)  Ebenda  Nr.  1278. 
•"^)  Ebenda  Nr.  1293. 
4)  Ebenda  Nr.  1299. 

•^)  Ebenda  Nr.  1441  u-  S-  748  Z.  27.  Fester,  Reg.  Nr.  1837  u.  1838. 

3 


34 


—      35 


in  Neuburg  am  Rhein  zu  stände')  und  wurde  von  dem 
Pfalzgrafen  und  dem  Marl<grafen  vermittelt.  Danacii  ver- 
zichteten der  Graf  Hannemann,  sein  Sohn  Hannemann  und 
sein  Bruder  Friedrich  auf  aile  Anrechte,  welche  sie  bisher 
an  Herrenstein  hatten,  gegen  Zahlung  von  790  fl,  welche 
ihnen  die  Stadt  bereits  darauf  geliehen  hatte"-).  Sie  er- 
warb dadurch  den  vierten  Teil  des  Amtes,  welchen  Graf 
Heinrich  von  Zweibrücken  seinem  Bruder  Hannemann  und 
dem  Sygelmann  Windeberg  verpfändet  hatte,  und  das 
Achtel,  welches  Johann  von  Lichtenberg  seinem  Schwager 
Friedrich  von  Bitsch  abgetreten  hatte.  Der  auf  die  Manien 
jener  beiden  lautende  F^fandbrief  wurde,  wie  es  ausgemacht 
worden  war,  am  13.  Januar  1399  bei  dem  Edelknecht 
Vollmar  von  Wickersheim  hinterlegt,  welcher  am  7.  März 
versprach,  ihn  gemäß  der  ihm  auferlegten  Bestimmungen 
aufbewahren  zu  wollen.  Am  7.  )anuar  1399  verkaufte  auch 
Heinrich  von  Zweibrücken  dem  Rate  seine  letzten  Rechte 
an  der  Hetzer  F^fandschaft  für  400  fl  und  50  Pfund  Pfennige, 
nämlich  das  Achtel,  welches  ihm  noch  geblieben  war,  und  die 
Berechtigung,  das  dem  Herzog  Johann  von  Lothringen  ver- 
pfändete Achtel  wieder  einzulösen.  Da  in  der  Urkunde 
bestimmt  war,  daß  die  Pfandschaft  nur  vom  Bistum  Metz 
gegen  Zahlung  der  2  000  fl  betragenden  Pfandsumme  und 
des  für  Bauten  aufgewendeten  Geldes  an  die  Stadt  ein- 
gelöst werden  könne,  muß  sie  auch  diese  Summe  dem 
Grafen  Heinrich  zurückerstattet  haben,  worüber  wir  jedoch 
keine  Nachricht  haben').  Formell  war  ihm  das  halbe  An- 
recht noch  immer  verpfändet,  daher  mußte  er  am  22.  Febr. 
der  Stadt  eidlich  versprechen,  bis  längstens  zum  8.  Sept. 
dafür  zu  sorgen,  daß  der  Bischof  von  iMetz  zu  dem  zwischen 
beiden    abgeschlossenen    Kauf    seine    Zustimmung    erteile; 


1)  Fester,  Reg.  Nr-  1844. 

'^)  Straßb.  Urk.  VI  S-  740  Z.  19  ff. 

•^)  Ebenda  S-  757  Z.  19. 


wenn  der  Bischof  diesen  Brief  der  Stadt  gäbe,  solle  sie 
ihm  einen  Gegenbrief  geben,  worin  sie  sich  verpflichte,  die 
Einlösung  der  Pfandschaft  gemäß  des  zwischen  Heinrich, 
Kämmerer  und  Landschaden  beschworenen  Burgfriedens 
zuzulassen').  Es  scheint,  daß  das  Verhältnis  zum  Bischof 
von  Metz  auf  diese  Weise  geregelt  wurde,  jedenfalls  war 
Straßburg  nun  Besitzer  eines  vom  Bistum  Metz  ver- 
pfändeten Gebietes. 

Nach  dem  Tode  des  Herzogs  Johann  von  Lothringen 
erhielt  Graf  Heinrich  am  22.  Februar  von  der  Stadt  220  fl, 
damit  er  bis  spätestens  zu  Ostern  das  Achtel,  welches  er 
diesem  verpfändet  hatte,  für  die  Stadt  einlöse.  Aber 
er  konnte  sein  Versprechen  bis  dahin  nicht  erfüllen  und 
bevollmächtigte  daher  am  23.  Mai  den  Rat  von  Straßburg, 
dieses  selbst  zu  tun.  Am  15.  Juni  löste  jedoch  Heinrich 
trotzdem  das  Achtel  von  Herzog  Karl  ein,  da  dieses  aber 
inzwischen  an  den  Edelknecht  Johann  von  Gerningen  weiter 
verpfändet  worden  war,  sah  sich  die  Stadt  genötigt,  diesen 
gegen  Zahlung  von  200  fl  zum  Verzicht  auf  seine  Anrechte 
zu  bewegen.  Am  23.  Juni  entsagte  er  seinen  Ansprüchen 
an  Herrenstein -). 

Von  dem  Viertel,  welches  Kämmerer  und  Landschaden 
dem  Johann  von  Lichtenberg  verpfändet  hatten,  hatte  Straß- 
burg auf  der  Neuburger  Tagung  die  Hälfte  erhalten, 
welche  dieser  an  die  Bitscher  Grafen  verpfändet  hatte.  Die 
andere  Hälfte  trat  Johann  um  diese  Zeit,  zwischen  dem 
12.  Januar  und  dem  28.  August,  in  „ubertragswise"  an 
die   Stadt    ab,    welche    nunmehr    an    der    Burg   und    den 


^)  Eine  formelle  Verpfändung  der  halben  Burg  an  die  Stadt 
war  daher  nicht  mehr  nötig.  Wenn  der  Bischof  den  Vertrag 
billigt,  was  er  zweifellos  getan  hat,  hat  er  schon  seine  Interessen 
gewahrt. 

2j  Ebenda  Nr.  i486. 

3* 


\ 


—     36      ~ 

beiden  Dörfern  drei  Viertel  besaß')-').  Das  letzte  Viertel  ge- 
hörte immer  noch  dem  Kämmerer  und  dem  Landschaden. 

Diese  3  Besitzer  der  Pfandschaft,  welche  jetzt  noch 
übrig  geblieben  waren,  schlössen  am  28.  August  einen 
Burgfrieden  ab.  Aber  während  vorher  Heinrich  von  Zvvei- 
brücken  auf  alle  Rechte  an  dieselbe  verzichtet  hatte,  tun 
dies  Kämmerer  und  Landschaden  für  den  früher  ihnen  ge- 
hörigen und  von  ihnen  abgetretenen  vierten  Teil  nicht, 
sondern  die  Stadt  mußte  sich  noch  besonders  verpflichten, 
daß  sie  ihnen  jederzeit  gegen  Zahlung  von  500  fl  ein  Viertel 
herausgeben  wolle,  allerdings  mit  Vorbehalt  einiger  Rechte '). 
Dagegen  räumte  Kämmerer  der  Stadt  das  Vorkaufsrecht  an 
seinem  Viertel  ein. 

Nach  dem  Tode  des  Grafen  )ohann  von  Lichtetiberg 
schloß  Straßburg  mit  seinen  Vettern  und  Lrben,  Johann 
und  Ludwig  von  Lichtenberg,  am  7.  Juli  1413  einen  Ver- 
trag,   demzufolge    diesen    beiden    das    Achtel,    welches    die 


J)  Ebenda  Nr.  1464  und  1496-    Str.  Stadt-A.  V.  C.  G.  K-  30- 

Wir  Johanns  und  Ludwig  gebrüdere  herren  zu  Lichtemberge 
verichent  und  bekcnncnt,  als  der  Edel  seliger  gedehtnuß  Johanns 
wilcnt  herre  zu  Lichtcmberg  unser  vetter,  dem  Got  gnode,  die 
wicl  er  lebte,  ein  achtestenteile  an  der  vestin  Herrenstein  mit 
der  zu  Behörden  der  dorffere  Dettweiler  und  Dossenheim  hette 
in  kouffendes  oder  in  pfantschaft  wise  von  Dietherich  Kemerer 
seligen  und  dauon  er  ynd  verwisen  hette  zwentzig  f:jiilden  geltz 
in  ablosunge  wise  jores  ze  gebende,  der  wile  bede  herren  Jo- 
hanns und  Ludwig  gebrüdere  herren  zu  Lichtemberg  ouch  also 
verbunden  sint,  und  aber  die  vursichtigen  wisen  meister  und 
Rot  der  stat  Straszburg  den  egenanntcn  ahtesten  teil  mit  siner 
zu  gehörde  by  unseres  vettern  seligen  lebta.i^en  und  noch  siine 
tode  bitz  har  innegehebt  und  besessen  habent,  noch  dem  und 
das  in  Übertrags  wise  zwuschent  Inen  bedersite  zu  i^e.«an.i^cn  und 
US  getragen  worden  ist  ctc  7.  Juli  14L'3  Es  wird  also  hier 
nur  von  dem  Achtel  geredet,  das  er  noch  hat. 

-)  Ebenda  Nr.  1496-  Hier  wird  irrig  angenommen,  daß  nur 
ein  Drittel  zur  Stadt  gehörte. 

•^)  Eheberg,  S  76,  Abs.  L 


-     37     - 

Stadt  von  ihrem  Vetter  im  Jahre  1 399  erlangt  hatte,  zurück- 
gegeben wurde.  Nach  ihrem  Tode  aber  sollte  es  wieder 
an  die  Stadt  Straßburg  fallen. 

Nach  dem  Tode  des  Diether  Kämmerer  fiel  das  letzte 
Viertel  von  der  Pfandschaft  seiner  Frau  Gutichin  zu,  welche 
am  15.  März  1400  den  Burgfrieden  beschwor.  Dieses 
erbten,  als  Gutichin  1404  starb,  nachdem  Straßburg  einen 
Versuch  gemacht  hatte,  es  selbst  zu  erwerben,  welcher 
jedoch  laut  eines  Briefes  des  Konrad  Landschaden  vom 
2.  Juli  1404  fehl  schlug,  ihre  Söhne  Hans  und  Diether 
und  ihre  Schwiegersöhne  Johann  von  Sickino^en,  Ritter 
Rudolf  von  Hohenstein  und  Friedrich  von  Fleckenstein'). 
Diese  beschworen  am  22.  August  den  Burgfrieden. 

Der  Besitz  des  Diether  Kämmerer  wurde  in  der  Folge 
immer  mehr  zersplittert,  zugleich  ist  auch  Straßburg  be- 
müht, die  einzelnen  Gerechtigkeiten  aufzukaufen.  So  erwarb 
es  im  Jahre  1422  den  Burgsitz  des  Swiker  von  Sickingen 
und  seine  Anrechte  an  die  beiden  Dörfer-).  Von  weiteren 
Erwerbungen  haben  wir  keine  Kunde.  Jedoch  werden  im 
Anfang  des  16.  Jahrhunderts  keine  fremden  Herren  mehr 
genannt,  so  daß  wir  annehmen  können,  daß  Straßburg 
damals  die  ganze  Metzer  Pfandschaft  allein  besaß. 

im  Jahre  1429  haben  als  Erben  Kämmerers  seine 
Söhne  Elans  und  Diether,  ferner  Johann  von  Sickingen, 
Friedrich  von  Fleckenstein,  Heinrich  von  Landsberg  und 
Dietrich  von  Ratsamhausen  Anteil  an  Herrenstein.  Nach 
dem  Tode  Friedrichs  von  Fleckenstein  erbten  dessen  Ge- 
rechtigkeiten seine  Kinder.  Von  diesen  und  anscheinend 
für  diese  beschwor  am  4.  November  1432  Dietrich  von 
Fleckenstein  den  Burgfrieden. 


')  Heinrich  von  Landsberg,  welcher  die  4.  Tochter  Käm- 
merers geheiratet  hat,  wird  damals  noch  nicht  als  Erbe  genannt, 
vermutlich  war  diese  Tochter  noch  nicht  mündig- 

-)  Am  15.  Oktober  1422  teilte  Swicker  dieses  dem  Vogt 
auf  der  Burg,  Heinrich  Rimken,  mit.     Str.  Stadt-A.  V  C  G.  K-  30- 


\ 


—     38     — 

Ferner  erwarb  der  Edelknecht  Konrad  Bock  den  Biirg- 
sitz  des  Dietrich  von  Ratsamhausen  und  beschwor  am 
25.  Oktober  1458  den  Burs^fricden.  Am  1.  März  1478 
schenkte  der  Bischof  Burchard  von  Worms  den  Teil  an  der 
Burg  Herrenstein,  welchen  er  von  seinen  Vorfahren  geerbt 
hatte,  seinem  Vetter  )ohann  von  Sickingen. 

6.  Das  Amt  Kürnberg. 

Auch  über  dieses  Amt  sind  wir  schlecht  unterrichtet. 
Es  bestand  aus  der  Eeste  Kürnberg,  den  Städten  Kenzingen 
und  Herbolsheim,  und  den  Dörfern  Blcichheim,  Bom- 
bach, Tutschfelden   und  Wagenstadt'). 

Die  Stadt  und  die  Eeste,  und  wahrscheinlich  auch 
die  4  Dörfer,  waren  Allod  des  Hauses  Österreich'). 
Mit  der  Stadt,  der  Feste,  dem  Dorfe  Bleichheim  und  dem 
Dorf    und    Kirchensatz   zu    Herbolsheim    war  um  die  Mitte 

0  Herbolsheim  muß  Stadtverfassung  gehabt  haben.  1449 
wird  eine  Befestigung  und  1513  ein  Rat  daselbst  genannt.  Vgl. 
Schröder  S.  621  und  Ö34  1352  war  es  noch  ein  Dorf.  Fester. 
Reg.  h  Nr.  224. 

^)  Brief  der  Stadt  Kenzingen  an  den  Narkgrafen  Karl  vom 
jähre  14ö8,  [Straßb.  Stadt-A.  G.  ü.  P.  148  B  115  Nr.  8  (22)1  be- 
stätigt das. 

Betreffs    der    Flechte,    welche   der   Stadt   zustehen  sollten. 

herrschte  später  ein  Streit   Das  Haus  Österreich  beanspruchte  an 

dem  verpfändeten  Gebiet  Landzug  und  Landschatzung.  da  es  sich 

bei  )cdcr  F^fandschaft  diese  Rechte  vorbehalte.    [Ebenda  (20)  Brief 

des  Hans  Erhart  von  Stoffenberg  an  Kenzingen  1465].     Straßburg 

dagegen   behauptete,    daß  die  F^fandschaft  „mit  alier  herHichkeit 

und  gercchtigkcit  uns  in  pfantschaft  wise   gewant  ist''.    [Eben- 
da  (2o)J. 

Die  Urkunde  des  Konrad  von  Weinsberg  vom  1.  März  142'> 
erwähnt  nichts  von  einem  solchen  Vorbehalt'.  Herzog  Ernst  re- 
servierte sich  damals  nur  das  Benutzungsrecht  im  Kriegsfall 
und,  daß  Konrad  die  Gebiete  keinem  Fürsten,  sondern  nur  „einem 
unsern  (=:  Konrads)  genossen  oder  der  myntcr  sye",  weiter  ver- 
pfänden dürfe. 


—      39     — 

des  14.  Jahrhunderts  Friedrich  von  Üsenbcrg  von  diesem 
belehnt  worden'),  der  bald  mit  dem  Besitz  seinen  Neffen 
den  narkgrafen  Heinrich  von  Baden  belehnte,  welcher  sich 
infolgedessen  Herr  zu  Kenzingen  nannte').  Als  nun  nach 
dem  Tode  des  Friedrich  von  Üsenberg  Herzog  Albrecht 
das  erledigte  Lehen  einziehen  wollte,  entspann  sich  ein  leb- 
hafter Streit  mit  dem  Markgrafen,  bis  es  unter  dem  bereits 
erwähnten  Bernhard  zu  einer  Aussöhnung  kam'%  wonach 
die  strittigen  Gebiete  heimfielen. 

Nun  hatten  um  das  |ahr  1  420  dem  Erzherzog  Ernst  von 
Österreich  der  Ritter  Hanman  Snewlin  von  Landeck  3200  fl 
und  die  Straßburger  Bürger  Claus  und  Heinrich  die  Meyner 
3000  fl  auf  Kenzingen  und  Kürnberg  geliehen.  Außerdem 
schuldete  er  zusammen  mit  seinem  Bruder  Friedrich  dem 
Erbkämmerer  Konrad  von  Weinsberg  3000  fl.  Mit  diesem 
machte  Ernst  jetzt  folgende  Richtung:  Konrad  bezahlte 
Ernst  und  seinem  Bruder  die  6200  fl  Schulden  an  Han- 
man, Snewlin  und  die  Meyner  und  ihm  wurden  die  Stadt 
Kenzingen  und  die  Feste  Kürnberg  dafür  und  für  die  ihm 
selbst  geschuldeten  3000  fl  verpfändet.  Am  I.März  1422 
machte  Konrad  diesen  Vertrag  bekannt').  Am  7.  )uli  wurde 
er  der  Lehnsmann  des  Markgrafen,  damals  hatte  er  bereits 
die  Stadt  und  Feste  in  Händen'')").  Dessen  Rechtsnach- 
folger   nun    wurde  durch  Abtretung  seiner  Pfandrechte  die 


1)  Fester,  Reg.  h  Nr.  258,  h  252; 

2)  Fester,  Reg.  h  Nr.  224,  h  225; 
•V  Fester,  Reg.  Nr-  1436,  2973- 

4)  Straßb.  Stadt-A.  G-  U-  R  148  B  115  Nr.  8,  nicht  erwähnt 
bei  Fester. 

^)  Am  3.  TFärz  beauftragte  Sigmund  den  Narkgrafen  Bern- 
hard, welcher  damals  Landvogt  von  Kenzingen  und  anderen 
Städten  des  Breisgaues  war,  dem  Konrad  von  Weinsberg  F^en- 
zingen  zu  übergeben-     Fester,  Reg.  Nr.  3372. 

ß)  Fester,  Reg.  Nr-  3427. 


40 


—     41 


Stadt   Straßbüii;,    am    22.  Piovcmbcr    1424    ist    sie    als  Be- 
sitzer der  Pfandschaft  nachzuweisen'). 

Zur  selben  Zeit  hat  sie  auch  Herbolsheim  schon  be- 
sessen.-) Diese  Stadt  gehörte  im  )ahre  1514  zur  Hälfte  der 
Stadt  Straßburg,  zur  Hälfte  dem  straßburger  Bürger  Ludwig 
Hieg.  Ob  schon  zur  Zeit,  als  Straßburg  diese  Ervverbun*^ 
machte,  die  Teilung  bestanden  hat,  wissen  wir  nicht'). 

Auch  von  Bleichheim  besaß  die  Stadt  nur  die  Hälfte, 
die  andere  gehörte  den  Herren  von  Staufen.  Auch  Ken- 
zingen  hatte  eine  Rente  in  diesem  Dorf.  Im  jähre  1514 
kaufte  Straßburg  dem  Dietrich  von  Staufen  die  andere 
Hälfte  des  Dorfes  ab*)  und  brachte  auch  die  Gerechtig- 
keiten der  Stadt  Kenzingen  an  sich. 

In  Bombach    hatte    die    Stadt    in    der    2.  Hälfte    des 


')  Fester,  Rca.  Mr.  3780.  Die  Urkunde  bei  Witte,  Regcstcn  der 
Narkorafen  von  Baden  und  Hochbcrcr  \\,  B.  1.  Lieferun«  Nr.  1600 
spricht  davon,  daß  Straßburg  die  F^fandschaft  von  Kiirnberg  und 
Kenzingen  mit  Willen  der  Herrschaft  Österreich  innehabe.  "^ 

-)  Fester,  Rc£j.  Nr.  3779. 

'■')  Um  das  Jahr  1490  hatte  Wilhelm  Bock  aus  Straßburo 
ein  Drittel  der  Stadt.  Dieses  kam  darauf  an  Friedrich  von 
Schönburg. 

Am  30.  November  1493  schrieb  der  Bischof  Albrecht  von 
Straßburo  an  die  Gemeinde  Herbolsheim,  sie  solle  dem  Fried- 
rich von  Schönburo  huldigen. 

Am  7.  Dezember  1493  schrieb  ihr  dieser  unter  Bezugnahme 
auf  das  bischöfliche  Schreiben,  sie  solle  ihm  wei^^en  des  3.  Teiles 
den  er  jetzt  daselbst  habe,  schwören,  am  IL  Dezember  wolle  er 
den  Lid  staben. 

Am  8.  Dezember  fragt  Herbolsheim  in  Straßburg  an,  was 
es  in  diesem  halle  tun  soll. 

')  Im  jähre  14o7  fühlte  sich  Trutprecht  von  Staufen  in  der 
Ausubunii  seiner  Rechte  zu  Blcichheim  durch  die  Stadt  benach- 
tcihot,  „des  Stabes  halb  so  er  zu  Bleichach  begert",  und  be- 
schwerte sich  deshalb  bei  dem  Rate.  Zugleich  zei.i-te  er  sich 
bereit,  demselben  seine  Üerechtiokciten  für  750  fl  zu  verkaufen. 
Aber  dieser  irina  nicht  darauf  ein. 


\ 


15.  Jahrhunderts  Gerechtigkeiten,  wie  aus  einem  Brief  von 
ihr  an  den  Markgrafen  Karl  vom  Jahre  1474  hervorgeht  0- 
Von  dem  Dorf  Tutschfelden  besaß  sie  um  diese  Zeit 
ein  Viertel-),  der  Rest  desselben  war  gleichmäßig  zwischen 
dem  Markgrafen,  dem  Abt  von  Alpirsbach  und  den  Herren 
von  Kappenbach  geteilt.  In  Wagenstatt  hatte  sie  im  Jahre 
1465  einen   „garten",  dessen  Nutzung  dem  Vogt  von  Kürn- 

berg  zustand. 

Bald  nach  1515  muß  die  Pfandschaft  Kürnberg  wieder 
eingelöst  worden  sein,  da  nunmehr  jede  Machricht  über 
das  Amt  fehlt. 

7.  Das  Amt  Illkirch. 

Die  sieben  in  unmittelbarer  Mähe  von  Straßburg  ge- 
legenen Dörfer  Illkirch,  Grafenstaden,  Illwickersheim, 
Schiltigheim,  Adelshofen,  Ittcnheim  und  Hand- 
schuhsheim bildeten  dieses  Amt.  Auf  kurze  Zeit  war 
ihm  auch  das  Dorf  Oberhausen  angegliedert').  Die  Dörfer 
Niederhausbergen  und  Dorlisheim  gehörten  in  der  von 
uns  behandelten  Zeit  nicht  dazu,  wurden  jedoch  von  dem- 
selben Vogt  verwaltet.  Es  war  das  wichtigste  Straßburger 
Amt,  da  die  Dörfer  fast  alle  unmittelbar  an  die  Stadtmark 
grenzten  und  sämtlich  der  Gerichtsherrlichkeit  der  Stadt 
allein  unterworfen  waren,  was  in  keinem  anderen  Amte  der 
Fall  war. 

Während  die  sechs  letzten  Dörfer  erst  um  das  Jahr 
1500  von  der  Stadt  erworben  wurden,  gehörten  die  drei 
Dörfer  an  der  III  mit  zu  dem  ältesten  Besitz,  den  Slraßburg 
überhaupt    hatte.     Sie   waren    altes    Reichsgut    und   waren 


')  Vielleicht  deutet  auch  Fester,  Reg.  h  FSr.  274  darauf  hin, 
daß  Bombach  ursprünglich  Habsburgisch  war. 

-)  Brief  Kenzingens  an  Straßburg  aus  der  2.  Hälfte  des 
15.  Jahrhunderts:  Str^  Stadt-A.  G.  U.  P.  148  B  115  Nr.  8  (35  . 

')  Fbenso  auch  die  dieser  ISonncnweier  und  Niederhausen. 
Vgl.  S.  27. 


—     42     — 

der  SUxdt  mit  Urkunde  vom  19.  |imi  1418  von  Kaiser 
Sii^ismund  verpfändet  worden.  Kr  hatte  getjlaubt,  durch 
diese  Entscheidung^  eine  schon  mehr  als  25  Jahre  währende 
Fehde  zwischen  der  Stadt  Strarsburi^  und  den  Gebrüdern 
Johann  und  Walter  Erbe  wegen  der  Pähre  über  die  III  bei 
Grafenstaden,  welche  Almende  dieses  Dorfes  war,  schlichten 
zu  können.  Aber  ebensowenig  wie  es  einst  König  Ruprecht 
von  der  Pfalz  und  darauf  ihm  selbst  gelungen  war,  das 
königliche  Ansehen  gegen  die  Stadt  und  die  beiden  Ritter 
zur  Geltung  zu  bringen,  konnte  Siegmund  auch  jetzt  seiner 
Verfügung  über  die  drei  Dörfer  den  seitherigen  Inhabern 
der  F^fandschaft  gegenüber  Geltung  verschaffen,  gegen  deren 
Willen  er  seine  Entscheidung  getroffen  hatte.  Es  blieb 
Sache  der  Stadt,  den  Willen  des  Kaisers  zu  verwirklichen, 
und  erst  mit  dem  Jahre  1425  erreichte  der  ganze  Streit 
seinen  Abschluß. 

Sein  Ursprung  reicht  bis  in  das  Jahr  13ö9  zurück. 
Damals  belehnte  Wenzel  im  Auftrage  seines  Vaters 
den  Ritter  Johann  Erbe,  den  Vater  der  vorhin  genannten 
Brüder  Johann  und  Walter,  mit  der  Eähre,  da  es  ihm  von 
Erbe  vorgetragen  worden  war,  daß  sie  Reichslehen  sei  und 
nicht  Almende  des  Dorfes  Grafenstaden').  Munmchr  ent- 
stand zwischen  Johann  Erbe  und  dem  straßburgischen  Ge- 
schlechte  der  Zorn,  welchem  bis  dahin  die  drei  er- 
wähnten Dörfer  vom  Reiche  verpfändet  waren,  ein  Konflikt, 
welcher  noch  dadurch  verstärkt  wurde,  daß  Erbe  auf  Grund 
einer  kaiserlichen  Verwilligung  Ansprüche  auf  Einlösung  der 
Dörfer  machte-).  Schließlich  einigte  man  sich  dahin, 
dalA  Dörfer  und  Eähre  zwischen  beiden  Parteien  geteilt 
werden  sollten ').     Jedoch  der  Vertrag  wurde,  soweit  er  die 

')  Ebenda  V  S.  663,  Anm.  und  Nr.  806. 

-)  Ebenda  Nr.  805. 

•^)  Die  in  Straßb.  Urk.  VI  Nr.  873  und  8Q2  erwähnte  Tciluni,' 
der  Dörfer  hat  nicht  stattgefunden,  sondern  beide  Parteien  er- 
halten sie  zusammen.     Vgl.  Nr.  1332. 


—      43      — 

Eähre    betraf,    nicht  ausgeführt,    um  das  Jahr   1391    waren 
die  Zorn  allein  im  Besitz  der  Eähre. 

Als  um  diese  Zeit')  Walter  Erbe,  welchem  zusammen 
mit  seinem  Bruder  Johann  und  einer  Schwester,  welche 
später  an  den  Edelknecht  Werlin  von  Altenkastel  aus 
Rappoltsweiler  verheiratet  war,  die  Erbschaft  des  Vaters  zu- 
gefallen war,  Ansprüche  auf  die  Fähre  erhob,  trat  Lienhard 
Zorn  genannt  Schultheiß,  welcher  damals  den  Anteil  seines 
Geschlechtes  an  der  Pfandschaft  innehatte  und  keine  Lust 
verspürte,  sich  mit  Walter  Erbe  in  einen  Streit  einzulassen, 
die  Fähre  an  die  Stadt  Straßburg  ab.  Darauf  wurde  von 
dieser  laut  Ratsbeschluß  dieselbe  besetzt"). 

Lienhard  Zorn  war  den  Zwistigkeiten  mit  den  Erbe 
glücklich  aus  dem  Wege  gegangen,  dagegen  erhob  sich 
jetzt  gegen  die  Stadt  ein  unseliger  Streit  mit  jenen,  worüber 
wir  ziemlich  ausführlich  unterrichtet  sind'). 


1)  Das  Jahr  ergibt  sich  aus  Straßb.  Urk.  VI  Nr.  619. 

Quelle  ist  ein  Brief  Sigmunds  an  die  Stadt  vom  15.  Sep- 
tember 1413,  und  ein  Brief  des  Lienhard  Zorn  vom  13.  Juni  1425, 
Str   Stadt-A.  V.  C,  G.  B  27  Nr.  43 

2)  Der  Rat  tat  dies,  um  einen  Beschluß  verwirklichen  zu 
können,  welcher  vom  12.  Närz  1390  von  ihm,  dem  Bischof  Fried 
rieh  von  Straßburg,  dem  Landvogt  Stislaw  von  der  VVeißenmühlen 
und  den  Städten  Colmar.Schlettstadt,  Oberehnheim,  Kaysersberg, 
Mühlhausen,  Türkheim  und  Munster  gefaßt  worden  war  Dem- 
gemäß sollte  bei  der  Fähre  eine  Illbrücke  gebaut  werden  für 
die  Straße,  welche  Straßburg  mit  dem  Oberelsaß  verband,  da 
während  der  Fehde  um  die  Fähre  der  Verkehr  hier  sehr  mangel- 
haft bewerkstelligt  worden  war-  Nit  der  Ausführung  des  Be- 
schlusses wurde  der  Rat  von  Straßburg  betraut  und  erhielt  ge- 
meinsam mit  dem  Bischof  das  Recht,  einen  Brückenzoll  solange 
zu  erheben,  bis  die  Kosten  für  den  Brückenbau  getilgt  wären- 
Im  übrigen  war  ihm  völlig  freie  Hand  gelassen.  Aber  der  Rat 
baute  nicht  sofort  die  Brücke,  sondern  der  alte  Fährbetrieb  wurde 
beibehalten  und  das  Fährgeld  in  Straßburg  auf  der  Hünze  depo- 
niert-   Straßb.  Urk.  VI  Nr.  576- 

•*)  Zunächst  traten  die  Erbe  der  Koalition  bei.  welche  sich 
unter   dem  Vorwande,    die  Acht   an  Straßburg   zu   vollstrecken, 


—      44      — 


45      - 


Im  )ahrc  1413  erneuerte  der  Ritter  Klaus  Bernhard  Zorn 
von  Biilach ,    Flitter  Dorn  genannt ,  welcher  dem  Kaiser  in 


in  den  jähren  1392  und  1393  gebildet  hatte  (Straßb.  Urk.  VI 
S.  495;  s.  oben  S.  16  ff.)  und  es  scheint,  daß  sie  auch  die  F^appolt- 
steincr  Fehde  auf  Seiten  der  städtischen  Gegner  mitgemacht 
haben. 

Nit  Beginn  des  15.  Jahrhunderts  trat  der  bereits  erwähnte 
Walter  Erbe  als  Anwalt  der  Ansprüche  seines  Hauses  auf.  Im 
jähre  1405  nahm  er  den  Straßburger  Bürger  Johann  Sturm  ge- 
fangen, welcher  sich  in  einem  Briefe  vom  30-  Dezember  bei  ihm 
über  das  ihm  zugefügte  Unrecht  beschwerte.  (Str.  Stadt-A. 
V.  C.  G.  B  30  Nr.  48).  Ein  Vermittelungsversuch  des  Königs 
Ruprecht,  welcher  in  demselben  jähre  seinen  Landvogt  im  Elsaß, 
Schwarz  Reinhard  von  Sickingen,  mit  der  Beilegung  des  Streites 
beauftragte,  scheint  zu  keinem  Ergebnis  geführt  zu  haben.  (Ebenda 
\^  C  G.  B  2S  Nr.  45).  Die  nächste  Nachricht  gibt  ein  Brief  des 
Vitztum  Schwarz  Rudolf  von  Andlau  an  den  Grafen  Johann  von 
Sponheim  aus  dem  jähre  1410.  Danach  war  es  den  Bemühungen 
beider  gelungen,  zwischen  den  Parteien  einen  Tag  nach  Hagenau 
vor  dem  Pfalzgrafen  Ludwig  zu  vereinbaren.  Erbe  war  unter  der 
Bedingung  damit  einverstanden,  daß  der  Tag  zwischen  dem  9.  Närz 
und  4.  Mai  stattfände,  und  ihm  9  Tage  Sicherheit  von  der  Stadt  zu- 
gebilligt werde. 

Zu  einer  Versöhnung  kam  es  jedoch  nicht,  vermutlich  weil 
Erbe  8000  fl  Entschädigung  forderte  (Brief  des  Walter  Erbe  an 
den  Markgrafen  vom  24.  Närz  1410,  ebenda,  nicht  genannt  bei 
Fester).  Daher  dauerte  die  Fehde  fort;  als  Straßburger  Ver- 
bündete werden  genannt  im  Närz  des  Jahres  1410:  Lutelman 
von  Ratsamhausen,  Burchard  Nünich  von  Basel,  Johann  Ulrich 
von  Nülnheim  und  Egenolf  von  Ratsamhausen.  Erbe  aber  war 
CS  gelungen,  die  Straßburger  Edelleute  Obrecht  Beger  und  Hein- 
rich von  Nülnheim  genannt  Landsberg  gefangen  zu  nehmen,  um 
so  einen  Druck  auf  seine  Forderung  ausüben  zu  können. 

Dieser  Fehdezustand  wurde  in  der  Folgezeit  nur  vorüber- 
gehend durch  eine  Reihe  von  Verhandlungen  unterbrochen,  welche 
die  beiden  Parteien  vor  dem  Narkgrafen  Bernhard  von  Baden. 
vor  dem  Pfalzgrafcn  Ludwig  und  vor  Ludwig  Herrn  zu  Lichten- 
berg führten.  Die  letzte  Tagung  war  nach  Ingweiler  auf  den 
2.  Närz  1414  festgesetzt  Zu  einem  Ergebnis  aber  kam  man 
nirgends. 


Italien  treu  öcdient  hatte,  die  alten  Ansprüche  seines 
Hauses  auf  die  Fähre,  und  rief  zu  deren  Durchführung 
jenes  Hülfe  an.  In  drei  Briefen')  gab  Sigmund  von  Italien 
aus  der  Stadt  den  Befehl,  dem  Klaus  Zorn  die  Fähre, 
welche  ein  Teil  der  Zornschen  Reichspfandschaft  sei-), 
nunmehr  abzutreten.  Aber  der  Rat  von  Straßburg  war 
nicht  zu  bewegen,  auf  seine  Rechte  in  die  Fähre  zu  ver- 
zichten. Daher  schrieb  Sigmund  am  14.  Juni  1414  der 
Stadt  =),  sie  solle  am  14.  August  vor  ihm  mit  Vollmachten 
erscheinen,  damit  er  entscheiden  könne,  ob  sie  oder  Zorn 
im  Rechte  sei. 

Außer  der  Stadt  und  Zorn  erschien  nun  auch  Walter 
Erbe  am  königlichen  Hof.  Entgegen  den  Ansagen  des 
letzteren  wollte  Klaus  Zorn  die  Fähre  als  Almende  und 
somit  als  Zubehör  der  Reichspfandschaft  erklärt  haben  und 
brachte  urkundliche  Belege  für  seine  Forderung.')  Aber 
Sigmund  war  nicht  geneigt,  ein  Urteil  in  dieser  verwickelten 
Streitfrage   abzugeben,    und  verwies    die  Parteien   vor    den 


')  Sie  sind  am  15.  September  1413  in  Como,  am  6.  Januar 
und  10.  Februar  1414  in  Cremona  ausgestellt  und  bei  Altmann 
nicht  erwähnt. 

■^)  Am  12.  Januar  1414  bat  auch  Zorn  in  einem  Briefe,  der 
in  Cremona  ausgestellt  ist,  die  Stadt  um  Herausgabe  der  Fähre 
und  behauptete,  von  Sigmund  noch  besonders  damit  belehnt 
zu  sein. 

^)  Der  Brief  ist  bei  Altmann  nicht  erwähnt- 
')  Am  2.  August  1414  (Do.  vor  St.  Oswaldstag)  hatte 
Konrad  Ralle  der  jüngere,  „von  Kaiserlicher  Gewalt  ein  öffent- 
licher Notar  in  Straßburg,"  auf  Antrag  des  Johann  Zorn  von 
Bulach,  Leute  aus  Straßburg  und  Illkirch  über  die  Fähre  ver- 
hört und  gefunden,  daß  sie  von  jeher  eine  Almende  war,  „vor 
fünfzig  Jahren  ungefähr''  seien  Johann  Erbe  der  Ältere  und  der 
Landvogt  Ulrich  von  Finstingen  gekommen  und  hätten  erklärt, 
jetzt  sei  sie  ein  Reichslehn.  Ulrich  war  von  1377-81  Landvogt, 
vgl.  Becker,  Geschichte  der  Reichslandvogtei  im  Elsaß,  S.  50- 


—     46     — 

Markgrafen  Bernhard  ')  und  den  Grafen  Bernhard  von  Eber- 
stein,  den  Unterland vogt  im  Elsaß"). 

hn  Anfang  des  Jahres  1415  treffen  wir  Zorn  und  Erbe, 
welche  der  Hagenauer  Spruch  nicht  befriedigt  hatte,  in 
Konstanz  bei  Sigmund.  Wahrscheinlich  hat  die  Stadt  Straß- 
burg a»i  den  hier  geführten  Verhandlungen  der  Parteien 
nicht  teilgenommen. 

jedoch  der  Kaiser  entschied  den  Streit  zwischen  beiden 
nicht  prinzipiell,  sondern  am  27.  März  erklärte  er  ihn  für 
geschlichtet')  und  verlieh  ihnen  je  zur  Hälfte  die  Fähre. 
Zui^leich  belehnte  er  mit  Urkunde  von  demselben  Datum 
beide  mit  je  einer  Hälfte  der  Pfandschaft  der  drei  Dörfer. 
Aber  bereits  am  28.  Harz  hob  er  diesen  Beschluß  auf  und 
belehnte  Zorn  allein  mit  den  drei  Dörfern,  dem  Fischwasser 
genannt  der  Wog  zu  illwickersheim  und  dem  Dorf  Frieden- 
heim *)'),  jedoch  die  Entscheidung  über  die  Fähre  muß  weiter 


^)  Die  Tagung  zwischen  der  Stadt  und  Zorn  vor  dem  Mark- 
grafen war  ergebnislos,  daher  beauftragte  am  25.  Januar  1415 
Sigmund  den  Elekten  Wilhelm  mit  Erledigung  des  Streites- 

-)  Dieser  entschied  am  30-  Oktober  mit  fünfzehn  Reichs- 
rittern in  Hagenau  in  der  Streitfrage  zwischen  Zorn  und  Erbe, 
daß  die  Fähre  ein  besonderes  Reichslehn  sei.  Die  Namen 
der  Reichsritter  sind:  Schwarz  Rudolf  von  Andlau,  Lutelman 
von  Ratsamhausen,  )eratheus  von  Ratsamhausen  vom  Stein, 
Heinrich  von  Fleckenstein  der  Ältere,  Klaus  Hacker  von  Landes- 
berg, Rudolf  von  Hohenstein,  Hans  von  Landesberg  zu  Zellen- 
wilre,  Cunmam  von  Utenheim,  Eckard  Schenke,  Diebold  von 
Stutzheim,  Johann  von  Lampertheim,  Tenge  von  Ellenwilre, 
Johann  Karenderlin  gen.  Schenke,  Klaus  von  Rymelnheim  und 
Heinz  von  Roß  heim. 

•^j  Altmann,  Nr.  1519. 

^)  Altmann,  Nr.  1539. 

•'')  Am  7.  August  1413  hatte  Sigmund  dem  Unterlandvogt  in 
Elsaß,  Grafen  von  Eberstein,  erlaubt,  die  drei  Dörfer  an  der  lil  von 
den  Straßburger  Bürgern,  welchen  sie  damals  verpfändet  waren, 
an  sich  zu  lösen  (Str.  Stadt-A.  V.  C- G.  B  28  Nr-  45;  vgl.  auch  Alt- 
mann, Nr-  613-  Die  Dörfer  waren  aber  nicht  der  Stadt,  wie  hier 
angenommen    wird,    verpfändet,    sondern    Straßburger    Bürgern. 


—     47     — 

bestanden  haben.  Außerdem  wurde  dem  Kaiser  damals 
das  von  Straßburg  eingenommene  und  zum  Brückenbau 
aufbewahrte  Fährgeld  versprochen^).  Den  Befehl,  ihre 
Bürger,  welche  die  Pfandschaft  damals  innehatten-),  zur 
Herausgabe  derselben  anzuhalten,  befolgte  die  Stadt  nicht, 
sondern  ließ  ihrerseits  durch  die  eidliche  Aussage  derselben 
feststellen,  daß  die  Fähre  Almende  sei. 

Am  14.  April  teilte  der  Rat  dieses  seinen  gerade  von 
Konstanz  abgereisten  Gesandten  mit  und  bat  sie,  beim 
Kaiser  dahin  zu  wirken,  daß  der  Beschluß  über  die  Fähre 
aufgehoben  werde.  Aus  einer  undatierten  Instruktion  geht 
hervor,  daß  die  Boten  auch  das  Fährgeld  erhielten  mit  dem 
Auftrag,  es  dem  Könige  auszuhändigen,  wenn  die  Fähre 
als  Almende  erklärt  würde. 

Vielleicht  überbrachten  der  Stadtschreiber  Ulrich  Heiger 
von  Waseneck  und  Johann  Bock  dem  Kaiser  den  Wunsch 
ihres  Rates  '').  Sigmund,  den  das  Fährgeld  lockte,  ließ  sich 
in  der  Tat  wankend  machen;  am  31.  Mai  befahl  er  dem 
Pfalzgrafen  Ludwig,  den  Handel  zwischen  der  Stadt,  Klaus 
Zorn  und  Walter  Erbe  zu  schlichten^),    und  rückte   so  die 


Das  ergibt  sich  auch  aus  Nr-  614).  Zugleich  befahl  er  der  Stadt, 
ihre  Bürger  anzuhalten,  seinem  Gebote  nachzukommen.  Es  läßt 
sich  nicht  feststellen,  ob  die  Stadt  oder  ihre  Bürger  daran  schuld 
waren,  daß  der  Befehl  nicht  ausgeführt  wurde. 

1)  Am  27.  März  trug  Sigmund  der  Stadt  auf ,  den  Zorn  und  Erbe 
die  Fähre  besetzen  zu  lassen  und  das  Geld,  welches  sie  bis 
dahin  von  demselben  eingenommen  habe,  dem  Bernhard  von 
Eberstein  abzuliefern. 

'^)  Der  Brief  datiert  vom  28-  Jiärz,  nicht  erwähnt  bei  Alt- 
mann. Die  damaligen  Pfandinhaber  waren:  Johann  von  Bulach, 
Götz  von  Heiligenstein,  die  Blenkel,  Lienhard  Trachenfels,  Otte- 
mans  selige  Frau  von  Truchtersheim,  Hans  Saltzmutter,  Hans 
Schultheiß  und  Hans  Niederländer.  Die  Erbe  werden  nicht  ge- 
nannt. (Brief  des  Unterlandvogts  Bernhard  von  Eberstein  an  die 
Stadt  vom  11- November  1413.) 

'-')  vgl.  Kaiser,  Z.  G.  O-  N.  F.  16  S.  174. 

^)  Str.  Stadt-A.  V.  C  G.  B  28  Nr.  45. 


\ 


—     48     — 

endi^ültige  Entscheidung  weiter  hinaus.  Aber  der  Pfaizgraf 
erreichte  nichts'),  und  so  blieb  also  alles  beim  alten,  jedoch 
zu  dem  bisherigen  einzigen  Gegner  der  Stadt,  Walter  tirbe, 
hatte  sich  in  Klaus  Zorn  ein  zweiter  gesellt"). 

Die  Stadt  verzichtete  nun  ihrerseits  auf  weitere  Ver- 
handlungen. Auf  zweimalige  Ladung  zu  einem  zweiten 
Tag  vor  dem  F^falzgrafen  Ludwig  antwortete  sie  nicht  und 
besuchte  auch  nicht  die  Tagungen,  welche  am  18.  April 
und  am  23.  Mai  1417  in  Konstanz  vor  Sigmund  statt- 
finden sollten').  In  die  am  U).  |uni  zwischen  Sigmund 
und     Straßburg    abgeschlossene   Verständigung')    war    der 


1)  In  einem  Brief  vom  29.  September  an  die  Stadt  setzte 
er  einen  Vcrglcichstcrmin  auf  den  9.  November  an.  (Str. 
Stadt -A.  AA.  138  (54)).  Aber  man  kam  zu  keinem  Resultat. 
Am  16-  November  fragte  der  Pfalzgraf  von  Konstanz  aus  bei  der 
Stadt  an,  ob  sie  bereit  sei,  es  noch  einmal  auf  einen  Tag  an- 
kommen zu  lassen  (ebenda  (50)),  er  scheint  abschlägigen  Be- 
scheid erhalten  zu  haben,  am  27-  November  stellte  er  ihren 
Boten  einen  Geleitsbrief  für  die  Heimreise  aus- 

-)  Sie  waren  zwar  zunächst  noch  auf  Grund  der  kaiserlichen 
Privilegien  vom  März  dieses  Jahres  uneinig,  aber  auf  einem  Tag, 
welcher  im  Oktober  zwischen  beiden  vor  dem  Landvogt  Bernhard 
von  Eberstein  in  Hagenau  abgehalten  wurde,  erkannten  sie,  daß 
es  zwecklos  für  sie  sei,  sich  über  die  Fähre  auseinanderzusetzen, 
solange  diese  noch  im  Besitze  der  Stadt  war,  und  künftig  gingen 
sie  zusammen  gegen  Straßburg  vor.  Die  auf  kurze  Zeit  unter- 
brochene Fehde  brach  nun  wieder  aus,  wenn  sich  auch  Zorn 
zunächst  davon  fernhielt.    (Str.  Stadt-A.  AA.  138  (57)  (58)  (59)). 

•*)  19.  März  1416,  Klaus  Zorn  an  die  Stadt:  Diese  hat 
ihn  laden  lassen,  entschuldigt  sich,  daß  er  nicht  kommen  kann, 
beglaubigt  bei  ihr  den  Rudolf  von  Fegersheim. 

24.  Oktober  1416,  Zorn  an  die  Stadt:  Sigmund  hat  ihm 
das  far  verschrieben,  sie  haben  einen  Tag  vor  dem  Pfalzgrafen 
gehabt,  der  erfolglos  blieb,  bittet  sie  noch  einen  zu  besetzen- 

Die  beiden  Tagungen  setzt  Sigmund  in  Briefen  vom  29.  liärz 
und  23.  April  an-     Str.  Stadt-A-  V-  C-G-  B  28  Nr-  45. 

')  Kaiser,  S-  184  ff  und  S-  185,  Anm-  6- 


49 


Streit  um  die  Fähre  nicht  eingeschlossen,  jedoch  scheint 
Sigmund  auch  hierüber  Zugeständnisse  gemacht  zu  haben'). 
Inzwischen  hatte  die  Stadt  versucht,  sich  mit  den 
Parteien  persönlich  auseinanderzusetzen ;  mit  Klaus  Zorn 
war  ihr  das  gelungen,  indem  sie  ihm  wahrscheinlich  die 
Flälfte  der  Fähre  abtrat"-).  Zugleich  versprach  dieser 
auch,  zwischen  der  Stadt  und  Walter  Erbe  zu  vermitteln. 
Aber  trotz  vieler  Schreibereien  kam  es  zwischen  den 
Parteien  zu  keiner  Tagung'),  und  der  Rat  sah  sich  schließ- 


')  In  einem  Brief  vom  22.  Juni  befahl  er  einem  Getreuen, 
von  der  Fehde  gegen  die  Stadt  abzulassen,  in  einem  zweiten 
Brief  desselben  Datums  setzte  er  eine  neue  Tagung  auf  den 
17.  August  an. 

-)  Am  2.  Mai  teilte  Zorn  der  Stadt  mit,  daß  er  aus  der 
Büchse  an  der  Fähre  die  Pfeifer  für  den  Illkircher  Neßtag  bezahlt 
habe,  und  bittet  die  Stadt  dafür  um  Entschuldigung. 

•^)  8.  April  1817,  Zorn  an  Straßburg:  Erbe  will  den  Tag 
in  Konstanz  mit  der  Stadt  leisten,  wenn  diese  ihm  Trostbrief 
gibt.  Zorn  bittet,  dies  zu  tun.  Es  scheint  also,  daß  damals 
Zorn  schon  mit  der  Stadt  ausgesöhnt  war- 

2.  Juli  1417,  Walter  Erbe  an  die  Stadt:  verlangt  einen 
Trostbrief  nach  Konstanz,  will  ihr  einen  ausstellen. 

9.  Juli,  Zorn  an  die  Stadt:  hat  von  ihr  den  Auftrag  be- 
kommen, zwischen  ihr  und  Erbe  einen  Tag  auszumachen,  ver- 
spricht das. 

22.  Juli,  Zorn  an  die  Stadt:  Erbe  hat  ihr  einen  Trost- 
brief ausgestellt  für  einen  Tag  in  Ingweiler,  welcher  am  29.  Juli 
stattfinden  soll.  Wenn  die  Stadt  diesem  keinen  ausstellen  will 
soll  sie  jenen  auch  wieder  zurückgeben. 

30-  Juli:  Die  Stadt  verspricht  zusammen  mit  Lutelman 
von  Ratsamhausen,  Obrecht  Beger,  Vitztum,  und  Johann  von 
Mülnheim  dem  Walter  Erbe  Tröstung  für  zwei  Tage  vor  und  nach 
dem  Tag  von  Ingweiler  zu  geben. 

6  August,  Zorn  an  Straßburg:  Walter  Erbe  ist  mit  dem 
Trostbrief  der  Stadt  nicht  zufrieden;  er  solle  so  sein,  wie  der, 
als  sie  in  Konstanz  waren. 

Ohne  Datum:  Zorn  an  die  Stadt:  fragt  an,  ob  sie  zu  dem 
auf  den  17.  September  festgesetzten  Tag  mit  Walter  Erbe  kommen 
wolle,  den  er  vermittelt  hat- 


—      50      - 

lieh  genötigt,  das  Hofgericht,  vor  das  der  Prozeß  gebracht 
war  den  Streit  schlichten  zu  lassen.  Der  Termin  hier  war 
vom  17  August  auf  den  20.  Oktober  verschoben  worden, 
am  14.  Oktober  schickte  man  Abschriften  der  königlichen 
Privilegien  den  städtischen  Gesandten  nach  Konstanz. 

Merkwürdigerweise  sprach  nun  das  Hofgericht  dem 
Klaus  Zorn  die  ganze  Fähre  zu,  ohne  das  bereits  erwähnte 
kaiserliche  Privileg  vom  27.  März  1415  zu  berücksichtigen. 
Auf  Befehl  Sigmunds  setzte  er  sich  bald  mit  Gewalt  in 
den  Besitz  der  ganzen  Fähre,  aber  schon  nach  wenigen 
Tagen  stellte  die  Stadt  den  früheren  Zustand,  wahrschein- 
lich auch  mit  Waffengewalt,  wieder  her^). 

Nunmehr  war  Sigmund  entschlossen,  diesen  trostlosen 
Zuständen  endlich  ein  Ende  zu  machen.  Am  U.Dezember 
teilte  er  seine  Absicht  der  Stadt  mit  und  setzte  zugleich 
den  Tag  auf  den  7.  Januar  1418  fest,  es  solle  der  letzte 
Tag  in  diesem  Streit  sein,  die  Stadt  solle  ihre  Boten 
schicken  und  Erbe  Tröstung  geben-)- 

Der  Rat  schickte  zwar  zwei  Boten  nach  Konstanz, 
Konrad  Rust  und  Hans  Lumbart,  hielt  es  aber  nicht  für 
nötig,  sie  mit  genauen  Instruktionen  auszustatten:  „also 
weren  sy  herkommen  und  wolten  gern  hören,  watz  derselb 
Walter  zu  in  zu  clagen  het,  und  im  darumb  gerecht  werden," 
sagte  Konrad  Rust  in  seiner  Rede  vor  dem  Hofgericht. 
Auch  Zorn  scheint  sich  nicht  viel  von  der  neuen  Tagung 
versprochen  zu  haben,  er  erschien  nicht  einmal,  obwohl 
auch  er,  wie  sich  aus  dem  Brief  vom  13.  Dezember  ergibt, 
geladen  war. 

177^20.  November  teilt  Zorn  der  Stadt  mit,  daß  er  auf 
Geheiß  des  Kaisers  die  Fähre  besetzt  habe- 

Am  ^5  November  bittet  er  die  Stadt,  ihm  deshalb  kerne 
Fehde  anzukündigen,  weil  seine  Knechte  die  städtischen  an  der 

Fähre  bedroht  haben. 

2)  Freitag  nach  hl.  3  Konige;  vgl-  auch  Altmann,  Nr- 274Ü; 
Nr.  3160  gibt  irrtümlich  den  6.  )anuar  an-  Die  Ladung  ist  bei 
Altmann  nicht  erwähnt. 


—      51       — 

Das  Hofgericht  weigerte  sich  zunächst,  f:rbe  Gehör 
zu  geben,  jedoch  am  1  1 .  Januar  trat  es  unter  Vorsitz  des 
Grafen  Günther  von  Schwarzburg  zusammen.  Die  Straß- 
burger baten  um  einen  Aufschub  von  8  oder  14  Tagen, 
um  sich  mit  den  nötigen  Belegen  für  ihre  Aussagen  zu 
versehen;  jedoch  Erbe  verlangte  auf  Grund  seiner  Ladung, 
wonach  dieses  der  letzte  Termin  sein  sollte,  unbedingt 
einen  Urteilsspruch  und  forderte  20  000  fl  Entschädigung 
dafür,  daß  er  die  Fähre  so  lange  nicht  habe  nutzen 
können.  Da  man  sich  nicht  einigen  konnte,  vertagte  sich 
das  Hofgericht,  ohne  die  Bitte  der  Straßburger  zu  berück- 
sichtigen. Am  17.  und  dann  am  18.  Januar  trat  es 
wieder  zusammen  und  sprach,  allem  Anschein  nach  in 
Abwesenheit  der  städtischen  Boten,  die  Fähre  und  die 
20  000  fl  Entschädigung  dem  Walter  Erbe  zu^),  welcher 
den  Urteilsspruch  mit  dem  Versprechen  erkauft  hatte,  dem 
Günther  von  Schwarzburg  ein  Drittel  jener  Summe  abzu- 
treten'-). 

Sigmund,  welcher  zweifellos  um  das  Urteil  des  Hof- 
gerichts wußte,  hoffte  durch  die  gegen  die  Stadt  aus- 
gefallene Entscheidung  endlich  in  den  Besitz  des  Fährgeldes 


^)  Originalurkunde  des  Hofgerichts  vom  \8.  Januar  1418. 
Str.  Stadt-A.  V.  C-  G.  B  27,  nicht  erwähnt  bei  Altmann. 

-)  Der  Stadtschreiber  Ulrich  Meiger,  Straßburgs  Vertreter 
in  Konstanz,  welcher  eigentlich  nie  direkt  mit  der  Fährung  dieser 
Verhandlungen  beauftragt  war,  sondern  immer  nur  gelegentlich 
eingriff,  berichtete  am  23-  Januar  nach  Straßburg,  er  habe  von 
dem  Markgrafen  [wahrscheinlich  dem  von  Brandenburg]  gehört, 
daß  Günther  von  Schwarzburg  durch  Ulrich  von  Fridingen, 
Walter  Erbe  habe  mitteilen  lassen,  wenn  er  ein  Drittel  von  den 
20000  fl  bekomme,  wolle  er  beim  König  dafür  sorgen,  daß 
das  Hofgericht  in  seinem  Sinne  entscheide  (ebenda  V.  C  G. 
B  27  Nr.  43.  Die  Kopie  trägt  fälschlich  die  Jahreszahl  1423).  Wenn 
man  bedenkt,  wie  wenig  freundlich  man  damals  am  königlichen 
Hofe  der  Stadt  gesinnt  war,  muß  man  diese  Nachricht  für  glaub- 
würdig halten. 

4* 


1 


—     52     — 

zu  kommen.    Am  7.  Februar')  berichtet  Meigcr  nach  Stras- 
burg.    der  König    habe   zwar  ihm   gegenüber    erklärt,    daß 
das  Urteil  nicht  billig  sei,  habe  sich  aber  zugleich  erkundigt, 
wie    er  wohl    am    besten    das  Fährgeld    bekommen    könne. 
Meiger  versprach  ihm  seine  Hülfe,   riet  aber  der  Stadt,  es 
auf'  keinen    Fall    dem    Boten    Latzenbock    auszuhändigen, 
welchen    der  König    bald    nach  Straßburg    schicken  werde. 
Auf  Meigers  Rat  entschloß  man  sich  in  Straßburg  zu 
neuen  Verhandlungen.     )ohann  von  Mülnheim,  Konrad  zum 
Rust  und  Hug  Dreizehn,  Altammeister,    wurden  nun   nach 
Konstanz  geschickt.    Sie  berichteten  am  28.  Februar-),  der 
König  habe    sie   freundlieh  aufgenommen,    sie  durch   seine 
Räte   verhören    lassen    und    den   Markgrafen    von    Branden- 
burg   und   den    Zunftmeister    von    Basel    mit    der    F^rüfung 
ihrer    Briefe    beauftragt.     Aber    es    scheint,    daß   Sigmund 
erkannt  hatte,    daß  er  das  Fährgeld   nie   erhalte,    wenn    er 
nicht  der  Stadt  nachgäbe  und  die  Fähre  für  eine  Almende 
erkläre.    Da  aber  damit  der  Streit  auf  keinem  Fall  erledigt 
gewesen  wäre,  entschloß  er  sich,  der  Stadt  die  Dörfer  und 
die  Fähre  zu  verpfänden  und  jenen  so    auf   ihre  Schultern 
abzuwälzen.     Zugleich  konnte  er  sich  auf  diese  Weise  ihr 
Geld  noch  mehr  zu  Nutze  machen.  Die  darüber  geführten  Ver- 
handlungen sind  um  so  merkwürdiger,    als  der  Kaiser  auf 
wenig   ehrenvolle   Weise   die  Stadt  hintergangen  hat.     Die 
neue  Verpfändung    trug    zu  nichts  weniger  als  zur  Lösung 
der  Streitfrage   bei,  aber  Sigmund  war  nur  daran  gelegen, 
diese  zu  seinem  Vorteil  auszunutzen. 

Am  Morgen  des  7.  März  rief  er  die  Straßburger  Boten 
zu  sich,  eröffnete  ihnen  seine  Absicht  und  fragte  an,  welcher 
Zins  wohl  jährlich  von  Fähre  und  Dörfern  fiele"*).  Am 
nächsten   Tag   sollten    sie    noch    einmal    zu   ihm   kommen. 


1)  Ebenda  AA.  1443  (54,  55). 

•^)  Ebenda  AA.  168  (62\ 

^)  Bericht   der   Boten   vom  7.  März  post  prandium- 

da  (63). 


Eben- 


i^ 


—     53      - 

damit  er  mit  ihnen  darüber  spreche  und  sie  nach  Hause 
entlasse.  Darauf  machten  an  demselben  Tage  auf  seinen 
Befehl  und  ohne  die  Entscheidung  vom  1  8.  Januar  in  ihrer 
Rechtsgiltigkeit  anzutasten,  die  Markgrafen  Bernhard  von 
Baden,  Friedrich  von  Brandenburg  und  Graf  Eberhard  von 
Neuenbürg  eine  Richtung,  an  der  auch  die  städtischen 
Boten  teilnahmen.  Über  das  Resultat  derselben  haben  wir 
zwei  verschiedenartige  Berichte. 

Die  eine  Quelle  ist  eine  Urkunde  Sigmunds  vom 
6.  Mai  1418\),  in  welche  jene  Verhandlungen  inseriert 
sind.  Sie  verschweigt  die  Beteiligung  der  städtischen  Boten 
an  der  Richtung  und  berichtet  nur,  daß  die  drei  Räte  fest- 
gesetzt hätten,  daß  der  König  die  Fähre  und  die  drei  Dörfer 
der  Stadt  verpfänden  solle  für  3000  fl")  und  1500  von  dem 
aufbewahrten  Fährgeld  und  noch  einmal  für  6000  fl, 
welche  die  Stadt  dem  Markgrafen  Friedrich  „an  desselben 
unß  herren  des  Kunigs  statt"  geben  solle.  Die  städtischen 
Boten  sollten  diese  Vereinbarung  ihrem  Rate  mitteilen  und 
innerhalb  14  Tagen  berichten,  ob  dieser  sich  mit  der  Richtung 
einverstanden  erkläre. 

Die  zweite  Quelle  ist  ein  Bericht  des  Konrad  zum  Rust 
an  den  Rat  vom  11.  Hai  1418').  Er  erwähnt  die  Be- 
teiligung der  Boten  bei  der  Richtung  und  berichtet  auch 
von  9000  fl,  welche  die  Stadt  zahlen  soll,  von  denen  3000 
dem  König,  die  übrigen  6000  aber  Walter  Erbe  gehören 
sollten,  dessen  Verzicht  auf  die  Fähre  dafür  erkauft  werden 
sollte*). 


1)  Ebenda  V.  C  C  B  27.  Regest  bei  Altmann,  Nr.  3144  und 
Fester  Nr.  3018. 

-)  Die  3000  fl  sollte  die  Stadt  an  den  Narkgrafen  Bernhard 
zahlen,  am  9.  Närz  schon  stellt  er  ihr  eine  Quittung  über  den 
Empfanij  des  Geldes  aus.     Fester,  Reg-  Nr.  3007. 

•0  Ebenda  AA.  168  (71). 

^)  Daraus  ergibt  sich,  daß  jetzt  auch  Sigmund  die  Fähre 
als  Almende  anerkannte. 


;(* 


-      54     — 

Ein  Mißverständnis  der  stadtischen  Boten  über  diese 
Vereinbarung  ist  ausgeschlossen,  da  auch  der  Markgraf 
Bernhard,  um  seine  Meinung  befragt,  derselben  Ansicht 
wie  diese  war,  während  der  Brandenburger  und  der  Graf 
von  Neuenbürg  auf  Seite  des  Königs  standen.  Trotzdem 
ist   der  Darstellung  des  Konrad  zum  Rust  der  Vorrang  zu 

geben. 

Was  nun  weiter  nach  dem  7.  März  geschah,  darüber 
fehlen  direkte  PSachrichten.  Es  scheint,  daß  [ohann  von 
Mülnheim  nach  Straßburg  reiste,  um  seine  Stadt  von  den 
Plänen  des  Königs  zu  unterrichten.  Am  17.  März  be- 
richten Rust  und  Hug  Dreizehn  nach  Hause,  daß  alles  gut 

stehe. 

Indeß  muß  sich  Straßburg  mit  der  Richtung  einver- 
standen erklärt  haben,  denn  Sigmund  trat  nun  in  Verhand- 
lungen mit  Klaus  Zorn,  welcher  nunmehr  das  letzte  Hindernis 
war.  Dieser  erhob  zunächst  Einspruch  gegen  den  Ent- 
schluß des  Kaisers,  da  er  ihm  bereits  200  Mark  Silber  auf 
die  Pfandschaft  geliehen  habe.  Da  Sigmund  sich  dessen 
nicht  entsinnen  konnte  und  auch  in  den  Registerbüchern 
seiner  Kanzlei  keinen  Beleg  fand,  lud  er  Klaus  vor  sich. 
Eür  ihn  erschien  sein  Bruder  Johann,  da  er  selbst  krank 
war^). 

Zorn  bat  zunächst  um  einen  Aufschub  der  Verhand- 
lung von  6  Tagen,  was  ihm  auch  bewilligt  wurde,  da  er 
aber  anscheinend  durch  Verzögerung  eine  Entscheidung 
hintertreiben  wollte  und  noch  weitere  5  Tage  verstreichen 
ließ,  ohne  etwas  in  seiner  Angelegenheit  zu  unternehmen, 
erklärte  am  6.  Mai  das  Hofgericht,  von  Sigmund  um  ein 
Urteil  befragt,  daß  Zorn  sein  Anrecht  an  die  Dörfer  ver- 
loren habe.  Zugleich  machte  es  bekannt,  daß  auch  sonst 
niemand  mehr  ein  Anrecht  an  die  Pfandschaft  habe,  diese 


^)  Mach  einem  Gesandtschaftsbericht  vom  25.  April  H18 
war  er  damals  zusatnmen  mit  Johann  und  Walter  Erbe  und  deren 
Sehwaiicr  Wcrlin  von  Altenkastcl  in  Konstanz. 


/ 


> 


i) 


—     55     - 

vielmehr  dem  König  allein  zustehe:  niemand  dürfe  ihm  an 
der  Eigenschaft  oder  der  Stadt  Straßburg  oder  wem  er 
sonst  die  Dörfer  verpfänden  würde,  an  der  Pfandschaft 
einen  Schaden  zufügen^). 

jetzt  aber  erschien  Sigmund  die  vereinbarte  Pfand- 
summe  von  3000  fl  zu  gering,  und  da  er  weitere  Ver- 
handlungen scheute,  versuchte  er,  um  jene  zu  erhöhen,  die 
städtischen  Boten  zu  täuschen.  Er  schickte  am  gleichen 
Tage  den  Markgrafen  Friedrich  zu  den  Straßburger  Boten 
und  ließ  von  ungefähr  fragen,  „wie  hoch  die  brieffe  sollent 
ston."  Als  die  Boten  auf  die  Richtung  vom  7.  März  hin- 
wiesen, erklärte  der  Markgraf,  der  König  und  er  hätten  es 
so  verstanden,  daß  die  6000  fl,  die  Walter  Erbe  be- 
kommen sollte,  nicht  in  die  Summe  von  9000  fl  einbe- 
griffen sein  sollten-),  welches  als  Verpfändungssumme  aus- 


1)  Ebenda  V.  C-  C  B,  und  22  Orig.  Urk-,  Regest  bei  Altmann 
Nr.  3144a. 

2)  Bericht  des  Konrad  zum  Rust  vom  11.  Mai:  Der  Mark- 
graf kam  in  unsere  Herberge  und  sprach:  „ich  bin  bi  dem  Kunge 
gesin,  und  der  het  mich  uch  geheissen  uz  richten  und  uwer 
brieffe  furdern  und  alz  bin  ich  hie;  und  de  wir  koment  an  die 
sume  zu  sagen,  wie  hoch  die  brieffe  soltent  ston,  do  seitte  wir 
von  Villi  dussent  gülden;  do  hüb  er  zu  stund  uff  und  sprach, 
daz  het  er  me  f erstanden;  die  briefe,  die  daz  pfant  besagen, 
soltent  niment  dru  dusent  guldin  ston?  war  umbe  men  die  sehsz 
dussent  guldin  drin  sollte  schriben,  die  walter  erben  werden 
soltent?  do  sprochent  wir,  dar  umbe  daz  es  syne  gnode  und 
der  margroffe  von  Baden  und  der  von  Neuenbürg  und  der  stette 
erber  botten  alz  ferdegeding[t]  hatten,  die  wir  och  druweten, 
die  dez  geston  solttent  und  vertent  do  zufil,  alz  nit  not  ist  zu 
schriben." 

Es  ist  nicht  gesagt,  daß  diese  Unterredung  am  6-  Mai  statt- 
fand, aber  es  ist  durchaus  möglich.  Rust  redete  darauf  mit  dem 
Grafen  von  Nellenburg,  welcher  derselben  Ansicht  wie  der  Branden- 
burger war.  Darauf  ritt  er  nach  Basel,  um  mit  Bernhard  zu 
reden,  welcher  damals  in  Basel  war  und  seiner  Ansicht  bei- 
pflichtete. Wahrscheinlich  hat  Rust  dann  von  Basel  aus  seinen 
Bericht  nach  Straßburg  geschickt. 


\ty 


—     56      - 

bedungen  sei.  Da  aber  die  Straßburger  bei  ihrer  Meinung 
blieben,  erklärte  Sigmund,  ohne  das  Urteil  des  Hofgerichts 
zu  beachten,  dreist  in  der  auf  S.  53  erwähnten  Urkunde 
vom  6.  Mai,  daß  die  für  Walter  Erbe  günstige  Entscheidung 
vom  18.  Januar  dieses  )ahres  weiterhin  Geltung  behalten 
solle,  da  Straßburg  den  Bestimmungen  der  Richtung  vom 
7.  Harz  bis  jetzt  nicht  nachgekommen  sei  ')•  Diesen  Ent- 
schluß brachte  er  am  9.  Mai  zur  Kenntnis  aller  Reichs- 
untertanen und  befahl  ihnen,  dem  Walter  Erbe  zur  Ver- 
wirklichung seiner  Ansprüche  gegen  die  Stadt  behülflicli 
zu  sein-). 

Selbst  wenn  sich  der  Rat  nunmehr  hätte  entschließen 
können,  auf  die  Fähre  zu  verzichten,  hätte  er  Erbe  die 
20000  fl  zahlen  müssen,  und  wahrscheinlich  wäre  Zorn 
mit  ähnlichen  Forderungen  auf  Entschädigung  an  ihn  her- 
angetreten. Das  klügste  war  also  nachzugeben,  und  dazu 
zwang  auch  der  Umstand,  daß  durch  die  [Bekanntmachung 
vom  9.  Mai  wieder  die  Möglichkeit  eines  Krieges  in  greif- 
bare Mähe  gerückt  war,  wie  die  Stadt  ihn  schon  öfters  zu 
bestehen  hatte,  wenn  sie  sich  nicht  vorher  mit  Sigmund 
aussöhnte. 

In  Basel,  wohin  sich  Sigmund  Ende  Mai  begab,  scheint 
die  Aussöhnung  mit  Straßburg  vollzogen  worden  zu  sein, 
indem  der  Rat  sich  den  Forderungen  des  Kaisers  fügte. 
Vielleicht  hatte  er  Ulrich  Meiger  mit  der  Führung  der  Ver- 
handlungen beauftragt,  den  er  Ende  Mai  eilends  nach  Straß- 
burg kommen  ließ  '). 

Am  5.  )uni  befahl  Sigmund  von  Basel  aus  der  Stadt, 
dem  Walter  Erbe  und  Claus  Zorn,  welche  er  nach  Straß- 
burg bestellt  habe,  Geleitsbriefc  auszustellen.  Bald  darauf 
erschien    er    selbst    dort,    und    nun    erfolgte   die   volle  Ver- 


V 


—     57      — 

söhnung.  Am  19.  Juni  erklärte  er  sein  Gebot,  dem  Walter 
Erbe  in  Sachen  der  Fähre  behülflich  zu  sein,  für  aufge- 
hoben und  verpfändete  die  Fähre  sowie  die  drei  Dörfer 
lllkirch,  Grafenstaden  und  lllwickersheim  der  Stadt  für 
9000  fr).  Zugleich  versprach  er  in  einer  dritten  Urkunde, 
sie  bis  Weihnachten  in  den  Pfandbesitz  der  3  Dörfer  ein- 
zusetzen und  ihr  auch  die  Urkunden,  welche  Zorn  und  Erbe 
erlangt  hatten,  zu  übergeben  oder  für  ungültig  zu  erklären. 
Aber  Sigmunds  Versprechen  erfüllte  sich  nicht,  und 
der  alte  Streit  wurde  noch  erbitterter  weitergeführt.  Walter 
Erbe  verhielt  sich  zunächst  ruhig.  Dagegen  erhob  Zorn 
seine  Ansprüche  auf  die  Fähre  alsbald  wieder  und  ersuchte 
in  einem  Briefe  vom  2.  August  den  Rat  um  Herausgabc 
derselben.  Was  daraufhin  erfolgte,  wissen  wir  nicht;  die 
sich  jetzt  entspinnenden  kriegerischen  Unternehmungen 
wurden  bald  dadurch  noch  gefährlicher  für  die  Stadt,  daß 
sie  mit  den  Kämpfen  zusammenfielen,  welche  die  Bürger- 
schaft von  Straßburg  in  den  jähren  1419  und  1420  mit 
der  aus  der  Stadt  ausgewichenen  Ritterschaft  zu  bestehen 
hatte,  deren  Hauptmann  Claus  Zorn  war -)■'). 


1)  Ebenda   V.  C  G.  B  27. 
mann,  Nr-  3144. 

-)  Altmann  Nr-  3100. 
V  Kaiser,  S.  192. 


Orig. -Urkunde.     Rejjest  bei   Alt- 


^)  Str.  Stadt-A.  V.  C  G-  B  27,    Orig.-Urk.    Altmann,  Nr.  3273, 

3274,  3275. 

-)  Gustav  Schmoller,  Straßburg  z  Z.  der  Zunftkämpfe  und 
die  Reform  seiner  Verfassung  und  Verwaltung  im  15.  Jahrhun- 
dert, S.  48  ff.  Strubel,  Vaterländische  Geschichte  des  Elsasses  111, 

S.  128. 

3)  Im  Nai  1419  besetzte  Zorn  mit  Waffengewalt  die  Fähre 
und  nahm  das  daselbst  aufbewahrte  Fährgeld  an  sich.  Ein  Brief 
der  Stadt  vom  9.  Juni,  welcher  Zorn  zu  friedlicher  Herausgabe 
derselben  bewegen  sollte,  erreichte  nichts;  darauf  verjagte  die 
Stadt  ihrerseits  den  Zorn  von  der  Fähre  zwischen  dem  14.  Juni 
und  11.  November.  (14.  Juni  1419,  Zorn  an  die  Stadt:  er  bestreitet, 
daß  er  sich  ohne  Recht  in  den  Besitz  der  Fähre  gesetzt  habe, 
ist  bereit  die  Streitfrage  noch  einmal  untersuchen  zu  lassen. 
11.  November  1419,  Stadt  an  Zorn:  verlangt  von  ihm,  daß 
er  sie  ungeirrt  im  Besitz  der  Fähre  lasse  und  das  gestohlene 
Geld  zurückgebe.    Ebenda  V.  C.  G.  B  28  Nr  45.)    Am  13.  Novcm- 


—     58     - 

Um  die  Jahreswende  1419  auf  1420  überrumpelte  er 
im  Bunde  mit  Härtung  von  Wangen,  Claus  Manß  u.  A.  das 
städtische  Schloß  zu  Benfeld,  tötete  2  Mann  der  Besatzung 
und  nahm  einen  Teil  gefangen.  Ebenso  besetzte  er  die 
Burg  Dachstein,  in  die  ihn  Heinrich  von  Mülnheim  einließ, 
obwohl  sie  ein  „offenes  Haus"  für  die  Stadt  sein  sollte. 
Nach  diesen  Erfolgen  kündigte  Zorn  der  Stadt  am  23.  Januar 
F'chde  an. 

Durch  dieses  Vorgehen  wurde  der  Rat  endlich  aus 
dem  passiven  Zustand  aufgerüttelt,  in  dem  er  bis  dahin 
verharrte.  Am  22.  )anuar  beauftragte  er  seine  am  Hof 
Sigmunds  weilenden  Gesandten,  welche  ohnedies  dahin 
instruiert  waren M,  beim  Kaiser  darauf  zu  dringen,  daß  er 
endlich  sein  Versprechen  erfülle.  Aber  auch  Klaus  Zorn 
und  mit  ihm  der  Erbe,  der  sich  wieder  erhoben  hatte, 
richteten  ein  Gesuch  an  Sigmund,  worin  sie  darauf  hin- 
wiesen, daß  sie  ein  unkündbares  Recht  an  Fähre  und  Dörfer 
hätten,  sich  aber  erboten,  2600  fl.  dem  Kaiser  zu  zahlen, 
wenn  die  Pfandschaft  ihnen  verbleibe'-).  Daher  sahen  sich 
die  städtischen  Boten  genötigt,  dem  Kaiser  ein  gleiches 
Angebot  zu  machen,  was  dieser  bereitwillig  entgegennahm. 
Am  6.  März  schlug  er  das  Geld  auf  die  Pfandsumme  der 
Dörfer").     Im  Übrigen    aber  konnten  die  Straßburger  nicht 

her  schlug  Zorn  der  Stadt  vor,  den  König  noch  einmal  die  Sache 
untersuchen  zu  lassen.  Er  könne  nicht  begreifen,  daß  seine 
Privilegien  keine  Geltung  haben  sollten,  diejenigen  der  Stadt 
mußten  unbedingt  gefälscht  sein.  Sie  instruierte  nun  Ende  No- 
vember 3  Gesandte  an  den  königlichen  Hof,  welche  sich  jedoch 
vom  Markgrafen  Bernhard  zuerst  noch  ein  Empfehlungsschreiben 
ausstellen  lassen  sollten.  Am  1.  Dezember  berichteten  diese  Ge- 
sandten von  Ettlingen  aus,  daß  ihnen  der  Markgraf  dieses  abge- 
schlagen habe,  und  wir  wissen  nicht,  ob  sie  ihre  Reise  fortsetzten 
oder  umkehrten-     (Fester,  Reg.  Nr.  3148) 

')  R.  T.  Akten  VII,  408  Z  8-9. 

-)  Kopie  aus  dem  jähre  1420  ohne  Tagesdatum  und  Unter- 
schrift.    Ebenda- 

'•^)  Altmann,  Nr.  4051. 


-     59     — 

mehr  bei  ihm  erreichen,  als  daß  er  am  7.  März  die  Briefe 
der  Pfandinhaber  für  ungültig  erklärte')  und  ihnen  am 
9.  März  gebot,  die  Einlösung  zu  gestatten"-)  '^').  Aber  diese 
Verfügung  des  Königs  brachte  der  Stadt  wenig  Nutzen,  am 
8.  Juni  mußte  sie  sich  sogar  der  Forderung  Zorns  fügen, 
vor  Sigmund  noch  einmal  ihre  Angelegenheit  untersuchen 
zu  lassen;  aber  es  ist  wahrscheinlich  nicht  dazu  ge- 
kommen. 

Dagegen  spielte  der  Streit  eine  Rolle  bei  den  Ver- 
handlungen, welche  im  Sommer  1420  vor  dem  Markgrafen 
zwischen  der  Stadt  und  der  Ritterschaft  geführt  wurden. 
Es  scheint,  daß  es  diesem  auf  der  Ende  August  abge- 
haltenen Tagung,  welche  den  Streit  mit  der  Ritterschaft 
beendete,  gelang,  die  Pfandinhaber  zu  vermögen,  die  Ein- 
lösung zuzulassen').  Klaus  Zorn  erklärte  zwar  in  einem 
Schreiben  vom  4.  Dezember  an  die  Stadt,  daß  er  bereit 
sei,  das  Lösegeld  in  Empfang  zu  nehmen,  wenn  es  ihm 
in  Maursmünster  oder  Zabern  ausgehändigt  würde.  Dennoch 
sclieint  es,  daß  er  und  seine  Genossen  sich  durch  Aus- 
flüchte und  Hinziehen  der  Verhandlungen,  worüber  ein 
ausgedehnter  Briefwechsel  vorliegt,  dieser  Verpflichtung  ent- 
ziehen wollten. 

In  ein  neues  Stadium  trat  die  ganze  Sachlage  erst 
wieder,  als  Zorn  am  26.  Januar  1421  der  Stadt  erklärte 
er  habe  seine  Briefe  dem  Klaus  von  Hagenowe  zum  Auf- 
bewahren übergeben.     Der  Rat  aber  war  der  Ansicht,  daß 


^)  Altmann,  Nr-  4055 

')  Ebenda  Nr.  4056. 

3  Die  in  R- T- Akten  VII,  412  erwähnten  königlichen  Briefe 
an  Zorn,  Härtung  von  Wangen  und  Klaus  Erbe  scheinen  Ver- 
bote der  Fehde  gegen  die  Stadt  zu  sein-  Str-  Stadt-A-  V.  C- 
G-  B  Nr.  48:  Sigmund  an  Walter  Erbe,  20-  Februar  1420  [Di-  vor 
Peterstag,  ohne  Beiwort],  befiehlt  ihm,  von  seiner  Feindschaft 
gegen  die  Stadt  abzulassen. 

'y  Fester,  Reg.  Nr.  321 1,  3229  und  die  andern  auf  diesen  Streit 
bezüglichen  Rcgcsten. 


I 


—      00      — 

es  sich  hierbei  um  eine  Verpfändung  handele,  was  Zorn 
allerdings  in  einem  Schreiben  vom  2.  Februar  bestritt,  und 
nahm  mit  Waffengewalt  die  3  Dörfer  in  Besitz  und  be- 
setzte die  Ämter  daselbst.  Am  10.  März  ist  er  sicher  als 
Besitzer  der  Dörfer  nachzuweisen^). 

Walter  Erbe  und  seine  Geschwister  und  Johann  Zorn 
von  Bulach,  der  die  Hälfte  des  Zornschen  Anteils,  also 
ein  Viertel  der  ganzen  F^fandschaft  inzwischen  erlangt  hatte, 
begaben  sich  bald  ihrer  Anteile"-),  nur  Klaus  Zorn  fügte 
sich  nicht. 

Er  war  zwar  Anfang  März  in  der  Stadt  zur  Entgegen- 
nahme des  Geldes  erschienen,  aber  man  konnte  sich  nicht 
über  den  Kurs  desselben  einigen,  die  Stadt  wollte  ihm 
für  eine  Mark  6  Gulden  geben.  Nun  beschloßt  man  auf 
den  Vorschlag  des  Rates  hin,  dem  Markgrafen  Bernhard 
noch  einmal  die  Sache  zu  unterbreiten.  Aber  zu  Ver- 
handlungen scheint  es  doch  in  der  nächsten  Zeit  nicht 
gekommen  zu  sein,  dagegen  schädigte  Zorn  die  Stadt 
ungeheuer,  indem  er  ihre  Bürger  fing  und  ausplünderte  und 
schließlich  ihr  Schloß  in  Illwickershcim  besetzte.  Am  9.  April 
1423  fand  sodann  ein  Tag  in  Ettlingen  vor  Bernhard  statt. 
Der  Rat  ließ  sich  durch  einen  Verordneten  vertreten,  zu 
einem  Ergebnis  kam  man  jedoch  nicht.  Man  bestimmte 
nur,  die  Parteien  sollten  sich  brieflich  ihre  Rechte  aus- 
einander setzen,  und  dann  wollte  man  wieder  zur  Beratung 


1)  Str.  Stadt-A.  V.  C  C  B  28  Nr-  45. 

-)  Am  29.  März  gab  Wcrlin  von  Altenkastel  seine  Zustimmung 
dazu,  daß  das  Erbgut  seiner  Frau  für  300  fl  von  der  Stadt  ein- 
gelöst werde;  Walter  Erbe  hatte  bereits  vorher  seinen  Anteil 
seinem  Bruder  Johann  gegeben,  und  dieser  trat  beide  Anteile  für 
600  fl  am  5-  November  der  Stadt  ab-  )ohann  Zorn,  welcher  auf 
den  24.  Januar  1421  in  die  Stadt  auf  die  Münze  bestellt  worden 
war,  um  sein  Lösegeld  in  Empfang  zu  nehmen,  muß  ebenfalls 
um  diese  Zeit  auf  seine  Anrechte  verzichtet  haben. 


61 


zusammen  treten,  sodaß  längstens  bis  Michelstag  der  Streit 
erledigt  sein  sollte'). 

Bald  nach  dem  Tage  von  Ettlingen  hatte  sich  Straß- 
burg mit  der  Bitte  um  Hülfe  gegen  Klaus  Zorn  an  Sig- 
mund gewendet,  aber  erst  als  es  Bernhard  nicht  gelingen 
wollte,  eine  Verständigung  herbeizuführen,  erteilte  der 
Kaiser  ihm,  unwillig  über  das  lange  Hinausschieben 
der  von  ihm  angesetzten  Tagung-),  den  Befehl,  einen 
neuen,  letzten  Tag  anzusetzen.  Das  hier  zu  fällende  Urteil 
sollte  laut  kaiserlicher  Machtbefugnis  unbedingte  Geltung 
haben.  Darauf  schrieb  Bernhard  einen  Tag  auf  den  2.  Ok- 
tober 1 424  nach  Baden  aus ;  aber  die  Stadt  weigerte  sich  in 
einem  Brief  vom  15.  September,  diesen  Tag  zu  besuchen, 
mit  der  Begründung,  sie  habe  bereits  zu  einem  in  dieser 
Sache  auf  den  27.  September  in  Heidelberg  festgesetzten 
Tage  zugesagt,  und  verblieb  trotz  der  Mahnung  des  Nark- 
grafen  am  22.  September  auf  ihrem  Vorsatz.  Ob  es  über- 
haupt zu  diesem  Tag  in  Baden  gekommen  ist,  wissen 
wir  nicht. 

Der  wahre  Grund  dafür,  daß  sich  die  Stadt  den  Ver- 
handlungen entzog,  war  nicht  jener  nach  Heidelberg  aus- 
geschriebene Tag.  Denn  hier  sollte  sie  sich  mit  Walter 
Erbe  auseinandersetzen,  der,  obwohl  er  mit  seinen  Ge- 
schwistern alle  Anrechte  auf  die  Pfandschaft  aufgegeben 
hatte,  trotz  alle  dem  diese  wieder  erneuerte.  Er  berief 
sich  dabei  wieder  einmal    auf   den  Urteilsspruch    des  Hof- 


^)  Darauf  wechselten  die  Parteien  je  5  Briefe,  die  Stadt  je 
einen  am  21.  Mai,  4.  Juli,  16-  September  und  2  undatierte,  Zorn 
je  einen  am  7.  Mai,  21.  Mai,  25.  Mai,  3.  Juni  und  7.  Juli-  Jedoch 
zu  dem  verabredeten  Tage  kam  es  nicht-  Er  wurde  zunächst 
bis  Ostern  1424  und  dann  noch  einmal  bis  Johanni  hinausge- 
schoben, konnte  aber  auch  damals  nicht  abgehalten  werden, 
da  Bernhard  um  diese  Zeit  im  Kriege  lag.  (Str.  Stadt-A.  V.  C- 
G.  B  27  Nr.  43.) 

-)  Altmann,  Nr.  5874. 


—     62     — 

gerichts  vom  18.  )anuar  1418,  dagegen  ließ  er  die  llnt- 
scfiädigungssunime  von  6  000  fl,  welche  ihm  am  7.  März 
1418  zugebilligt  worden  war,  ganz  außer  Acht.  Außerdem 
erhob  er  jetzt  noch  die  Anklage,  sein  Vater  wäre  auf  An- 
stiften der  Stadt  ermordet  worden. 

Mit  dieser  Klage  wandte  sich  Erbe  im  Sommer  1423 
an  das  f~reigrafengericht  von  Hudem.  Er  hatte  seine 
Sache  sehr  schlau  angefangen.  Es  kam  ihm  anscheinend 
nur  darauf  an,  mehr  als  die  ihm  versprochenen  6  000  fl 
von  der  Stadt  herauszuschlagen.  Da  aber  das  Urteil  des 
Hofgerichts  schon  mehrfach  für  ungültig  erklärt  worden 
war,  verquickte  er  damit  die  Geschichte  von  der  Ermordung 
seines  Vaters,  die  um  das  Jahr  1380  eine  Rolle  spielte^). 
Ohne  Zweifel  war  die  Beschuldigung  gegen  die  Stadt 
aus  der  Luft  gegriffen,  aber  Erbe  gab  sich  der  Hoffnung 
hin,  daß  er  auf  diese  Weise  eher  ein  Urteil  gegen  die  Stadt 
bei  der  damals  in  der  höchsten  Blüte  stehenden  Veme 
erlangen  könne. 

Am  31.  August  erging  eine  Ladung  an  die  Stadt  vor 
die  Veme  auf  den  1.  fSovember,  aber  diese  erschien  nicht. 
Was  das  Vemgericht  darauf  beschlossen  hat,  wissen  wir 
nicht.  Ein  Schreiben  Sigmunds,  an  welchen  sich  Straßburg 
in  dieser  Sache  wendete,  vom  3.  Januar  1424  an  die  Stadt 
Dortmund  erwähnt  einen  Brief  des  Freigrafen  Hans  von 
der  Grafschaft  Hudem  an  die  Stadt  Straßburg.  Darin  teilte 
Sigmund  mit,  es  dünke  ihm  unbillig,  daß  man  den  Straß- 
burgern,  den  „unwissenden  Leuten,"  einen  solchen  Brief 
schicke.  Er  forderte  Dortmund  auf,  andere  Ereischöffen 
zu  befragen,  und  wenn  man  ihm  zustimme,  eine  andere 
Sitzung  In  der  Straßburger  Angelegenheit  anzuberaumen. 
Aus  demselben  Grund  befahl  er  auch  dem  Freigrafen  Hans, 
das  Verfahren  gegen  die  Stadt  einzustellen,  der  Streit 
gehöre  vor  ihn. 


')  Straßb.  Urk.  Vi  Nr  54- 


—     63 


Man  scheint  in  Dortmund  des  Königs  Meinung  geteilt 
zu  haben;  nunmehr  kam  der  Steit  vor  das  Freigrafengericht 
von  Arnsberg.  Dieses  gab  sich  alle  Mühe,  die  Stadt  zum 
Erscheinen  zu  bewegen.  Durch  den  Freigrafen  von  Arns- 
berg Gerhard  den  Zeyner  wurde  der  Rat  drei  mal  geladen, 
am  26.  Januar,  22.  Juni  und  14.  September,  unter  aus- 
drücklicher Berufung  darauf,  daß  2  Bürger  der  Stadt, 
nämlich  Gerhard  Schaub  und  Heinrich  von  Mülnheim  ge- 
nannt Landsberg,  Freischöffen  seien,  der  Rat  also  entgegen 
der  königlichen  Meinung  unbedingt  über  das  Verfahren  der 
Veme  unterrichtet  sein  müsse.  Zugleich  stellte  der  Erz- 
bischof von  Köln  der  Stadt  freies  Geleite  für  Hin-  und 
Herreise  in  Aussicht.  Aber  sie  erschien  doch  nicht,  ge- 
stützt auf  die  königliche  Huld. 

Nach  der  ersten  Ladung  des  Freigrafengerichts  von 
Arnsberg  hatte  sich  die  Stadt  wieder  an  Sigmund  ge- 
wendet, welchem  viel  daran  lag,  daß  der  Streit  nicht  vor 
der  Veme  entschieden  würde.  Er  gebot  zunächst  dem 
Freigrafen  Gerhard,  bis  29.  September  die  Sache  ruhen  zu 
lassen,  und  hoffte  sie  in  der  Zwischenzeit  durch  den  Pfalz- 
grafen Ludwig  beilegen  lassen  zu  können,  welchem  er  am 
15.  Mai  einen  diesbezüglichen  Auftrag  erteilte*).  Aber  der 
König  täuschte  sich,  das  Freigrafengericht  mißachtete 
seinen  Befehl,  und  nach  zweimaliger  erfolgloser  Ladung 
wies  es  die  Stadt  Straßburg  an,  innerhalb  einer  bestimmten 
Frist  ihren  Verpflichtungen  gegen  Walter  Erbe  nachzukommen. 
Zu  einer  Verurteilung  scheint  es  also  zunächst  nicht  ge- 
kommen zu  sein,  jedoch  bleibt  es  dahingestellt,  ob  ihre 
Unterlassung  von  den  sich  jetzt  entwickelnden  Verhält- 
nissen oder  von  dem  Briefe  Sigmunds  abhing,  welchen 
er  an  den  Freigrafen  richtete,  und  worin  er  befahl,  nichts 
mehr  zu  Ungunsten  der  Stadt  zu  unternehmen. 

In  gleicher  Weise  gelang  es  auch  nicht,  bis  riichaelis 
eine  Verständigung  zwischen  Erbe  und  der  Stadt  zustande- 

1)  Altmann,  Nr-  5844- 


—     64     — 

zubringen.  Der  bereits  erwähnte  Tag  vor  dem  Pfalzgrafen 
fand  am  27.  September  statt.  Der  Rat,  weicher  offenbar 
Gewicht  darauf  legte,  daß  ein  Freischöffe  bei  den  Verhand- 
lungen zugegen  war,  ließ  sich  durch  Heinrich  von  Müln- 
heim  genannt  Landsberg,  Hans  Sturm,  Lohnherr,  und  Hug 
und  Claus  Schanlit  Altammeister,  vertreten.  Erbe  erhob  die 
nämlichen  Anklagen  wie  vor  der  Veme,  forderte  aber  statt 
20000  fl  Entschädigung  gleich  das  Doppelte.  Der  Pfalz- 
graf,  der  viele  seiner  Räte  berufen  hatte,  erklärte  nach  zwei 
Tagen,  daß  er  zwar  betreffs  der  Ermordung  des  Johann 
Erbe,  des  Vaters  Walters,  ein  Urteil  fällen  wolle,  aber  nicht 
über  den  zweiten  Anklagepunkt,  da  sich  hierbei  zwei  Ur- 
kunden, nämlich  die  des  Hofgerichts  vom  18.  Januar  1418 
und  die  Sigmunds  vom  19.  )uni  1418,  direkt  entgegen- 
ständen, und  verwies  die  Parteien  zurück  vor  den  Kaiser 
mit  dem  Bemerken,  „daß  die  briefe  beider  parteien  ände- 
runsen  bedürfen".  Gegen  die  Veme  nahm  er  insofern 
Stellung,  als  er  den  Parteien  verbot,  vor  einem  andern 
Gericht  als  dem  königlichen  eine  Entscheidung  zu  suchen. 

Auch  Sigmund  scheint  jetzt  zunächst  ratlos  gewesen 
zu  sein,  was  er  tun  solle,  wie  aus  einem  undatierten 
Schreiben  an  den  Pfalzgrafen  hervorgeht,  worin  er  bei  diesem 
anfragt,  mit  welchen  Leuten  er  das  Gericht  besetzen  solle, 
wenn  beide  Parteien  jetzt  vor  ihn  kämen. 

Nachdem  dann  ein  zweiter  Tag  vor  dem  Pfalzgrafen 
stattgefunden  hatte,  von  dem  wir  nur  wissen,  daß  Claus 
Schanlit,  Altammeister,  Gerhard  Schaub  und  Adam  Rife  Ver- 
treter Straßburgs  waren,  dessen  Ergebnis  aber  jedenfalls 
auch  ein  negatives  war,  setzte  der  Kaiser  am  21.  Januar 
1425  einen  neuen  Tag  an  seinem  Hof  auf  den  18.  )uni 
fest,  zunächst  nur  für  den  Rat  und  Walter  Erbe,  und  nach- 
dem inzwischen  auf  seinen  Befehl  auch  der  Rat  und  Claus 
Zorn  ergebnislos  vor  dem  Bischof  von  Straßburg  getagt 
hatten,  teilte  er  diesem  am  13.  Mai  mit,  daii  er  auch  Zorn 
auf  den   18.  Juni  vor  sich  bestellen  werde. 


—     65 


Der  Rechtstag  am  kaiserlichen  Hof  zu  Ofen  fand  erst 
am  30.  August  statt^).  Hier  wurden  Erbe  alle  Anrechte 
an  die  Fähre  aberkannt  und  die  Urteilssprüche,  welche  er 
vor  der  Veme  gegen  die  Stadt  erlangt  hatte,  aufgehoben-). 
Alle  auf  den  Streit  bezüglichen  Schriftstücke  soll  er  bei 
Tue  zum  Altenscholtheißen  in  Mainz  bis  znm  Tage  der 
heiligen  3  Könige  1426  abliefern,  und  die  Stadt  zahlt  ihm 
bis  dahin  die  6000  fl,  die  ihm  auf  der  Richtung  vom 
7.  Harz  1418  als  Entschädigung  zuerkannt  worden  waren. 
Diese  hinterlegte  sie,  wie  ausgemacht  war,  am  5.  Januar 
1426  in   Mainz  bei  Tile. 

Daraufhin  schwuren  sich  am  nächsten  Tage,  dem 
31.  August,  die  Stadt  und  Walter  Erbe  Urfehde.  Die  6000  fl 
aber  schlug  am  1.  September  der  König  auf  die  Pfand- 
schaft der  drei  Dörfer,  sodaß  die  Pfandsumme  jetzt  17  600  fl 
betrug,  ohne  das,  was  die  Stadt  den  Pfandinhabern  an 
Lösegeld  zahlen  mußte.  Wie  der  Streit  mit  Claus  Zorn 
ausging,  wissen  wir  nicht.  Er  erreichte  aber  damals  sein 
Ende;  im  August  1426  treffen  wir  Zorn  als  Kriegsmann 
in  städtischen  Diensten,  er  zog  im  Auftrage  der  Stadt 
gegen  die  Hussiten  nach  Böhmen'^). 

Von  den  übrigen  Dörfern  des  Amtes  Illkirch  kaufte 
die  Stadt  das  Dorf  Schiltigheim  von  ihrem  Bürger  Peter 
Völtschen  für  4900  Goldgulden  als  Allod  mit  Urkunde  vom 
2.  September  1501^).     Sie  erwarb  damit  den  Gerichtsbann 


^)  Altmann,  Nr  6398. 

-)  Der  Frankfurter  Schöffe  Walter  Schwarzenberg  ist  um 
diese  Zeit  dem  Kaiser  in  Sachen  des  Streites  dienstbar,  ohne 
daß  wir  wissen,  worum  es  sich  handelt.  Vielleicht  hat  er  mit 
der  Veme  verhandelt,  vielleicht  auch  mit  Tile  zum  Altenscholt- 
heißen. Altmann,  Nr.  6076  und  Frankfurter  Reichskorrespon- 
denz I,  S.  343. 

^)  Fester,  Reg.  Nr.  3939. 

^)  Quelle  für  den  Erwerb  der  Dörfer  Schiltigheim  und  Adels- 
hofen  sind  bereits  im  16.  Jahrhundert  gemachte  Urkundenaus- 

5 


—     66     — 

über  das  Dorf,  das  Schloß  daselbst  und  eine  Reihe  grund- 
herrlicher  Rechte,  wie  aus  einem  Einnahmeverzeichnis  vom 
Jahre   1502  hervorgeht. 

Auf  dem  Dorf  lasteten  noch  25  fl  \/.,  ß  jährlicher  Ab- 
gaben, welche  Straßburg  am  9.  März  1502  von  Ursula 
Langnawerin  für  200  Goldgulden  einlöste.  Ferner  besaßen 
die  Klöster  von  St.  Agnesen  und  St.  Margarethen  zu  Straß- 
burg einen  großen  Dinghof  daselbst.  Auch  diesen  kaufte 
der  Rat  am  2.  Movember  1527  an  und  wurde  somit  Grund- 
herr fast  des  ganzen  Dorfbannes.  Auch  über  die  Pro- 
venienz der  gerichtsherrlichen  Rechte  gibt  jener  „Bericht" 
einen  Aufschluß,  den  ich  hier  wiedergeben  möchte. 

Danach  gehörte  das  Dorf  Schiltigheim  u;  sprünglich 
dem  Stift  von  St.  Stefan  zu  Straßburg  zu'),  welches  die 
Herren  von  Ochsenstein  damit  belehnt  hatte.  Diese  gaben 
das  Lehen  weiter  an  Georg  von  Hohenstein,  welcher  seiner- 
seits Philipp  von  Kageneck  mit  zwei  Dritteln  und  das  Ge- 
schlecht der  Armbroster  mit  einem  Drittel  belehnte-).  Dieser 
Philipp  von  Kageneck  besaß  später  auch  das  letzte  Drittel 
des  Dorfes,  ohne  daß  wir  wissen,  wie  er  dazu  gekommen  ist. 

Am  16.  März  1498  nun  belehnte  Georg  von  Hohen- 
stein den  Peter  Völtschen  von  Straßburg  mit  den  zwei 
Dritteln    des  Dorfes,    wahrscheinlich  im  Einverständnis  mit 


züge,  wie  solche  auch  von  den  drei  Dörfern  an  der  111  vorliegen. 
Str.  Stadt'A.    V.  C  G.  B  31  Nr.  15. 

^)  Angeblich  schenkte  Kaiser  Lothar  das  Dorf  dem  Stift 
von  St  Stefan,  Str.  Stadt-A.  Argentorensia  historico -politica 
tom.  1  (37),  kurzer  „Bericht"  aus  dem  17.  Jahrhundert,  wahrschein- 
lich von  dem  Straßburger  Geschichtsschreiber  und  Archivar  Jakob 
Wencker  selbst  gemacht.  Er  geht  dabei  also  auf  die  gefälschte 
Urkunde  des  Kaisers  Lothar  vom  15.  Mai  845  für  die  Frauenabtei 
St.  Stefan  in  Straßburg  zurück,  Straßb  Urk.  1  Nr.  25.  Vgl.  W. 
Wiegand,  die  ältesten  Urkunden  für  St-  Stefan  in  Straßburg  Z.  G-  0. 
N.  F.  9,  S.  389  ff.  —  Im  13.  Jahrhundert  hatte  das  Stift  Besitz  in 
Schiltigheim.    Wiegand,  S.  421,  424. 

-)  Str.  Stadt'A.  V.  C  G-  B  31   Nr.  15. 


-      67 


Kageneck,    welcher  sie  bis  dahin  von  ihm  zu  Lehen  trug. 
Darauf   kam    es   zwischen    Kageneck   und   Peter  Völtschen 
zum    Vertrag,    infolgedessen    jener   ihm    am    27.  Mai   1498 
„allen    und    jeden  Lehensanspruch",    welchen  er  bis  dahin 
an    das    Dorf    hatte,    abtrat.     Ob    er    dafür    eine    Entschä- 
digung erhielt,  wissen  wir  nicht.    Am   17.  August  setzte  er 
den  Lehensherren,  von  dem  er  das  letzte  Drittel  zu  Lehen 
hatte,    wahrscheinlich    einen  Armbroster,    davon    in  Kennt- 
nis; dieser  muß  nun  seinerseits  den  Peter  Völtschen  damit 
belehnt    haben,    worüber   wir   jedoch    ohne  Nachricht  sind. 
Somit  war  zu  Ende  des  Jahres   1498  das  ganze  Dorf 
Schiltigheim  ein  Lehen  des  Peter  Völtschen.     Als  aber  1501 
nach  dem  Aussterben  des  Ochsensteinischen  Stammes  dessen 
lehensherrliche  Rechte  an  zwei  Dritteln  des  Dorfes  wieder 
an  das  Stift  St.  Stefan  zurückfielen,  hat  dieses  sie  mit  Ur- 
kunde  vom   15.  August   dem  Völtschen  als  Allod  für  900 
rhein.  Gulden  cum  consensu  episcopi  verkauft.  Am  21 .  August 
machte  Völtschen    diesen  Kauf  öffentlich  bekannt  und  am 
24.  August   erklärte   sich  Georg   von  Hohenstein  mit  dem 
Kauf  einverstanden  und  verzichtete  zugleich  auf  jeden  wei- 
teren Anspruch    an    das  DorL     Es  scheint,    daß  Völtschen 
auch  das  andere  Drittel,  welches  er  zuerst  als  Lehen  inne- 
hatte,   später    käuflich  erworben  hat,    da  nirgends  erwähnt 
wird,     daß    die    Stadt    dafür    Lehensmann    eines    anderen 
wurde. 

Das  Dorf  Adolfshofen  oder  Adelshofen  ,  das  heute 
verschwunden  ist,  damals  aber  unmittelbar  nördlich  von 
Straßburg  lag,  gehörte  ehedem  dem  hohen  Stift  von  Straß- 
burg, welches  dasselbe  den  Herren  von  Ittenheim  zu  Lehen 
gegeben  hatte.  Aber  diese  konnten  die  Gerichtsherrschaft 
über  das  Dorf  nicht  aufrecht  erhalten,  die  Einkünfte  der 
Herrschaft  wurden  allmählich  im  kleineren  Maßstabe  fast 
ganz  verpfändet,  und  so  wurden  aus  dem  einen  Gerichts- 
herrn mehrere,  von  denen  jeder  seine  gerichtsherrlichen 
Rechte  auszuüben  wünschte.     Häufig  waren  diese  Anrechte 

5* 


•-    68    — 

an  das  Dorf  auch  noch  mit  grundherrlichen  Renten  ver- 
bunden. 

Die  letzten  Anrechte  derer  von  Ittenheim  verkaufte 
am  7.  Juli  1488  Stefan  von  Ittenheim,  suo  et  agnatorum 
nomine  cum  consensu  episcopi  et  capituli,  an  )akob  Kri- 
stocken,  Domherren  von  St.  Thomas  zu  Straßburg,  für  16  Pfd. 
Dieser  hatte  am  27.  November  das  Hägelin,  einen  inner- 
halb des  Dorfbannes  gelegenen  Dinghof,  von  den  Edlen 
von  Eckvversheim  für  110  Goldgulden  erworben,  verkaufte 
aber  bald  seine  sämtlichen  Rechte  an  Elwin  Hustelin, 
welcher  sie  seinerseits  durch  Urkunde  vom  1 .  November 
1491  an  Erwlin  von  Heßberg  für  770  Goldgulden  ver- 
kaufte. 

Weiter  verkaufte  ein  gewisser  Karl  Kastner  an  Kuntz 
Weinmoßen  25  Goldgulden  von  den  jährlichen  Einkünften 
auf  dem  Hägelin  und  zu  Adelshofen  für  500  Goldgulden 
laut  Urkunden  vom  1  1.  September  1492  und  26.  Mai  1493 
und  am  10.  September  1494  ,,etevven  canonicis"  zu  St.  Stefan 
2Vo  Goldgulden  Rente  für  20  Goldgulden. 

Der  Bericht  gibt  keine  Nachricht  über  den  Erwerb  des 
Dorfes  durch  die  Stadt  Straßburg,  dagegen  zeigt  folgende 
Stelle  aus  einem  Rechnungsbuche  des  Amtes  lllkirch,  daß 
die  Stadt  in  Adelshofen  im  )ahre  1502  festen  Fuß  gefaßt 
hatte:  „eingenommen  zu  Adolfshofen  anno  secundo:  item 
2  lib  zu  betten  habent  geben  Wigen  Hans,  Schultheiszen 
Hans,  die  geschworenen,  und  Scheffers  Jacob,  der  burger- 
vogt".  Wir  können  daher  mit  Grund  annehmen,  daß 
die  Stadt  auch  in  Adelshofen  alle  jene  zersplitterten  Ge- 
rechtigkeiten allmählich  angekauft  hat. 

Inzwischen  war  das  Hägelin  in  den  Besitz  der  Zorn 
übergegangen.  Am  19.  Eebruar  1505  kaufte  die  Stadt 
diesen  Dinghof  von  Johann  Zorn  von  Wyhersburg  und  seiner 
Schwester  Erau  Magdalene,  Hermann  Hustelins  Gemahlin, 
für  220  Goldgulden  und  am  10.  April  von  Caspar  Zorn 
und  seiner  Frau  Gertrud  Wormserin  von  Schäftolsheim  einen 


—     69     — 

anderen    Dinghof,    den    „Freihof    bei    dem    Hägelin",    für 
230  Goldgulden. 

Die  beiden  Dörfer  Ittenheim  und  Handschuhsheim 
kaufte  der  Rat  mit  Urkunde  vom  9.  September  1507  von  )akob 
Beger,  Vogt  der  Achtgeschworenem,  und  Jungfer  Ursula,  Mel- 
chior Begers  von  Geispolzheim  Tochter,  für  2200  Pfd.  Über 
die  Geschichte   dieser  Dörfer    ist  weiter    nichts   überliefert. 

Die  beiden  Dörfer  Niederhausbergen  und  Dorlis- 
h  e  i  m  standen  außerhalb  des  einheitlich  organisierten  Amtes  lll- 
kirch, zu  welchem  die  7  Dörfer  um  Straßburg  vereinigt 
waren,  wurden  aber  trotzdem  von  dem  Vogt  dieses  Amtes 
verwaltet. 

Nach  Grandidier  war  Niederhausbergen  ein  altes  Reichs- 
dorf, welches  sich  im  )ahre  1489  freiwillig  unter  den  Schutz 
der  Stadt  stellte  und  dafür  ein  jährliches  Schirmgeld  zahlte. 
Aus  einem  Einkommenverzeichnis  dieses  Dorfes  aus  dem 
)ahre  1503  geht  hervor,  daß  Straßburg  die  Gerichtsbarkeit 
daselbst  hatte  und  außerdem  noch  eine  Menge  Eigengüter, 
die  verpachtet  waren. 

Das  Dorf  Dorlisheim  gehörte  in  der  ersten  Hälfte  des 
16.  Jahrhunderts  nur  teilweise  zu  Straßburg.  Im  14. 
Jahrhundert  war  es  im  Besitze  der  Grafen  von  Leiningen, 
welche  ihre  Gerechtigkeiten  jedoch   allmählich  verkauften  ^) 


\)  Eine  Urkunde  vom  2.  November  1336  besagt,  daß  Nikolaus 
von  Gronstein  14  Pfd.  Renten  zu  Dorlisheim  hat,  welche  auf 
Martini  fällig  sind  und  mit  140  Pfd.  abgelöst  werden  können.  Am 
81.  Dezember  1339  verpfändete  Friedrich  von  Leiningen,  Domherr 
zu  Worms,  dem  Hans  von  liülnheim  12  Pfd.  jährliche  Gefälle  für 
120  Pfd.  Silber,  Hans  bestätigte  dieses  am  4.  Februar  1340.  Am 
26.  Januar  1340  gaben  Friedrich  von  Leiningen  und  sein  Bruder 
(welcher  ?)  demselben  Hans  die  „Aatzt"  für  20  Pferde  zu  Dorlis- 
heim. Am  26.  Januar  1348  hat  Johann  von  Rosheim  2  Gulden 
Rente  in  Dorlisheim  gekauft.  Am  28-  Januar  1386  kaufte  Klaus 
von  Gronstein  von  Hans  von  /iülnheim  die  12  Pfd.  Rente  und  die 
Herberge,  und  am  12.  Hai  1396  von  Johann  Zuckmantel  7  Pfd. 
Rente-     1431    werden  wieder  die  Mülnheim  und  1455  der  Vogt 


—    70     - 

und  im  jähre  1372  den  letzten  Rest  davon  veräußerten, 
indem  Gottfried  von  Leiningen  dem  Klaus  und  Götz  ge- 
nannt von  Gronstein  Vogtei,  Gericht  und  Herberge  zu 
Dorlisheim  mit  Urkunde  vom  15.  Februar  für  150  rhein. 
Gulden  verkaufte.  Diese  Zersplitterung  der  landesherrlichen 
Gewalt  nahm  nun  einen  immer  größeren  Umfang  an.  Im 
Jahre  1467  bezogen  24  verschiedene  Herren  die  Renten 
des  Dorfes,  die  sowohl  grundherrlicher  als  auch  gerichtsherr- 
licher riatur  waren. 

Am  2.  Mai  1496  faßte  Straßburg  auch  in  diesem  Dorfe 
festen  Fuß,  indem  es  die  Anrechte  der  Ursula  Willekin  für 
250  fl  kaufte.  Ähnliche  Ankäufe  wurden  bis  zum  )ahre 
1576  gemacht,  und  es  scheint,  daß  Straßburg  damals 
alleiniger  Besitzer  des  Dorfes  war'). 

8.  Das  Amt  Wasselnheim. 

Das  Amt  Wasselnheim  setzte  sich  zusammen  aus  den 
Dörfern  Wasselnheim,  Brechungen,  den  halben  Dörfern 
Friedolsheim  und  Ittelnheim,-)  dem  Schloß  zu  Was- 


von  St.  Arbogast,  der  6  Pfd.  Rente  hat,  neben  dem  Gronstein  als 
Rentenempfänger  von  Dorlisheim  genannt. 

1)  Die  Stadt  Straßburg  kaufte  außerdem:  1497  von  Burckard 
von  Echelberg  '  24  für  24  fl  3  ,A  11.  März  1502  von  Hans  von 
Mittelhausen  ^  24  für  100  fl,  14.  Dezember  1503  von  Wendling 
von  Mülnheim  ^^4  für  100  fl.  19.  April  1504  von  demselben  V24 
für  100  fl,  21.  )anuar  1504  von  jakob  zur  Megde  ^  ..>4  für  212  fl, 
1528  von  Hans  Nagell  von  Königspech  V24  für  HO  fl,  16.  Januar 
1556  V4am  ganzen  Dorf  von  Klaus  Werlin,  Straßburger  Bürger, 
für  900  fl,  10.  August  1556  ^  24  vom  Stift  zum  jungen  St-  Peter 
für  160  Pfd.,  4.  Dezember  1563  '  ji  vom  Kloster  St.  Arbogast  für 
100  Pfd.,  8-  September  1568  V24  von  Otilia,  Witwe  des  geschworenen 
Vogtes  Gallen  von  Rechemburg  für  80  fl,  11.  Mai  1576  vom 
Kloster  Hohenforst  dessen  Anteil  am  Zehnten  von  Dorlisheim 
für  3200  fl. 

-)  Dieses  Dorf  war  im  17.  Jahrhundert  ausgestorben  und 
vernichtet.  Str.  Stadt-A.  Argentorensia  bist-  politica  Tom.  11  (45). 
Heute  besteht  es  wieder. 


71 


selnheim,  ferner  aus  dem  Dorf  Zehnacker  und  dem 
halben  Dorf  Flexburg. 

Am  1.  Juli  1503  kaufte  Straßburg  von  Bernhard 
Muchenheimer  von  Zweibrücken  und  seiner  Frau  )ohannette 
geborene  von  Sarwerden  und  Frau  von  Finstingen  das  Dorf 
Zehnacker  für  430  Goldgulden.  Von  den  Einkünften  des 
Dorfes  waren  5  fl  den  Erben  eines  gewissen  Johann  Kerlin 
verpfändet  und  4  fl  einem  Straßburger  Monnenkloster. 

Von  Flexburg  besaß  der  Rat  eine  Hälfte,  die  andere 
gehörte  den  Edelen  von  Landsberg.  Es  ist  nicht  bekannt, 
wann  die  Stadt  diese  Hälfte  erworben  hat,  sie  besaß  die- 
selbe jedoch  schon  im  Anfang  des   1 6.  Jahrhunderts. 

Die  anderen  vierDörferunddasSchloßzuWasseln- 
heim  waren  ein  Reichslehen,  womit  König  Maximilian  die 
Stadt  Straßburg  mit  Urkunde  vom  29.  März  1497  belehnte. 
Da,  wie  bereits  erwähnt,  die  Stadt  nicht  als  lehensfähig 
galt,  so  hatte  der  Kaiser  am  2.  März  1495  bestimmt,  daß 
der  Rat  einen  Bürger  der  Stadt,  welcher  dem  Adel  ange- 
hörte, beauftragen  sollte,  für  ihn  den  Lehenseid  zu  leisten, 
welcher  Lehensträger  hieß,  in  der  Folge  wurde  es  so  ge- 
halten, daß  die  Stadt  dem  Kaiser  jedesmal  Mitteilung  machte, 
wenn  der  derzeitige  Lehensträger  gestorben  war,  ihn  um 
Bestätigung  des  Lehens  bat  und  einen  neuen  Lehensträger 
vorschlug.  Erklärte  sich  der  Kaiser  mit  der  Wahl  des  Rates 
einverstanden,  was,  soweit  es  sich  feststellen  läßt,  regel- 
mäßig geschah,  so  erneuerte  er  das  Lehen  und  beauftragte 
den  Lehensträger,  vor  irgend  einem  von  ihm  bestimmten 
Fürsten  oder  Herren  den  Lehenseid  für  seine  Stadt  abzu- 
legen. 

Der  erste  Lehensträger  war  Friedrich  Bock,  der  am 
11.  April  1496  den  Lehenseid  ablegte.  Nach  dessen  Tode 
legte  Weyrich  Böcklin  am  24.  April  1507  vor  Heinrich 
von  Hennenberg,  des  hohen  Stiftes  „schulherre,"  den  Eid 
ab.  Sein  Nachfolger  wurde  Johann  Bock,  den  Karl  V.  am 
14.  März  1521    auf  dem   Reichstag   in   Worms    bestätigte, 


--     72     — 


wobei  er  zugleich  das  Lehen  erneuerte.  Als  er  gestorben 
war,  bat  der  Rat  in  einem  Briefe  vom  31.  Oktober  1543 
den  Kaiser,  den  )akob  Sturm  zum  Lehensträger  zu  er- 
nennen.  Ferner  bestätigte  der  Kaiser  am  26.  März  1555 
auf  Bitten  des  Rates  den  Heinrich  von  Mülnheim,  Städt- 
meister, als  Lehensträger  und  beauftragte  mit  einem  Briefe 
desselben  Datums  den  Heinrich  von  Fleckenstein,  Landvogt 
im  Untelsaß'),  jenem  den  Eid  abzunehmen,  und  ebenso  be- 
stätigte am  17.  Oktober  1580  Kaiser  Rudolf  IL  den  Hans 
Philipp  von  Kettenheim,  der  bis  zum  12.  Februar  1581  den 
Lehenseid  leisten  mußte. 

Auch  nach  dem  Tode  des  Lehensherrn,  also  des 
Kaisers,  scheint  eine  Bestätigung  des  Lehens  nötig  gewesen 
zu  sein,  wenn  es  auch  nicht  ausdrücklich  von  Maximilian 
festgesetzt  war.  jedoch  bestätigte  Karl  V.  das  Lehen,  als 
er  im  )ahre  1521  Johann  Bock  zum  Lehensträger  ernannte. 
Von  Ferdinand  liegt  keine  Bestätigungsurkunde  vor,  wohl 
aber  von  Haximilian  iL  vom  17.  August  1565,  worin  er 
der  Stadt  erlaubt,  bis  zum  nächsten  Reichstag  das  Lehen 
zu  behalten,  alsdann  solle  sie  von  neuem  darum  bitten. 

Ehe  es  aber  zur  ersten  Belehnung  kam,  mußte  Straß- 
burg eine  Reihe  von  Verhandlungen  führen,  über  die  wir 
ziemlich  genau  unterrichtet  sind. 

Die  drei  Brüder  Zeysolf,  Georg  und  Stefan  von  Adoltz- 
heim,  die  am  1 1 .  )uni  1494  von  riaximilian  mit  dem  Reichs- 
lehen Wasselnheim  belehnt  worden  waren,  entschlossen  sich 
bald  darauf  dieses  zu  verkaufen.  Sie  hatten  sich  schon 
deswegen  mit  dem  Grafen  Philipp  von  Hanau-Lichtenberg 
verständigt  und  auch  des  Königs  Einwilligung  erlangt.  Als 
aber  die  Sache  aus  irgend  einem  Grunde  sich  zerschlug, 
trat  Zeysolf  in  Unterhandlung  mit  dem  Rate  von  Straß- 
burg. 

Am  1  7.  )anuar  1 495  wurde  zwischen   beiden  Parteien 


0  Becker,  S.  88. 


73      — 


ein  erstes  Abkommen  getroffen,  auf  Grund  dessen  der  An- 
kauf des  Lehens  im  wesentlichen  erfolgte. 

Es  wurde  vereinbart,  daß  die  Stadt  das  Lehen  mit 
allen  seinen  Gerechtigkeiten,  aber  auch  den  darauf  ruhenden 
Forderungen  übernehmen  solle.  Da  es  aber  Reichslehen 
sei,  und  deshalb  die  Genehmigung  des  Königs  zum  Verkauf 
nötig  sei,  müßten  der  Rat  der  Stadt  und  Zeysolf  „fliß  an- 
keren", diese  zu  erlangen,  auch  die  Einwilligung  des  Abtes 
des  Klosters  Hornbach  solle  Zeysolf  einholen. 

Dieser  hatte  als  Besitzer  eines  im  Banne  von  Wasseln- 
heim   gelegenen    Dinghofes   eine    Gerichtsbarkeit    über   die 
Dinghofhuber,    mit  deren  Ausübung   er    den    jeweiligen  In- 
haber des   Lehens  Wasselnheim   belehnte.     Als  Belohnung 
erhielt    dieser    von    dem  Dinghofmeier    im  Auftrage    seines 
Herren,    des    Abtes,    einige  Naturalleistungen.     Von   einem 
wirklich  bestimmenden  Einfluß  des  Abtes  auf  die  Belehnung 
mit  dem  Reichslehen  wird  man  aber  deswegen  schon  nicht 
reden    dürfen,    weil    jene  Einwilligungsurkunde   des  Kaisers 
vom  2.  März  1495  überhaupt   nichts  von   den  Ansprüchen 
des   Abtes   erwähnt,    und    die   Verhandlungen    des  Zeysolf 
mit  ihm  werden  daher  nur  den    Zweck  gehabt  haben,  ihn 
zu  bestimmen,  mit  seiner  Gerechtigkeit  die  Stadt  Straßburg 
und  etwa  keinen  anderen  zu  belehnen.     Ferner  wurde   bei 
dem    Vertrag   vom    17.  )anuar    1495    beschlossen    daß   die 
von  Adoltzheim   sofort    nach    Eintreffen    der  Genehmigung 
des  Königs  und  des  Abtes  dem  Rate  das  Lehen  mit  allen 
dazugehörigen  ,,brieffen,  rodeln,  register  oder  geschrifften" 
übergeben  sollen.     Dafür  zahlt  dieser  ihnen  7000  fl,  näm- 
lich   3000    sofort,    die    übrigen    4000    verzinst    er    ihnen 
mindestens   2  Jahre   lang    mit    200   fl.     Wenn    die  Brüder 
aber  den  Rest  innerhalb  dieser  zwei  Jahre  haben  wollten,  solle 
die    Stadt    sie    ihnen    geben.       Dafür    aber    sollten    sie    an 
anderer  Stelle  „gütter  Zinsen  oder  gülten"  erstehen  und  sie 
vom  Reiche  zu  Lehen  nehmen.     Es  wurde  nicht  festgesetzt, 
welchen  Wert  diese  haben  sollten. 


-„      74     — 

flach  diesen  Abmachungen  schickte  die  Stadt  ihren 
Ratsfreund  Johann  Wilhelm  von  Rottweil  zum  König,  der 
sich  anscheinend  damals  in  Worms  befand.  Auch  Zeysolf 
stellte  ihm  eine  Vollmacht  aus,  in  der  er  sich  verpflichtete, 
alles  anzuerkennen,  was  mit  dem  König  beredet  würde,  und 
stellte  zugleich  darin  in  Aussicht,  daß  auch  er  sich  zu 
Maximilian  begeben  oder  doch  wenigstens  seinen  Anwalt 
hinschicken  wolle. 

Bereits  am  2.  März  1495  gab  der  König  seine  Ein- 
willigung zum  Verkauf  des  Lehens ,  verlangte  aber ,  daß 
die  von  Adoltzheim  mindestens  für  2000  fl  anderes  Gebiet 
erstehen  und  vom  Reiche  zu  Lehen  nehmen  müßten ,  und 
daß  der  Rat  der  Stadt  einen  Lehensträger  bestelle. 

Bis  zur  Abtretung  des  Lehns  jedoch  verfloß  fast  noch 
ein  ganzes  |ahr,  ohne  daß  wir  eigentlich  wissen  warum. 
Zevsolf  unterhandelte  vorerst  noch  nicht  mit  dem  Kaiser, 
dagegen  hatte  er  am  26.  Mai  1495  eine  zweite  Unter- 
redung mit  dem  Rate  der  Stadt,  worüber  wir  durch  einen 
Brief  desselben  an  die  städtischen  Boten  am  königlichen 
Hof  in  Worms,  Georg  Beger  und  Hans  Wilhelm  von  Rott- 
weil, von  demselben  Tage  unterrichtet  sind. 

Zeysolf  erhielt  damals  Kenntnis  von  der  Einwilligung 
des  Königs,  die  er  billigte,  und  zugleich  wurde  vereinbart, 
in  welcher  Weise  die  Genehmigung  des  Abtes  von  Horn- 
bach  einzuholen  sei.  Außerdem  wurde  noch  einiges  andere 
auf  dieser  zweiten  Zusammenkunft  festgelegt,  so  die  auf 
den  Lehen  ruhenden  Lasten  und  die  Eorm  der  auszu- 
stellenden Vertragsurkunde,  und  Zeysolf  erklärte  noch  ein- 
mal, bald  selbst  an  den  königlichen  Hof  zu  gehen.  Dieses 
letztere  war  auch  der  Grund,  warum  der  Rat  seine  Boten 
von  den  Verhandlungen  informierte, 

Die  Verkaufsurkunde  der  Brüder  von  Adoltzheim  ist 
am  5.  Eebruar  1496  ausgestellt.  Sie  faßt  noch  einmal  die 
wesentlichen  vorherigen  Abmachungen  zusammen,  besonders 
die   fremden  Rechte    an  dem  Lehen  und  die  Vereinbarung, 


—     75     - 


die  Zeysolf  mit  dem  Abt  von  Hornbach  inzwischen  ge- 
troffen hatte.  Danach  sollte  die  Stadt  einen  Edelmann 
aus  ihren  Bürgern  bestimmen ,  der  dem  Mamen  nach  die 
Abgaben  aus  dem  Dinghof  des  Klosters  erhalten  sollte, 
und  den  zweifellos  der  Abt  mit  seinen  Rechten  daselbst 
belehnte.  Nähere  Angaben  fehlen,  dieser  Zustand  bestand 
aber  bis  zum  Ankauf  des  Dinghofes  durch  die  Sadt  im 
Jahre  1563.  Es  unterliegt  keinem  Zweifel,  daß  die  Forde- 
rung des  Königs,  der  Rat  müsse  einen  Lehensträger 
bestellen,  von  dem  Abte  einfach  übernommmen  wurde, 
und  man  uird  wohl  die  Vermutung  aussprechen  können, 
daß  der  Lehensträger  des  Königs  auch  der  des  Abtes 
wurde. 

Von  den  fremden  Anrechten  an  Wasselnheim  war  das 
wichtigste  das  Recht  auf  15  Pfd.  von  den  Einkünften  und 
15  Vierteln  Getreide,  das  am  13.  März  1280  Rudolf  von 
fiabsburg  dem  Härtung  von  Wangen  als  Burglehen  zu 
Ehnheim  für  75  Pfd.  Silber  verpfändet  hatte^).  Mit  diesem 
Lehen  waren  keine  gerichtsherrlichen  Rechte  verbunden, 
sondern  der  mit  Wasselnheim  Beliehene  hatte  diese  jähr- 
lichen Abgaben  zu  entrichten. 

Am  14.  September  1468  bestätigte  Kaiser  Friedrich  111. 
dem  Georg  von  Wangen  dieses  Lehen  und  am  18.  August 
1496  und  ebenso  am  1.  September  1498  Maximilian  dem 
Friedrich  von  Wangen  und  seinen  Vettern  Hans  und  Stefan 
von  Wangen. 

Wegen  der  Lösung  dieses  Lehens  wandte  sich  die 
Stadt  bald  an  den  allmächtigen  Kurfürsten  Berthold  von 
Henneberg,  zu  dem  sie  ihre  Bürger,  den  Ritter  Friedrich 
Bock  und  den  Altammeister  Jakob  Wysebach  schickte. 
Sie  erreichten  aber  ihren  Zweck  nicht,  und  der  Rat  sandte 
bald  darauf  eine  andere  Botschaft  unter  Hans  von  Sickingen 
an    den    Hof,    die   sich    wieder    der   Fürsprache    Bertholds 


0  Böhmer  (Redlich)  Reg.  imp.  Vi  Nr.  1167. 


—     76     - 

bedienen ,    zugleich    aber    an    den    König    selbst    wenden 
sollte. 

Nunmehr  gab  dieser  nach.  Am  1.  September  1498 
entbot  er  von  Freiburg  aus  den  Friedrich,  Hans  und  Stefan 
von  Wangen  nach  Straßburg  auf  den  10.  September  in 
Sachen  des  Lehens.  Am  1  1 .  September  hat  er  ihnen  da- 
selbst die  75  Pfd.  ausgezahlt,  nachdem  ihm  diese  vorher 
die  Stadt  gegeben  hatte,  das  Lehen  gelöst  und  am  selben 
Tage  noch  die  Stadt  damit  belehnt.  Es  galt  in  der  Folge- 
zeit als  besonderes  Lehen  neben  dem  ersteren  größeren. 
Die  Bestätigungsurkunden  sprechen  von  zwei  Lehen  und 
der  Lehensträger  hatte  für  beide  den  Lehenseid  zu 
leisten. 

Den  dritten  Teil  des  Burglehens,  nämlich  5  Pfd.  Geld 
und  5  Viertel  Getreide,  hatte  der  obengenannte  Georg  von 
Wangen  dem  )akob  Pfaffenlapp  verpfändet,  und  nach  seinem 
Tode  hatte  Hans  von  Wangen  ihm  diese  Verpfändung  be- 
stätigt. Als  nun  jener  hörte ,  daß  das  Burglehen  an  die 
Stadt  gekommen  sei,  wandte  er  sich  schon  an  10.  Septem- 
ber an  diese  um  Bestätigung  seiner  Gerechtigkeit.  Erst 
nach  langem  Zögern  löste  der  Rat  diese  für  15  Pfd.  Straß- 
burger   Pfennige    mit    Urkunde   vom    30.    März    1530    ein. 

Heinrich  von  Lützelburg  hatte  auf  dem  Schloß  zu 
Wasselnheim  den  Burgsitz  und  das  Recht,  sich  hier  im 
Kriegsfall  zu  verteidigen.  Er  hatte  ferner  ein  Gut  daselbst, 
das  „Lützelburger  guet"  genannt,  das  außerhalb  des  Burg- 
grabens des  Schlosses  lag.  Eine  Beschreibung  desselben 
aus  späterer  Zeit  gibt  genau  die  Größe  an,  nämlich  20V^ 
Acker  Feld,  7^4  Acker  Reben,  17  Acker  Matten  und  20 
Acker  Gärten.  Dieser  Besitz  ging  von  Heinrich  an  seinen 
Sohn  Friedrich  über,  der  ihn  am  13.  Mai  1506  an  Straß- 
burg für   1100  fl  verkaufte. 

Auch  das  Kloster  von  Hornbach  hatte  auf  dem  Schloß 
den  Burgsitz,  neben  einem  fiaus  und  Wirtschaftsgebäuden. 
Dieses  Recht    und   den   Dinghof  des   Klosters  verkaufte  der 


^ 


-     77     ~ 

Pfalzgraf  Wolfgang  als  Vogt  und  Schirmherr  desselben  der 
Stadt  für  6400 fl    14/^  am  3.  Nai   1563. 

Von  kleineren  Verpfändungen  werden  genannt:  20 fl 
„der  Sammnung  zu  den  von  Offenburg  zu  Strassburg,"  die 
mit  400tl  abzulösen  wären,  und  ]4ß  Geld  der  Herren  von 
Haßlowe ,  welche  die  Stadt  beide  mit  dem  Ankauf  vom 
Jahre  1496  übernahm  und  jedenfalls  eingelöst  hat;  Belegedafür 
sind  nicht  vorhanden.  1564  kaufte  sie  ein  „vierzal"  Reben 
von  Caspar  Zorn. 

Neben  dem  Burgsitz  hatte  Heinrich  von  Lützelburg 
noch  andere  Gerechtigkeiten  in  Wasselnheim.  Am  25. 
Februar  1504  schrieb  Bernhard  von  Lützelburg  der  Stadt, 
daß  seines  verstorbenen  Bruders  Heinrich  Kinder  in  der 
Erhebung  des  ihnen  vom  Stift  in  Straßburg  verliehenen 
Meßtagzolles  und  anderer  Gefälle  von  ihr  gehindert  würden, 
und  bat,  dieses  abzustellen.  Jedoch  der  Rat  antwortete  am 
21.  März,  daß  er  nichts  von  diesem  Rechte  der  Lützel- 
burger wisse,  und  ersuchte  Bernhard,  dafür  zu  sorgen, 
daß  eine  ähnliche  Forderung  nicht  mehr  erhoben  werde. 
Trotzdem  mußte  sich  der  Rat  dazu  bequemen,  die  Gerechtig- 
keit der  Lützelburger  anzuerkennen.  Am  29.  Januar  1519 
bot  der  bereits  genannte  Friedrich  von  Lützelburg ,  Amt- 
mann zu  Saarburg,  der  Stadt  jene  zum  Verkaufe  an:  der 
Zoll  trage  mitunter  lOOfl  im  Jahre,  und  für  4000 fl  wolle 
er  ihn  verkaufen. 

Der  Rat  zeigte  sich  bereit,  diese  Gerechtigkeiten  an- 
zukaufen, da  aber  der  Schultheiß  von  Wasselnlieim,  über 
die  Höhe  der  Gefälle  befragt,  einen  weit  ungünstigeren  Be- 
richt entwarf,  nahm  er  wieder  davon  Abstand.  Erst  im 
Jahre  1586  wurden  die  Verhandlungen  wieder  aufgenommen, 
welche  damals  eine  Verpachtung  der  Gerechtigkeiten  an  die 
Stadt  auf  6  Jahre  bezweckten. 


—     78     — 

9.  Das  Amt  Marlenheim. 

Das  Amt  Marlenheim  bestand  aus  den  8  Dörfern 
Marlenheim,  Kirchheim,  Mordheim,  Romansweiler, 
Koßweiler'),  Danne-),  Odratzheim  und  Münch- 
hofen. 

Die  sechs  ersten  Dörfer  waren  altes  Reichsgut.  Marlen- 
heim, Kirchheim  und  Nordheim  unterstanden  dem  Reich 
bis  zum  jähre  1276.  Damals  verpfändete  mit  Urkunde 
vom  5.  August  König  Rudolf  unter  Zustimmung  von  fünf 
Kurfürsten,  nämlich  der  Erzbischöfe  von  Mainz,  Köln  und 
Trier,  des  Pfalzgrafen  Ludwig  und  des  Herzogs  Albrecht 
von  Sachsen,  dieselben  den  Edelleuten  Graf  Heinrich  von 
Veldenz  und  den  beiden  Brüdern  Heinrich  und  Walter  von 
Geroldseck.  Die  Pfandsumme  betrug  300  Mark  Silber, 
welche  diese  für  den  König  ausgelegt  hatten ').  Bereits  am 
1.  Mai  1287  erlaubte  Rudolf  dem  Grafen  Heinrich  von 
Veldenz  die  3  Dörfer  allein  an  sich  zu  lösen,  und  er- 
mächtigte mit  Urkunde  von  demselben  Datum  den  Edel- 
mann Otto  von  Ochsenstein,  seinen  Schwestersohn,  die 
Dörfer  Romansweiler,  Danne  und  Koßweiler,  welche  dem 
Simon  und  Walram  von  Geroldseck  für  200  Mark  Silber 
verpfändet  waren,  an  sich  zu  lösen  und  als  Reichspfand 
zu  besitzen^). 

Wie  sich  die  weitere  Geschichte  der  sechs  Dörfer  gestal- 
tete, darüber  fehlt  es  an  direkter  Überlieferung,  aber  es  läßt 


')  Altmann,  Nr.  3598  nimmt  irrtumlich  Goxweiler  statt  Koß- 
weiler an  und  Nr.  7820  Rumolzweiler  statt  Romansweiler. 

■-)  Das  Dorf  Danne  oder  Thanne  besteht  heute  nicht  mehr 
und  scheint  ehedem  in  der  Gegend  von  Wasselnheim  gelegen 
zu  haben.  Es  ist  nicht  zu  verwechseln  mit  der  gleichnamigen 
Stadt  in  Oberelsaß.  Von  den  bei  Altmann  S.  571  zitierten  Re- 
gesten beziehen  sich  Nr.  5871  und  Nr.  8598  auf  das  Dorf  Danne, 
die  übrigen  auf  die  Stadt  Thann. 

•0  Redlich  Reg.  imp.  VI,  1  Nr.  583. 

^)  Ebenda  Nr.  2097.  2098,  2277. 


% 


—     79     — 

sich  mit  Sicherheit  feststellen,  daß  sich  die  Ochsensteiner 
und  die  Geroldsecker  zur  Hälfte  in  die  Pfandschaft  der 
Dörfer  geteilt  haben.  Denn  am  31.  Oktober  1333  schlägt 
Ludwig  der  Bayer  den  Hans  und  Ottemann  von  Ochsen- 
stein 2000  Pfd.  auf  die  sechs  Dörfer  und  auf  Barr  und  Hoch- 
felden,  welche  auch  damals  im  Ochsensteinischen  Pfand- 
besitz vom  Reiche  aus  waren').  Ferner  erwähnt  eine  am 
20.  Februar  1442  zwischen  dem  Pfalzgrafen  Stefan  und 
den  Geroldseckern  und  Ochsensteinern  abgeschlossene 
Richtung  diese  beiden  Häuser  im  Gesamtbesitz  der  sechs 
Dörfer-),  endlich  sprechen  die  Verkaufsurkunden  der  Ochsen- 
steiner vom  8.  )anuar  1498  und  9.  März  1508  von  einem 
halben  Teil  der  Pfandschaft,  welcher  ihnen  gehörte ''). 

Aber  beide  Häuser  entäußerten  sich  nach  und  nach 
eines  großen  Teiles  der  ihnen  an  den  Dörfern  zustehenden 
Gerechtigkeiten.  Am  7.  März  1314  verkaufte  Otto  von 
Ochsenstein  80  Mark  Silber  auf  Marlenheim,  Kirchheim  und 
Nordheim  ^).  Am  18.  November  1390  verkaufte  der  Wirt 
zum  home,  Hans  Nortwind,  aus  Straßburg  der  Frau  Wal- 
purg  geborene  von  Lützelstein  und  Frau  zu  Geroldseck 
seine  Gerechtigkeiten  zu  Mordheim,  welche  er  an  sich 
brachte  wegen  der  Schulden,  die  der  Domprobst  Johann  von 
Ochsenstein  und  sein   Bruder  Ottemann   bei  ihm   hatten^). 

In  den  zwanziger  [ahren  des  15.  Jahrhunderts  besaß 
der  Straßburger  Bürger  Claus  Merswin  die  drei  Dörfer  Ro- 
mansweiler,   Koßweiler   und    Danne.      Nach    seinem   Tode 


')  Die  Nachricht  stammt  aus  einer  Zusammenstellung  von 
auf  die  Pfandschaft  sich  beziehender  Urkundenauszüge.  Str. 
Stadt-A.  V.  C  G.A  37  Nr.  81. 

-)  Vidimus  vom  25.  Augusi  1539,  ausgestellt  von  dem  Abt 
des  Klosters  Hornbach,  Johann  Kündthäuser,  im  Auftrage  des 
Ludwig  von  Eschau.     Str.  Bez.-A.  G.  1369. 

^)  Str.  Stadt-A.  V.  C  G.  A  37  Nr.  81.  Kopien  aus  dem 
18.  Jahrhundert- 

')  Kopie  im  Str.  Stadt-A.     V.  C  G.  A  37  Nr.  81. 


F\ 


-     80     -^ 

fielen  diese  an  seine  Erben,  nämlich  seinen  Sohn  Konrad 
und  seine  Schwiegersöhne  Walter  von  Mülnheim  und  Adam 
Bock,  und  huldigten  den  beiden  letzteren  im  Namen  aller. 
Sie  hatten  außerdem  noch  die  halbe  Vogtei  in  den  Dörfern, 
welche  vom  Kloster  Hohenforst  herrührte. 

Alle  diese  Anrechte  kaufte  nun  der  Graf  Johann  von 
Leiningen  und  Graf  zu  Rixingen  an,  behielt  zwei  Neuntel 
davon  für  sich  zurück  und  belehnte  mit  den  andern  den 
Walter  von  Mülnheim  und  den  Adam  Bock.  Am  23.  Au- 
gust 1429  machte  er  seinen  Entschluß  allgemein  bekannt, 
die  Lehensleute  könnten  das  Lehen  weiter  verkaufen  und 
auch   auf  ihre  Töchter  vererben^). 

Um  dieselbe  Zeit  erboten  sich  die  Dörfer  Marlenheim, 
Kirchheim,  Nordheim,  Romansweiler  und  Hochfelden,  selbst 
das  nötige  Geld  aufzubringen,  damit  man  sie  von  den  seit- 
herigen Pfandinhabern  loslöse,  wenn  der  Kaiser  sie  wieder 
ans  Reich  nehmen  wolle.  Es  ist  zwar  erst  zum  jähre  1 430 
überliefert,  daß  die  Dörfer  ein  solches  Anerbieten  machten, 
aber  es  ist  durchaus  möglich,  daß  vorher  schon  einmal  etuas 
ähnliches  geschah").  Es  würde  sich  dann  leicht  erklären 
lassen,  warum  Sigmund  am  8.  März  1422  dem  Heinrich 
Beyer  von  Boppard,  der  im  Auftrage  des  Pfalzgrafen  Lud- 
wig 111.  damals  als  Unterlandvogt  ins  Elsaß  kam  '),  beauf- 
tragte, die  im  Pfandbesitze  Walters  von  Hohengeroldseck 
und  Eolmars  von  Ochsenstein  befindlichen  Dörfer  Hoch- 
felden, Narlenheim,  Nordheim  und  Romansweiler  einzu- 
lösen*). 

Am   4.  Oktober  1430   versprach    der    Kaiser,    der  in- 


M  Str.  Bez.'A.    G.  1369. 

-)  Altmann  Nr.  7820.  Es  ist  nicht  gesagt,  daß  die  Dorfer 
der  Reichslandvogtei  einverleibt  sein  wollen,  daß  Sigmund  aber 
diese  Absicht  hatte,  ergibt  sich  daraus,  daß  er  die  jeweiligen 
Landvögte  mit  der  Einlösung  beauftragte. 

^)  Becker,  S.  68. 

-•)  Altmann,  Nr.  4754. 


—     81     — 

zwischen  in  seinem  Entschlüsse  geschwankt  zu  haben  scheint^), 
auf  das  erneute  Anerbieten  der  fünf  obengenannten  Dörfer 
eingehen  zu  wollen  und  sie  aus  dem  Pfandbesitze  des  Grafen 
Johann  von  Leiningen ,  des  Grafen  Johann  von  Ochsen- 
stein und  Tibolts  von  Geroldseck  lösen  zu  lassen.  Am 
selben  Tage  setzte  er  Graf  Johann  von  Leiningen  davon 
in  Kenntnis  und  beauftragte  Stefan,  Pfalzgrafen  bei  Rhein 
und  Herzog  in  Bayern,  welcher  damals  Unterlandvogt  war, 
mit  der  Einlösung-),  um  sie  somit  der  Reichslandvogtei  in 
Hagenau  einzuverleiben. 

Am  11.  November  erneuerte  der  Kaiser  seinen  Auf- 
trag an  Stefan,  nachdem  anscheinend  inzwischen  noch 
einige  andere  Dörfer  dasselbe  Angebot  gemacht  hatten,  wie 
die  fünf  Dörfer;  am  13.  November  gab  er  allen  Pfandinhabern 
davon  Kenntnis'^).  Daraufhin  trat  am  19.  Februar  1431 
Graf  Johann  von  Leiningen  dem  Pfalzgrafen  Stefan  seine 
Anrechte  an  Marlenheim,  Kirchheim,  Nordheim,  Romans- 
weiler, Koßweiier,  Danne,  Hochfelden  und  Barr  gegen  Zahlung 
von  1300fl  ab^).  Die  Urkunde  spricht  von  einem  9.  Teil, 
(„daß  wir  graffe  Johans  auch  dar  an  meynen  zu  haben  zu 
dem  nundeteyle").  Demnach  hatte  Johann  damals  schon 
seine  kurz  vorher  von  den  Erben  des  Claus  Herswin  er- 
worbenen Anteile  wieder  aufgegeben.  Nunmehr  teilte  Sig- 
mund ami  3.  Juni  allen  Dörfern  mit,  sie  sollten  von  nun 
an  dem  Pfalzgrafen  Stefan  gehorsam  sein"').  Da  aber 
zwischen  Johann  und  den  Ochsensteinern  um  den  Besitz 
des    Neuntels    noch  Fehde  bestand,  so  wurde  ausgemacht. 


^)  Am  31.  Mai  1424  bestätigte  er  dem  Walter  von  Gerolds- 
eck den  Pfandbesitz  der  Reichsdörfer  Hochfelden,  riarlenheim, 
Kirchheim,  Nordheim,  Romansweiler,  Koßweiier,  Danne  und  Barr- 
Ebenda  Nr.  5871. 

2)  Ebenda  Nr.  7821,  7820. 

3)  Ebenda  Nr.  7943,  7954,  7955. 

4)  Str.  Stadt-A.  V.  C  G.  A  37  Nr.  81. 
^)  Altmann,  Nr.  8598. 


I 


82 


daß  bis  zur  Austragung  derselben  dem  Friedrich  von  Thnnn 
die  Kaufsumme  übergeben  werden  sollte.  Da  dieser  die 
1300  fl.  auch  wirklich  erhalten  und  sie  in  2  Raten  von  ^)00  fl. 
und  400  fl.  an  )ohann  von  Leiningen  weitergegeben  hat '), 
so  muß  auch  der  Pfalzgraf  Stefan  den  Besitz  eines  neunten 
Teiles  an  den  sechs  für  uns  in  Betracht  kommenden  Dörfern 
angetreten  haben,  welcher  zunächst  der  Reichslandvogtei 
unterstellt  wurde'-). 

Die  nominellen  Inhaber  der  Reichspfandschaft  jedoch, 
die  Geroldsecker  und  Ochsensteiner,  waren  nicht  zum  Ver- 
zicht auf  ihre  alten  Privilegien  zu  bewegen.  Am  20.  Pebruar 
1442  kam  zwischen  dem  Pfalzgrafen,  dem  Grafen  Georg 
von  Ochsenstein  und  den  beiden  Brüdern  Georg  und  Die- 
bold  von  Hohengeroldseck  ein  Vertrag  zu  stände,  demzufolge 


^)  Ein  Schriftstück  mit  der  Aufschrift  „zu  Veldenz  im  ge- 
welbe"  gibt  folgende  Urkundenauszüge: 

item  ein  briefe,  als  min  herre  Steffan  [dem]  Friedrich  von 
tanne  1300  g,  die  er  hynder  ine  gelegt  hat.  item  ein  quitantz, 
darin  graue  Johans  von  Leiningen  zu  Rüxingen  m  gn.  h.  Steffan 
quitiert  900  g.,  die  er  ime  geben  hat,  als  von  cyns  ncundenteyls 
wegen  der  dörffer  Marley  Northey  etc.  und  doch  die  gantz  some 
die  sich  vor  das  neundeetheyl  geburtt  noch  nit  gantz  ußge- 
richtet. 

item  aber  ein  quitantz  von  graue  Johann  von  Leiningen 
besagen  400  g.,  die  er  uff  die  900  g.  von  Steffan  empfangen  habe 
von  des  nunden  teyls  wegen  der  dörffer  H.  N.  etc.  Ebenda.  Da 
also,  wie  es  scheint,  Stefan  aus  eigenen  Mitteln  die  1300  fl  auf- 
brachte, so  konnte  auf  die  Dauer  keine  Rede  davon  sein,  daß 
die  Dörfer  mit  dem  Reich  wieder  vereinigt  wurden,  und  Stefan 
schlug  aus  den  Privilegien  Sigmunds  für  sich  Kapital. 

-)  Dem  Walter  von  Nülnheim  und  Adam  Bock  blieben  die 
drei  Dörfer  Romansweiler,  Koßweiler  und  Danne  90  Pfd.  2^0/^  von 
den  Gefällen  an  Nartini  1429  schuldig.  Am  26.  September  1433 
erschienen  jene  vor  den  Straßburger  Gerichten  und  klagten  auf 
Zurückerstattung.  Im  Namen  der  drei  Dörfer  erschienen  Hans 
Tronser,  Zinsmeister  der  Reichspflege,  und  Bernhard  Kranichen 
von  Küchen,  des  Pfalzgrafen  Stefan  Hofmeister-  Str.  Bcz-A. 
G.  1369. 


—      83     — 

Stefan  sich  verpflichtete,  diese  einstweilen  in  ihrem  Besitze 
zu  lassen.  Somit  war  weiteren  Versuchen,  die  Dörfer  wieder 
dem  Reiche  direkt  zu  unterstellen,  der  Boden  entzogen, 
und  der  Pfalzgraf  scheint  nunmehr  das  von  ihm  gekaufte 
Neuntel  an  den  Dörfern  seinem  eigenen  Gebiet  einverleibt 
zu  haben. 

Der  Ochsensteiner  und  die  beiden  Geroldsecker  erkannten 
in  jenem  Vertrag  den  Pfalzgrafen  im  Besitze  seines  neunten 
Teiles  an  und  versprachen  außerdem,  jederzeit  gegen  Zah- 
lung von  je  2000  fl  ihre  Anteile  an  den  Dörfern  ihm  ab- 
zutreten. Dafür  belehnte  Stefan  sie  mit  je  einem  Drittel  der 
Burg,  welche  er  sich  kurz  vorher  in  Marlenheim  erbaut  hatte. 
Das  letzte  Drittel  jedoch  behielt  er  für  sich  selbst.  Sobald 
er  ihnen  aber  ihren  Anteil  an  den  Dörfern  abkaufen  würde, 
sollten  auch  die  beiden  Lehen  an  ihn  zurückfallen.  Darauf 
wurde  von  den  drei  Parteien  ein  Burgfrieden  beschworen^). 

Stefan  traf  nunmehr  Anstalten,  in  die  teilweise  ver- 
pfändeten Einkünfte  Ordnung  zu  bringen-). 

Aber  es  gelang  den  Pfalzgrafen  nicht,  auf  Grund  des 
Vertrages  von  1442  die  Pfandschaft  an  sich  zu  lösen. 
Daher  veräußerten  sie  den  neunten  Teil,  welchen  sie  daran 
besaßen,  und  im  Jahre  1485  übergab  der  Pfalzgraf  Ludwig, 
der  Sohn  und  Erbe  jenes  Stefan,  dem  Hans  Rudolf  von 
Endingen  frei  das  Recht,  dieselbe  einzulösen.  Dieser  war 
zunächst  willens,  nur  einen  neunten  Teil  an  sich  zu  lösen 
und  suchte  dazu  die  Zustimmung  Kaiser  Friedrichs  III. 
nach,    welche    ihm    am    24.    Januar    1487    erteilt    wurde. 


^)  Auszug  der  darüber  ausgestellten  Urkunde  in  der  (S.  82, 
Anm.  2)  genannten  Zusammenstellung. 

-)  So  vereinbarte  er  mit  den  Erben  des  Heinrichs  von 
Nülnheim,  welche  eine  Rente  auf  Narlenheim,  Kirchheim  und 
Nordheim  hatten,  daß  diese  von  nun  an  nur  noch  65  Pfd.  betragen 
solle.  Außerdem  wird  ein  Vertrag  mit  einigen  nicht  genannten 
Straßburgern  erwähnt  wegen  einer  Rente  von  230  Pfd.,  die  von 
den  Einkünften  aus  Romansweiler,  Koßweiler  und  Danne  fiel 

6* 


84      — 


85 


Zugleich  sanktionierte  Friedrich  die  Übertragung  des 
Losungsrechtes  vom  Jahre  1485,  erkannte,  anscheinend 
aus  Unkenntnis  der  Sachlage,  den  Vertrag  von  1442 
somit  an  und  verzichtete  auf  die  Pläne  Sigmunds,  die 
sechs  Dörfer  dem   Reiche  zu  unterstellen'). 

Aber  auch  Hans  Rudolf  von  Endingen  gelang  es 
nicht,  einen  neunten  Teil,  viel  weniger  die  ganze  Pfandschaft 
an  sich  zu  lösen,  dagegen  verkaufte  er  am  5.  |uli  1491  der 
Stadt  Straßburg  für  55  Goldgulden  sein  Losungsrecht  und 
außerdem  seinen  Anteil  an  der  Burg  in  Marlenheim, 
welchen  er  anscheinend  auch  von  dem  Pfalzgrafen  Ludwig 
erhalten  hatte'-). 

Erst  die  Stadt  erreichte  nun ,  was  alle  anderen  nicht 
fertig  gebracht  hatten.  Schon  an  demselben  Tage  erwarb 
der  Rat,  anscheinend  im  Zusammenhang  mit  dem  Ankauf 
des  Losungsrechtes,  von  dem  Altammeister  Marx  Körnlein 
dessen  halben  Teil  an  dem  dritten  Teil  an  der  Burg  zu 
Narlenheim  und  das  Vorgebot  für  einen  neunten  Teil, 
welchen  Körnlein  an  den  sechs  Dörfern  besaß').  Diesen 
Anteil  hat  die  Stadt  auch  später  gekauft,  wenngleich  es 
an  direkten  Nachrichten  darüber  fehlt.  Das  Meuntel  aber 
ist  zweifellos  dasjenige  des  Grafen  )ohann  von  Leiningen, 
welches  der  Pfalzgraf  Stefan  1431  erworben  hatte.  Wir 
wissen  nicht,  an  wen  es  die  Pfälzer  veräußerten.  Körnlein 
hatte  seine  Anrechte  an  der  Pfandschaft  am  25.  August 
1480  von  dem  Grafen  Eberhard  von  Württemberg  für 
900   fl    gekauft'),     und    nach    Schöpflin    hatte    Ulrich   von 

^)  Vidimus  aus  derselben  Zeit,  Str.  Stadt-A  ,  V.  C.  G.  A  37 
Nr.  81.  Die  Urkunde  spricht  von  der  ,,loßung  und  gerechtigkcit 
des  dorfs  Marie  mit  seinen  rechten,  nutzungen  und  zu- 
gehörungen  ....  mit  sambt  dem  burgstadl  zu  Marie,  mit  seinem 
begriff  und  aller  zugehörung.'*  Chmel,  Regesta  Friderici  111. 
Nr.  7915  gibt  ein  Regest  der  Urkunde,  spricht  aber  nur  von  dem 
Dorf  Marlenheim,  obwohl  die  sechs  Dörfer  damit  gemeint  sind. 

'^)  Auszug  wie  S.  79,  Anm.  1. 

•*)  Ebenda. 


Württemberg  seine  Anrechte  von  Hofwarth  von  Kirchheim 
im  )ahre   1468  erworben^). 

Nominell  waren  die  Ochsensteiner  und  Geroldsecker 
freilich  immer  noch  im  Besitze  je  einer  Hälfte  der  Pfand- 
schaft Marlenheim,  von  tatsächlichen  Rechten  aber  muß 
ihnen  nur  noch  ein  kleiner  Teil  zugestanden  haben,  wäh- 
rend der  größere  Teil  anderweitig  verpfändet  war.  Diese 
Zustände  waren  für  die  Dörfer  selbst  keineswegs  von 
Nutzen,  und  sie  konnten  es  daher  nur  begrüßen,  daß  am 
8.  Januar  1498  die  Stadt  Straßburg  die  Hälfte  des  An- 
teiles der  Ochsensteiner  von  dem  Grafen  Heinrich  von 
Zweibrücken  und  Herrn  zu  Bitsch  und  Ochsenstein, 
welcher  damals  im  Besitze  desselben  war,  ankaufte.  Der 
Kaufpreis,  welcher  nach  dem  Vertrag  von  1442  nur 
1000  f!  betragen  sollte,  war  jedoch  1350  fl,  und  die 
Stadt  erwarb  zugleich  das  Vorkaufsrecht  für  die  andere 
Hälfte  des  Ochsensteiner  Anteiles-). 

in  den  Kauf  waren  noch  einbegriffen  ein  Viertel  von 
dem  kleinen  Dorf  Münchhofen  und  das  halbe  Krontal, 
welches  nur  grundherrlicher  Besitz  war.  Auf  dem  Krontal 
ruhte  eine  Rente  von  4  fl,  welche  die  Stadt  auch  einlösen 
konnte. 

Die     zweite    Hälfte     des     Ochsensteinischen     Anteils 


1)  Als.  illustr.  tom.  II.,  S.  212.  Hofwarthus  eam  Ulrico, 
comiti  Wirtenbergensi,  Anno  1468,  Eberhardus,  Ulrici  filius, 
Marco  Kerlingio vendiderunt 

-)  Auf  dem  von  der  Stadt  erworbenen  Teil  stand  eine 
Rente  des  Grafen  Philipp  von  Hanau,  des  Vetters  des  oben- 
genannten Heinrich,  und  eine  von  6  fl  der  Clymmin,  einer  Straß- 
burger Bürgerin,  welche  aus  der  Kaufssumme  mit  600  fl  bezw. 
112  fl  von  Graf  Heinrich  eingelöst  wurden,  außerdem  noch 
5  fl,  welche  Peter  Völtsche  auf  Romansweiler  hatte,  und  die 
mit  100  fl  einzulösen  waren.  Heinrich  versprach,  die  Rente 
von  5  fl  von  dem  ihm  verbleibenden  Anteil  zu  zahlen,  wenn 
sie  aber  die  Stadt  dem  Völtschen  abkaufen  wolle,  dann  sollte  er 
sie  der  Stadt  zahlen. 


—     86     — 

verkaufte  am  9.  Harz  1508  Heinrichs  Sohn  Georg,  Graf 
von  Zvveibrückcn  und  Herr  von  Bitsch  und  Ochsenstein, 
der  Stadt  Straßburg  für  1400  fl.  Auch  in  diesem  Kauf 
war  ein  Viertel  von  Münchhofen  und  die  zweite  Hälfte  des 
Krontales  einbegriffen.  Die  Stadt  erhielt  außerdem  noch 
das  Recht,  alle  weiteren  auf  dem  ochsensteinischen  Teil 
der  Dörfer  lastenden  Verpfändungen  für  sich  einzulösen. 
Wir  wissen  nicht,  welche  Verpfändungen  allmählich  die 
Stadt  noch  ankaufte,  jedoch  entwickelten  sich  die  Verhält- 
nisse so,  daß  sie  fünf  Neuntel  von  den  7  Dörfern  im  An- 
fang des  16.  Jahrhunderts  besaß,  während  der  gerolds- 
eckische  Anteil  nur  vier  rieuntel  betrug.  In  diesem  Maß- 
stabe wurden  alle  Einkünfte  aus  dem  Amte  zwischen  der 
Stadt  und  dem  Bischof  geteilt,  welcher  damals  den  Gerolds- 
ecker Anteil  innehatte  und  anscheinend  auch  alle  darauf 
ruhenden  früheren  Verpfändungen  eingelöst  hat. 

So  kam  es  denn,  daß  der  Rat  schließlich  glaubte,  daß  er 
von  den  Leiningern  eigentlich  ein  Neuntel,  von  den  Ochsen- 
steinern aber  vier  Neuntel  erworben  hätte,  wie  sich  aus 
dem  Konzept  einer  wahrscheinlich  nicht  ausgestellten  Ur- 
kunde ergibt,  welches  im  Jahre  1539  in  Straßburg  ent- 
standen ist,  und  worin  Kaiser  Karl  V.  der  Stadt  den  Besitz 
der  fünf  Neuntel  bestätigen  und  zugleich  versprechen  sollte, 
daß,  wenn  der  Rat  auch  noch  die  vier  'letzten  Neuntel  an 
sich  bringen  würde,  er  oder  seine  Nachkommen  die  ganze 
Pfandschaft  nicht  eher  an  sich  lösen  würden,  als  bis  sie 
dieselbe  bei  dem  Reiche  zu  behalten  gedächten'). 


^)  „darauf  dann  unsere  und  des  Reichs  lieben  getrcwen 
Maister  und  Radt  derselben  Stadt  Str.  vor  etlichen  jaren  Funf- 
thail  an  den  Neunthailen  obberurter  Pfandschaft  von  den  herr- 
Schäften  Ochsenstein  Bitsch  und  allten  Leiningen  an  sich  er- 
lößt  und  jetzo  in  willens  sein,  die  andern  Vierthail  sollicher  Pfandt- 
schafft,  so  von  der  herrschaft  Geroldseck  harruren,  auch  an  sich 
zu  ledigen  und  allso  die  Pfandtschafft  den  Undcrthanen  zugut 
in   ain    band    zusammen    zu    pringen."     Das    Konzept    ist   ohne 


87      — 


Die  Geroldsecker  Hälfte  von  der  Pfandschaft  Marlen- 
heim verpfändete  am  6.  September  1452  Georg  von  Hohen- 
geroldseck  mit  Wissen  und  Willen  seines  Bruders  Diebold 
dem  Bischof  Ruprecht  von  Straßburg  für  2000  fl.,  welcher 
sie  am  26.  Juni  1455  dem  Eberhard  Hofwarth  von  Kirch- 
heim aus  Anerkennung  für  seine  treuen  Dienste  übertrug. 
Aber  im  )ahre  1480  muß  sie  wieder  mit  dem  Bistum  ver- 
einigt gewesen  sein,  da  am  14.  Juni  dieses  Jahres  der 
Bischof  und  die  Grafen  von  Zweibrücken-Bitsch-Ochsen- 
stein  dem  Marx  Körnlein  eine  Rente  von  65  Pfd.  für  2900  fl. 
verkauften. 

Obwohl  der  Pfalzgraf  Ludwig  im  Jahre  1485  auf  alle 
Anrechte  an  Marlenheim  verzichtet  hatte,  erneuerte  der 
Pfalzgraf  Ruprecht  im  Jahre  1536  den  Anspruch  doch  wieder 
und  teilte  am  4.  Juli  dem  Bischof  Wilhelm  II.  von  Straßburg 
mit,  daß  er  seine  Hälfte  an  der  Pfandschaft  nunmehr  ein- 
zulösen gedenke^).  Es  entspann  sich  nun  zwischen  beiden 
ein  langer  Streit,  welcher  erst  im  Jahre  1539  seinen  Ab- 
schluß fand.  Damals  verzichtete  Ludwig  von  Eschau,  der 
Hofmeister  der  Pfalzgräfin  Elisabeth,  Gräfin  zu  Veldenz  und 
Landgräfin  zu  Hessen,  der  Witwe  Ruprechts,  welchem  das 
Lösungsrecht  inzwischen  übertragen  worden  war,  auf  die 
Lösung  dieses  Teiles  der  Pfandschaft  gegen  Entschädigung 
mit  anderen  strittigen  Dörfern  im  Elsaß.  Am  21.  April 
machten  Ludwig  von  Eschau  und  der  Vitztum  im  Namen 
des  Bischofs  diese  Richtung  bekannt.  Damals  wollte  also 
die  Stradt  Straßburg  das  ihr  jetzt  unbestritten  zustehende 
Losungsrecht  vom  Kaiser  noch  einmal  bestätigt  haben,  wie 
bereits  erwähnt  wurde. 

Wichtig   für   die  Stadt   war  auch  der  Erwerb  des  so- 


Datum,  dieses  ergibt  sich  jedoch  aus  dem  S.  79  Anm.  1  ange- 
führten Bericht.  Auch  die  daselbst  angeführten  Urkundenaus- 
züßc  aus  den  Urkunden  von  1498  und  1508  sprechen  irrtümlich 
von  ^y.j  der  Pfandschaft,  welche  Straßburg  damals  erworben  habe. 
0  Kopie,  Bez.-A.  G  1369 


—      SS      — 

genannten  Stndelhofes  in  rinrlenheim,  besonders  wegen  der 
damit  verbundenen  grundherrliciien  Rechte.  Es  war  dieses 
ein  großer  Dinghof,  zu  dem  auch  ein  Wald,  Odenwald  ge- 
nannt, gehörte.  Der  Dinghof  war  Allod  des  Nonnenklosters 
Andlau.  Am  15.  Närz  1310  hat  ihn  die  Äbtissin  dieses 
Klosters,  Frau  Kunigund  von  Steinach,  der  Stadt  Straßburg 
für  500  fl.  verpfändet,  nachdem  sie  ihn  kurz  vorher  vom 
Kloster  Haßbach  eingelöst  hatte,  dem  er  für  4105fl.  ver- 
pfändet war.  Von  da  ab  blieb  er  beständig  im  Pfandbesitz 
der  Stadt,  bis  sie  ihn  am  7.  April  1581  cum  consensu 
episcopi  als  Allod  von  dem  Kloster  kaufte. 

Zusammen  mit  dem  Stadelhof  erwarb  Straßburg  auch 
Odratzheim,  ein  kleines  Dorf  bei  Marlenheim.  Es  war 
nämlich  der  Keller  des  Stadelhofes,  ein  Wirtschaftsbeamter, 
nach  altem  Brauch  zugleich  auch  Oberschultheiß  von 
Odratzheim.  Da  dieser  von  der  Herrschaft  des  Hofes  ein- 
gesetzt wurde,  hatte  sie  auch  die  Gerichtsbarkeit  über 
das  Dorf. 

10.  Obersicht   des  Straßburger  Territoriums  um  das 
Jahr  1500,  nach  Aemtern  geordnet^). 

1.  Die  Stadt  Benfeld  und  die  Burg  auf  dem  Kochersberg. 

2.  Ettenheim: 


Die  Stadt  Ettenheim 
Grafenhausen 
Kappel 
Ringsheim 

3.  Fürsteneck: 

Die  Burg  Fürsteneck 

Nonnenweier 
Niederhausen 


Adelhof 
Relchenweier 

Trisloch. 

Schuttcrwald 

[Allmannsweier 
Wittenweier 


:"  J 


^)  Vgl.  die  beigegebenc  Ucbersichtskarte. 


—     89 

4.  Herrenstein: 

Die  Burg  Herrenstein 
Dettweiler 
Dossenheim. 

5.  Kürnberg: 

Die  Burg    Kürnberg 
Die  Stadt  Kenzingen 
Die  Stadt  Herbolsheim 

6.  Illkirch: 

lllkirch 

Grafenstaden 

Illwickersheim 

Schiltigheim 

Adelshofen 


Bleichheim 
Bombach 
Tutschfelden 
Wagenstadt. 

Ittenheim 

Handschuhhelm 

Oberhausen 

Niederhausbergen 

Dorlisheim. 


7.  Wasselnheim: 

Wasselnheim,  Dorf  und 

Brechungen 

Ittelnhelm 

8.  Marlenheim: 

Marlenheim 
Kirchheim 
Nordheim 
Romansweiler 


Burg  Friedolsheim 
Zehnacker 
Flexburg. 

Koßweiler 
Danne 
riünchhofen 
Odratzheim. 


II.  Die  Verfassung  und  Verwaltung  des 

Territoriums. 

1.  Allgemeines. 

Rät  und  XXI  übten  als  oberste  Regierungsbehörde  der 
Stadtgenieinde  zugleich  auch  die  landesherrlichen  Rechte 
innerhalb  des  Territoriums  der  Freistadt  Strasburg  aus'j. 
Formell  freilich  galten  Heister  und  Rat  gemäß  den  alten 
Zuständen  als  solche.  Ihnen  leisteten  die  Untertanen  als 
„iren  zeitlichen  Herren  und  Oberkeit"  den  Eid,  und  noch 
in  der  neuen  Eidesformel,  welche  um  die  Mitte  des  16. 
Jahrhunderts  für  die  Untertanen  des  Amtes  Wasselnheim 
festgesetzt   wurde,    behielt  man  den  ursprünglichen  Passus 

^)  Über  die  Verfassung  der  Stadt  Straßburg  vgl.  Otto  Winckel- 
mann,  S.  493  ff.  und  S.  600  ff. 

Die  städtische  Verfassung  erreichte  ihren  Abschluß  mit  dem 
Schwörbrief  vom  jähre  1482.  Demnach  war  die  höchste  Behörde 
der  Stadt  der  Rat,  welcher  aber  bei  Fragen  der  Politik  und  Ver- 
waltung das  Kollegium  der  XXI  heranzog,  nur  als  Gericht  fun- 
gierten die  Ratsmitglieder  allein.  Das  aus  den  XXi  sich  er- 
gänzende Kollegium  der  XV  hatte  über  der  Aufrechterhaltung 
der  Gesetze  und  über  den  Beamten  zu  wachen.  Die  XII!  hatten 
das  gesamte  Kriegswesen  unter  sich  sowie  die  auswärtige  Politik, 
allerdings  mit  Anlehnung  an  Rat  und  XXI.  Der  erste  Bürger 
der  Stadt  und  der  Vertreter  der  Gemeinde  war  der  Ammeister, 
welcher  auf  ein  jähr  gewählt  wurde.  Die  4  adligen  Städtmeister 
standen  ihm  an  Bedeutung  nach.  Daneben  gab  es  für  die  Ver- 
waltung und  Rechtspflege  zahlreiche  Unterausschüsse.  Hier  sind 
vor  allem  zu  nennen  die  Dreier  auf  dem  Pfennigturm,  die  Finanz- 
beamten. 


91 


bei,    obwohl  damals  Meister  und  Rat  ihre  gebietende  Stel- 
lung längst  eingebüßt  hatten. 

Die  Stadtbürger  selbst  in  allen  ihren  Abstufungen^) 
übten  nicht  die  geringsten  Rechte  über  die  städtischen 
Untertanen  aus,  diese  standen  lediglich  F^ät  und  XXI  und 
den  von  ihnen  besonders  damit  beauftragten  Personen  zu. 
Die  einzigen  Vorrechte,  welche  die  Stadtbürger  als  solche 
im  Territorium  besaßen,  bestanden  darin,  daß  sie  in  den 
einzelnen  Gemeindebännen  Güter  erwerben  oder  sich  inner- 
halb derselben  auf  längere  Zeit  oder  für  immer  niederlassen 
durften,  ohne  wie  andere  gezwungen  zu  sein,  Bürger  dieser 
Gemeinde  zu  werden  und  Gemeindeabgaben  zu  zahlen. 
Sodann  konnten  zweifellos  Stadtbürger,  welche  sich  inner- 
halb eines  Gemeindebannes  eines  Frevels  schuldig  machten, 
nicht  bestraft  werden,  wenn  man  sie  auf  frischer  Tat  er- 
tappte, wie  das  bei  Nichtstadtbürgern  der  Fall  war. 

Das  Abhängigkeitsverhältnis  der  Landbewohner  von 
der  Stadt  wird  durch  die  Ausdrücke  „hindersassen",  „under- 
thanen",  „die  erbern  lüt",  „die  armen  lüt",  z.B.  auch  „die  von 
Marlenheim''  bezeichnet.  Im  16.  Jahrhundert  wird  Unter- 
tanen immer  mehr  gebräuchlich.  An  einer  Stelle  werden 
die  Stadtbürger  gegenüber  den  Untertanen  Großbürger  ge- 
nannt. Zu  Anfang  des  16.  Jahrhunderts  nämlich  waren 
zwei  Untertanen  aus  Wasselnheim  nach  Straßburg  gezogen 
und  hatten  hier  das  Bürgerrecht  erworben,  behielten  aber 
ihre  Eigengüter  im  Banne  von  Wasselnheim  bei,  ohne  der 
Gemeinde  dafür  Abgaben  zu  zahlen.  Als  diese  sich  nun 
bei  der  Stadt  beschwerte,  wurde  ihr  beschieden,  daß  sie 
als  Großbürger  nicht  dazu  verpflichtet  seien. 


0  Nan  unterschied  Klein-  oder  Schultheißenbürger  und 
Vollbürger.  Die  ersteren  hatten  keine  politischen  Rechte.  Der 
Stadtadel  oder  die  Konstofler  gliederten  sich  in  2  Konstofeln, 
örtliche  Bezirke,  die  eigentlichen  Bürger  teilten  sich  in  20  Zünfte- 
Wichtig  waren  auch  die  Ausbürger,  welche  jedoch  im  15.  Jahr- 
hundert immer  seltener  wurden. 


—     92 


93       - 


Leibeigenschaft  und  Hörigkeit  waren  im  Territorium 
der  Stadt  Straßburg  genau  so  verbreitet  wie  in  jedem 
andern  elsässischen  Landgebiet.  Ebenso  lassen  sich  über- 
all besonders  aber  in  den  4  Städten,  welche  zu  Straßburg 
gehörten,  freie  Leute  nachweisen.  Zählten  die  einzelnen 
Gemeinden  auch  Adelige  zu  ihren  Mitbürgern,  so  waren 
auch  diese  Untertanen  der  Stadt  Straßburg.  Diese  Letzteren 
lassen  sich  mit  Bestimmtheit  nur  in  Benfeld  und  Kenzingen 
nachweisen^). 

Alle  diese  Leute  standen  zu  Straßburg  in  demselben 
Untertanenverhältnis  und  leisteten  denselben  Eid.  Eigenleute, 
welche  nicht  die  Stadt,  sondern  einen  fremden  Herrn  zum 
Leibherrn  hatten,  konnten  auch  ihren  Gerichtsstand  vor 
diesem  nehmen.  Es  läßt  sich  jedoch  nicht  nachweisen,  daß 
die  Stadtbehörde  auch  die  Politik  verfolgte,  ihre  Untertanen 
von  fremder  Leibeigenschaft  zu  lösen  und  der  eigenen  zu 
unterwerfen,  und  noch  viel  weniger,  daß  sie  beabsichtigte, 
alle  ihre  Untertanen  auch  zu  Eigenleuten  zu  machen-). 
Dagegen  ist  ein  Schwinden  der  Leibeigenschaft  nicht  zu 
verkennen').  Ein  Weistum  von  Wasselnheim  aus  dem 
)ahre  1529  berichtet:  ,,Ein  Bannherr  soll  auch  kein  aigen 
Mann  da  haben,    er  sey    dann  von    dem  Galgen    erlößet." 

Auch  die  Grundhörigkeit  hatte  bereits  mildere  Formen  an- 
genommen 0.  Die  einzelnen  Grundstücke  der  großen  städtischen 
Dinghöfe  waren  auf  Zeit,  gewöhnlich  auf  9  oder  18  jähre 
an    die    Hörigen    verpachtet.      Dabei    machte    die    Über- 


1)  Am  30.  Juli  1466  schrieb  Kenzingen  an  Straßburg:  Ein 
Bürger  von  Kenzingen  will  den  Eid  nicht  leisten,  „als  doch  ander 
Edel  und  unedel  zu  Kentzingen  tun  müssen".  Als  die  Kenzinger 
ihm  geboten,  zu  schwören  oder  seine  Freibriefe  zu  zeigen, 
weigerte  er  sich.     Sie  fragen  daher  an,  was  sie  tun  sollen- 

^)  Theodor  Knapp,  gesammelte  Beiträge  zur  Rechts-  und 
Wirtschaftsgeschichte,  Tübingen  1902,  S-  34—37. 

^)  Fritz  Kiener,  Zur  Vorgeschichte  des  Bauernkrieges  am 
Oberrhein,  Z.  G-  0-  N.  F.  19,  S.  482  ff. 

0  Ebenda,  S-  485. 


bcvölkerung  sich  unangenehm  fühlbar.  So  war  der  Ding- 
hof in  Schiltigheim  von  altersher  in  eine  Reihe  „Hüben" 
geteilt,  welche  30  —  40  Acker  groß  waren  und  ursprünglich 
von  je  einem  Hörigen  in  Erbpacht  bebaut  wurden,  im 
Anfang  des  16.  Jahrhunderts  teilten  sich  in  eine  solche 
Hube  2—10  Hörige,  von  welchen  jedoch  jeder  Grund- 
stücke in  Pacht  haben  konnte,  welche  verschiedenen  Hüben 
angehörten.  Alle  Huber  traten  jährlich  ein-  oder  mehrere 
mal  zu  besonderen  Versammlungen,  Dinghofgerichten,  zu- 
sammen, um  dem  „Maier"  als  Vertreter  der  Herrschaft  die 
Zinsen  zu  entrichten.  Da  Michteinhaltung  der  Termine 
den  Verlust  des  gepachteten  Gutes  zur  Folge  haben  konnte, 
war  die  Lage  der  Hörigen  eine  sehr  schlechte. 

Der  untertänige  Adel,  sofern  er  in  den  befestigten 
Städten  saß,  hatte  den  daselbst  herrschenden  Burgfrieden 
zu  beschwören^). 

Für  das  im  Elsaß  fast  allgemein  geltende  Recht 
der  Freizügigkeit  -)  gibt  das  bereits  erwähnte  Weistum  vom 
jähre  1529  einen  merkwürdigen  Beleg:  ,,Wir  sprechen 
unnd  erkhennen  auch,  das  Waßlenheim  unnd  Brechungen, 
die  zwey  dörffer,  haben  iren  freyen  zuck,  unnd  were  es, 
das  einer  oder  mehr  von  dannen  hienweg  wollen  ziehen, 
sye  weren  reich  oder  arm,  so  mag  in  nymandt  behaltten. 
Besunnder  begnet  (!)  ime  sein  altter  unnd  junger  falschherr, 
der  sein  aigen  halßherr  ist''),  unnd  were  er  gesteckt  unnd 
seße   der   herr   auff   seinem    pferde,    so   soll    der    herr   ab 


1)  Str.  Stadt-A.  V.  C.  G-  B  7.  Protokoll  einer  Sitzung  der 
Landherren  1513/14:  „item  der  vogt  zu  Benfeld  zeigt  an,  wie  das 
Hans  Walter  von  Utenheim  sich  gewidert,  den  burgfrieden 
zu  Benfeld,  den  die  Edeln,  so  do  gesessen,  haben  swören 
müssen  zu  leisten,  und  gesagt,  es  het  Ine  Jacob  Boumgarten  by 
dem  Eyde,  den  er  Jörge  Beg  •  .  (?  verwischt),  bißhar  blyben 
lassen;   ist  erkandt,  das  er  swören  soll." 

2)  Winckelmann,  S.  511. 

•^)  Dieser  Relativsatz  bezieht  sich  anf  das  Objekt  des  vor- 
hergehenden Satzes- 


Q4     — 


-     95 


seinem  pferdt  stön,  iinnd  imc  hclffen  schnitten  an  dem 
wagen  oder  an  dem  karche,  das  er  seinen  freyen 
zuck  möge  gethon  an  die  ende,  da  er  dann  hien  will 
ziehen." 

Die  Gemeinden  des  vStraßburger  Territoriums  waren 
Dorfgemeinden  mit  Ausnahme  von  Benfeld,  Cttenheim , 
Kenzingen,  Herboisheim  und  Lichtenau,  welche  vStadtver- 
fassung  hatten').  Diese  besaßen  sie  bereits  zu  der  Zeit, 
als  sie  in  den  Besitz  der  Stadt  Straßburg  kamen.  Von 
sechs  Dörfern  bildeten  je  zwei  eine  Gemeinde,  nämlich 
lllkirch  und  Grafenstaden,  Schiltigheim  und  Adelshofen, 
Wasselnheim  und  Brechungen,  in  der  Weise,  daß  die  aus 
Angehörigen  beider  Dörfer  gewählten  Beamten  jene  zu- 
sammen verwalteten. 

Die  Gemeindebürger  waren  vollberechtigte  Mitglieder 
der  Gemeinde,  sie  waren  stimmberechtigt,  nahmen  nach 
den  jeweiligen  Bestimmungen  an  den  Nutzungen  teil,  welche 
die  Gemeinde  für  sich  erworben  hatte,  und  trugen  umge- 
kehrt zu  den  Gemeindesteuern  und  Leistungen  z.  B.  Bede, 
Schätzung,   Frohndiensten   usw.  bei-). 

Zur  Aufnahme  in  das  Bürgerrecht  einer  Gemeinde  war 
die  Zustimmung  der  Stadt  erforderlich.  In  der  ersten  Zeit 
der  städtischen  Herrschaft  kam  es  bisweilen  vor,  daß 
Schultheiß  und  Gericht  einer  Gemeinde  selbständig  Zuge- 
wanderte in  ihren  Gemeindeverband  aufnahmen.  Dagegen 
schritten  die  Rät  und  XXI  ein.  Um  das  Jahr  1500  wu'i^de 
festgesetzt,  daß  in  Benfeld  neue  Bürger  nur  mit  Zustimmung 
des  Vogtes  aufgenommen  werden  konnten;  bald  darauf 
wurde  auch  für  das  Amt  lllkirch  durch  einen  undatierten 
Beschluß  von  Rät  und  XXI  aus  der  ersten  Hälfte  des  16.  . 
Jahrhunderts,    der    den  Titel    trägt:    „Constitution    und    Er- 

^)  L570   wird  Narlenheim    ein    Flecken    .genannt,    auch    für 
Wasselnheim  kann  diese  [3ezeichnun«  festgestellt  werden.     Str 
Stadt'A.  V.  C.  G.  A  40  Nr.  8S. 

-)  Vgl.  Knapp,  S.  38-43. 


kandtnuß,    daß    der  amptmann    die   burger    und  würth  soll 
annemen/'^)  eine  entsprechende  Bestimmung  getroffen. 

Dagegen  scheint  man  wieder  in  anderen  Dörfern  die 
Gemeindebehörde  bei  ihrem  Recht  gelassen  zu  haben, 
sofern  gegen  die  neu  Hinzugewanderten  nichts  Nachteiliges 
vorlag.  Für  das  Dorf  Dettweiler  ist  diese  Art  der  Auf- 
nahme für  das  Jahr  1552  bezeugt"). 

In  zweifelhaften  Fällen  wandte  sich  der  Vogt  bei  der 
Neuaufnahme  von  Untertanen  an  die  Rät  und  XXI  % 

Es  läßt  sich  nicht  mit  Sicherheit  feststellen,  wie  es 
in  Kenzingen  bei  der  Neuaufnahme  gehalten  wurde.  Aber 
der  Umstand,  daß  1514  eine  vom  Rat  zu  Kenzingen    aus  der 


^)  Str.  Stadt-A.  V.  C  G.  A  30  Nr.  66.  Constitution  und  Er- 
kandtnuß,  dafs  .  .  .  :  unsere  herren  Meister  und  Rhatt  und  die 
XXI  haben  erkandt,  daß  hinfürtter  in  keiner  gemeindt  oder 
eigenem  dorff,  in  die  vogtei  lllkirch  gehörig,  weder  Schultheiß 
noch  gericht,  keine  burger  nicht  sollen  für  sich  Selbsten  an- 
nemen,  sondern  wo  jemandt  für  gericht  kompt  und  begehrt 
burger  zu  werden,  und  an  dem  ohrt  nutzlichen  und  annehm- 
lichen were,  der  soll  sampt  einem  gerichtsman  für  den  ampt- 
man  geschickt  werden;  findt  sich  dan,  daß  er  einer  gemein 
dienstlich  und  ein  guht  manrecht  und  abscheidt  hette,  auch 
sonsten  in  religion,  leben  und  wandel  ohnergerlich  were,  der 
soll  alß  dan  durch  den  amptman  nach  gelegenheiten  ange- 
nommen und  bestettiget  werden,  der  ihnen  auch  nach  verleßung 
des  burger  eideß  den  eidt  Stäben  soll- 

-)  1552  schreibt  der  Schultheiß  von  Dettweiler  an  die  Stadt: 
Ein  Zugewanderter  kann  sich  nicht  genügend  ausweisen,  „und 
nachdem  ich  ine  befragt,  wie  die  sach  ein  gestalt  umb  ine  und 
sin  mitgebrachte  frawe  hette,  und  wie  es  mir  für  keme,  denn 
ob  dem  also  were,  dorfft  ich  ine  nit  zu  burger  annemen  one 
vorwissen  und  E.  G-  günung.*'     Str.  Stadt-A.  V.  C-  G.  K  30. 

•^)  1513  sind  in  Bleichheim  Erzarbeiter  zugewandert  und 
wollten  sich  daselbst  niederlassen.  Obwohl  der  Vogt  erfahren 
hatte,  daß  die  Leute  weder  leibeigen  noch  grundhold  waren, 
nahm  er  sie  nicht  als  Bürger  an,  sondern  wandte  sich  deswegen 
nach  Straßburg. 


—      Q6     — 

Stadt  verwiesene  Frau  auf  Geheiß  von  Straßbur^  auf  einige 
Zeit  wieder  dahin  zurücki^ehrte,  läßt  erkennen,  daß  Rät 
und  XXI  ein  gewisser  Einfluß  auf  die  Zusammensetzung 
der  Bürgerschaft  von  Kenzingen  zugestanden  hat. 

Waren  Dörfer  verschiedenen  Herren  untertänig,  so 
mußten  alle  bei  der  Aufnahme  befragt  werden,  in  geteilten 
Dörfern  war  diese  Zustimmung  nicht  nötig.  \n  Ettenheim, 
wo  dem  Bischof  von  Straßburg  noch  gewisse  Rechte  ver- 
blieben sein  müssen,  bestand  zwischen  beiden  Herrschaften 
ein  Vertrag,  wonach  fremden  Personen  das  Recht  zustand, 
zwischen  beiden  Herren  bei  der  Bewerbung  ums  Bürger- 
recht zu  wählen.  War  der  Zugewanderte  bereits  Unter- 
tan der  Stadt  oder   des  Bischofs,    so    sollte    er   sich  auch 

hinter    dem    städtischen    oder    bischöflichen    Teile    nieder- 
lassen. 

Nachdem  das  Gesuch  um  Aufnahme  in  den  Gemeinde- 
verband genehmigt  war,  nahm  der  Vogt  dem  Neubürger 
den  Eid  ab  und  trug  ihn  in  die  Bürgerlisten,  die  er  zu 
führen  hatte,  ein.  jetzt  erst  war  er  ein  steuerpflichtiges 
Mitglied  der  Gemeinde.  In  Wasselnheim  kam  es  im  An- 
fang des  16.  Jahrhunderts  vor,  daß  sich  Fremde  im  Dorf 
niederließen,  ohne  sich  um  das  Bürgerrecht  zu  bewerben, 
um  dadurch  der  Verpflichtung,  Gemeindeabgaben  zu  zahlen,' 
aus  dem  Wege  zu  gehen. 

Die  Stadt  war  nicht  rigoros  bei  der  Aufnahme  ihrer 
Untertanen,  und  die  Zugewanderten  konnten  von  einer 
Gunst  sprechen,  wenn  ihnen  erlaubt  wurde,  sich  innerhalb 
des  Territoriums  niederzulassen,  da  dessen  Verwaltung  und 
Verfassung  gerühmt  wurde.  Die  Untertanensöhne  legten 
der  Stadt  mit  vollendetem  achtzehnten  Lebensjahr  zum 
ersten  mal  den  Eid  ab  und  wurden  damit  Bürger  ihrer 
Gemeinde. 

Alle  Untertanen  hatten  jährlich  auf  dem  von  dem 
Vogt  abgehaltenen  Vogtgericht  den  Eid  zu  leisten.  Die 
Eidesformel   war   in   allen    Dörfern   fast   dieselbe.      Im  Amt 


—     97 


Wasselnheim    wurde    um    die   Mitte    des    16.    Jahrhunderts 
eine  neue  Form  eingeführt^). 

Für  die  Aufnahme  eines  Bürgers  wurde  eine  Gebühr 
erhoben,  „burgelt"  oder  ,,burgschilling"  genannt;  ob  sie  der 
Gemeinde-  oder  Stadtskasse  ganz  oder  geteilt  zufloß,  ist 
ungewiß.  Sie  wird  nicht  überall  erwähnt,  ist  jedoch  wahr- 
scheinlich für  alle  Dörfer  anzunehmen-).  In  Wasselnheim 
zahlte  der  Bürgersohn  10  Schilling,  der  Fremde  dagegen 
30 ,  in  Nonnenweier  wurde  ein  Schilling  entrichtet  und  in 
Allmannsweier  und  Wittenweier  im  17.  Jahrhundert  4'^). 
In  der  bereits  erwähnten  ,, Konstitution  und  Erkandtnuß,  daß 
der  amptmann  die  burger  und  würth  soll  annemen"  wird  be- 
stimmt, daß  im  Amt  Illkirch  der  Bürgersohn  30  Schilling 
und  der  Fremde  6  Pfd.  zahlen  soll^).  Wenn  dieser  aber 
sich  in  ein  Dorf  verheiratet,  braucht  er  nur  3  Pfd.  zu 
geben.  Das  Geld  wurde  von  den  Gemeinderechnern  ein- 
gesammelt und  zur  Hälfte  an  die  Stadtkasse  abgeführt,  die 


^)  „Die  gemeind  zu  Marie  sollent  sweren  dis  nochgeschriben : 
alle  die  von  Narle,  Kircheim,  Northeim,  Romoltzwiler,  Coßwiler, 
Than  und  Munchhofen,  so  manspersonen  und  opferbar  sint  [opfer 
bar  durchgestrichen,  dafür:  und  zu  ihren  mannbaren  jaren  kom- 
men], sollent  als  gemeyn  und  ungeteilte  lute  sweren  zu  got  und 
den  heiligen  mit  uff  gehapten  handen  und  gelerten  wordten, 
Meister  und  rat  der  stat  Straßburg  als  iren  zitlichen  herren  zu 
irem  teyl  und  gerechtigkeit  getreue  und  hold  zu  seyn,  ire  ere, 
nutze  und  frommen  zu  furdern  und  zu  wenden,  so  ferr  sie  kön- 
nent  oder  mögent,  auch  allen  iren  geholten  und  verbotten  ge- 
horsam nnd  gewärtig  zu  sin  und  alles  das  zu  thun,  das  getreue 
unterthanen  iren  herren  und  obern  schuldig  und  verbunden  sint 
on  alle   gewerde."     ohne   datum.  1.  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts. 

-)  Der  Brauch  in  den  4  Städten  ist  nicht  überliefert. 

^)  Diese  4,>  bekam  der  Amtmann  „loco  salarii". 

*)  Im  Amt  Illkirch  verlangte  der  Vogt  in  einem  Gesuch: 
„Supplement  Hans  Jörg  Rixingers  vogt  zu  Illkirch  umb  Verbesserung 
siner  bestallung,"  daß  ihm  von  jedem  neuen  Bürger  7p'  gezahlt, 
würden,  ebensovil  von  jedem  abgehenden.  Wahrscheinlich 
wurde  das  Gesuch  nicht  bewilligt.   2.  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts. 

7 


—     98     — 

andere  Hälfte  verblieb  der  Gemeinde.  Das  Bürgerrecht  ging 
verloren  durch  freiwilligen  Verzicht  oder  durch  Absage  von 
Seiten  der  Herrschaft.  Die  Ausweisung  konnte  auf  Zeit 
oder  für  immer  erfolgen.  Wer  wegzog,  ohne  sich  abzu- 
melden, mußte  noch  weiter  Gemeindeabgaben  zahlen. 

Zu  den  eigentlichen  Bürgern  sind  die  sog.  Schirm- 
leute  oder  Ausbürger  nicht  zu  zählen.  Sie  werden  nur  in 
Wasselnheim,  Allmannsweier  und  Wittenweier  genannt  und 
sind  Fremde,  die  sich  auf  einige  Zeit  im  Dorfe  niederlassen 
aber  nicht  Bürger  werden  wollten.  Sie  waren  nicht  zur 
Zahlung  von  Gemeindesteuern  verpflichtet  und  daher  von 
den  Untertanen  nicht  gern  gesehen.  Zu  Anfang  des  16. 
Jahrhunderts  stellten  die  Wasselnheimer  daher  bei  einer 
Ratsbotschaft,  welche  das  Dorf  visitierte,  den  Antrag,  man 
solle  die  Schirmleute  nicht  zulassen ,  sondern  als  Bürger 
aufnehmen.  Aber  Rat  und  XXI  lehnten  dieses  Ansinnen 
ab^). 

Dagegen  zahlten  sie  dem  Vogt  in  Wasselnheim  viertel- 
jährlich ein  „Schirmgeld"  ,  welches  verschieden  hoch  war 
und  sich  anscheinend  nach  dem  Vermögen  richtete,  in 
Wittenweier  nahm  die  Stadt  jährlich  1  Viertel  6'V^  Maß 
„Schirmhafer"  ein  und  in  Allmannsweier  2  Fuder  Holz  oder 
1  Pfd.  10^;  das  Schirmgeld  floß  der  Stadt  allein  zu,  und 
der  Vogt  führte  eine  Liste  der  Schirmleute'). 


1)  gedenckend  mit  den  gerichten  zu  Wasselnheim:  item  so 
frembde  gon  W.  ziehen  ,  so  bliben  dieselben  neben  anderen 
kundbaren  burgern  und  hintersassen  on  dienstbarbeit  sytzen  und 
wonen,  und  der  gemeynd  nit  zu  steur  und  in  die  zai  kommen,  daß 
inen  zu  ununtz  reichet,  do  sy  billichen  dem  amptman  oder  vogt 
uberantwurt  wurden,  daß  er  den  gewenlichen  burger  eid  im'^e 
schwere,  domit  er  auch  wissen  trage  selbs,  wen  und  was  burger 
er  hett.  St.  Stadt-A.  V.  C  G.  B  7. 

-)  In  Nonnenweier  konnten  Fremde  einen  Nonat  wohnen, 
ohne  Bürger  zu  sein.  Längerer  Aufenthalt  war  nur  nach  er- 
langtem Bürgerrecht  gestattet.    Str.  Stadt-A.  Q.  U.  P.  L.  115  Nr-  9. 


—     99     — 

Auch  die  Anzahl  der  Bürger  ist  für  einzelne  Dörfer 
überliefert.  In  den  ersten  )ahren  der  Zugehörigkeit  zur 
Stadt  werden  gezählt:  in  lllkirch  7  Bauern,  11  Witwen, 
26  Fischer  und  42  Tagner,  in  lllwickersheim  18  Fischer, 
1 1  Tagner ,  2  Witwen  und  4  Bauern ,  in  Grafenstaden 
1 7  Fischer  und  1 0  andere,  vermutlich  Bauern  und  Tagner. 
1483  sind  in  Illkirch-Grafenstaden  9  Bauern  und  40  Fischer 
angegeben,  1576  dagegen  „über  20  Bauern  und  über  100 
Fischer",  davon  in  Grafenstaden  allein  6  Bauern. 

in  Wasselnheim  befanden  sich  im  Anfang  der  Zuge- 
hörigkeit 140  Bürger,  später  werden  176  Bürger  und  12 
Witwen  genannt ,  im  17.  Jahrhundert  in  Zehenacker  1 7 
Bürger  und  1  Witwe,  in  Friedolsheim  14  Bürger,  in  Flex- 
burg  38  Straßburgische  und  3  Landspergische,  in  Nonnen' 
weier  45,  in  Allmannsweier  24,  in  Wittenweier  29  und  in 
Niederhausen  39. 

2.  Die  landesherrliche  Verwaltung. 

in  der  von  uns  zu  behandelnden  Zeit  hatte  sich  die 
Landeshoheit  schon  vollkommen  ausgebildet^).  Demge- 
mäß wurden  auch  in  dem  Gebiet  der  Stadt  Straßburg  alle 
die  obrigkeitliche  Gerechtsame  betreffenden  Fragen  von  den 
Rät  und  XXI  als  der  obersten  Behörde  erledigt.  Trotzdem 
sind  uns  2  Fälle  bekannt,  bei  denen  bei  Streitigkeiten 
zwischen  Straßburg  und  ihren  Untertanen  fremde  Schieds- 
richter angerufen  wurden.  Um  das  )ahr  1450  kam  es 
wegen  des  Schultheißen  zu  Kenzingen,  der  die  Gefälle  der 
Rät  und  XXI  daselbst  einsammelte,  zwischen  Straßburg 
und  dieser  Stadt  zu  einem  Streit.  Bei  der  Jahresrechnung 
nämlich,  die  der  Schultheiß  in  Straßburg  ablegte,  stellte 
sich  heraus,  daß  er  die  Stadt  hintergangen  hatte,  und  da- 
für wurde  er  gefangen  gesetzt.  Gegen  die  Behandlung 
seines    Bürgers   beschwerte    sich    der   Rat   von    Kenzingen. 


1)  Schroeder,  S.  590,  591. 


7* 


—      100     — 

)ener  wurde  nun  gegen  Stellung  von  zwei  nahmhaften 
Bürgern  aus  seiner  Heimatstadt  freigelassen;  darauf  klagte 
Straßburg  bei  dem  Gericht  in  Kenzingen  auf  Herausgabe 
von  143  Pfd.  und  2000  fl  Entschädigung.  Aber  bevor 
der  Rechtstag  stattfand,  wurde  der  Schultheiß  flüchtig,  und 
Siraßburg  führte  infolgedessen  die  2  Bürger  gefangen  nach 
Kürnberg  und  nahm  ihr  Hab  und  Gut  in  Beschlag.  Nun  wandte 
sich  Kenzingen  an  den  Herzog  von  Österreich,  um  durch 
ihn  die  Freilassung  der  Bürger  zu  erwirken.  Nachdem  in- 
zwischen der  eine  gestorben  war,  verlangte  der  Landvogt 
von  Röteln  und  Sausenberg  im  Auftrage  seines  Herrn  die 
Auslieferung  des  anderen.  Aber  die  Sache  kam  erst  nach 
einer  Reihe  von  Verhandlungen  vor  dem  Markgrafen  von 
Baden  und  den  Städten  Preiburg  und   Basel  zum  Austrag'). 

ferner  hatte  die  Stadt  mit  den  Gemeinden  Marlenheim, 
Kirchheim  und  Nordheim  einen  Prozeß  wegen  Holzgerech- 
tigkeiten, welche  diese  im  Ödenwalde  zu  haben  glaubten. 
Nach  einigen  Verhandlungen,  welche  zu  keinem  Ergebnis 
führten,  einigten  sich  die  Parteien  im  |ahre  1514  dahin,  daß 
man  sich  gegebenenfalls  an  den  Landvogt  und  den  kaiser- 
lichen  Rat   zu  Hagenau    als    letzte    Instanz    wenden    wolle. 

Die  Geschäfte,  welche  den  Rät  und  XXI  aus  der 
Verwaltung  des  Territoriums  erwuchsen,  waren  mannig- 
facher Art.  Die  Erledigung  eines  Teiles  davon  war  zwar 
den  Vögten,  ihren  ständigen  Vertretern  in  den  Ämtern, 
überlassen,  jedoch  war  ihnen  selbst  noch  manches  vor- 
behalten. 

So  hatten  Rät  und  XXI  die  Vögte  zu  wählen,  ebenso 
wählten  sie  die  niederen  Dorfbeamten  oder  hatten  wenig- 
stens ihre  Wahl  zu  prüfen  und  zu  bestätigen,  sie  hatten 
über  die  Einführung  neuer  Ordnungen   und  Erlasse  für  das 

^)  Vgl.  Witte  Nr.  15Q1,  1601,  1602.  1608,  190Q,  1621,  1623. 
1627,  1639,  1643  (?);  aus  dem  Jahre  1440;  für  die  Darstellung 
vgl.  einen  Brief  der  Stadt  an  Markgraf  Wilhelm  vom  27.  Juni 
1450.     Str.  Stadt-A.  G. 'U-  P.  110  L  97. 


—      101       — 

Territorium  zu  beraten,  Inspektionsgesandte  in  die  Ämter 
zu  schicken,  vor  allem  aber  waren  sie  zuständig  für  alle 
Gesuche  um  Straferlaß,  und  in  manchen  Lallen  wurden 
Streitigkeiten  auch  in  erster  Instanz  von  ihnen  erledigt. 

Alle  diese  Obliegenheiten  vermehrten  sich  mit  der  Ver- 
größerung des  Territoriums  bedeutend.  Und  dazu  kam  noch 
ein  zweites.  Die  einzelnen  Dörfer  hatten  bis  zu  der  Zeit, 
da  die  Stadt  sie  erwarb,  den  verschiedensten  Herren  an- 
gehört und  dadurch  vielfach  eine  besondere  Entwickelung 
genommen,  welche  die  Verwaltung  durch  die  Stadt  er- 
schwerte. Sollten  aber  Stadt  und  Land  einander  näher 
gebracht  und  ein  gedeihliches  Fortentwickeln  angebahnt 
werden,  so  mußten  jene  Verschiedenheiten  möglichst  beseitigt 
werden    und    eine    einheitliche    Organisation   Platz  greifen. 

Bald  jedoch  mußten  Rät  und  XXI  erkennen,  daß  die 
Aufgabe,  welche  sie  sich  gestellt  hatten,  ihre  Kräfte  auf 
die  Dauer  überstieg,  sollten  nicht  die  städtischen  Ange- 
gelegenheiten infolge  der  intensiven  Beschäftigung  mit  dem 
Lande  vernachlässigt  werden.  Daher  entschloß  man  sich 
im  jähre  1513,  für  die  Landgeschäfte  eine  Zwischenbehörde 
zu  schaffen.  Freilich  war  man  sich  zunächst  noch  nicht 
klar  darüber,  welche  Stellung  man  derselben  geben  sollte, 
und  zweimal  machte  man  einen  Versuch,  ehe  man  die  Be- 
hörde dauernd  beibehalten  konnte. 

Gewöhnlich  wird  diese  Zwischenbehörde  mit  dem  Namen 
die  „Landherren"  bezeichnet'),  ohne  daß  ihr  ursprünglich  die 
Räte  und  XXI  diesen  Namen  beigelegt  hätten.  Weder  das 
Schriftstück  von  1513  noch  das  vom  jähre  1539,  welche 
die  Ordnungen  für  diese  Behörde  enthalten,  hat  diese  Be- 
zeichnung, das  letztere  gibt  ihr  sogar  eine  andere  Bezeichnung, 
nämlich  die  „Landpfleger"  2).     Dagegen  trägt  eine  Gerichts- 


^j  Winckelmann,  S.  608- 

2)  Die  Ordnung  bei  Eheberg  S-  551  trägt  die  Überschrift 
„Ordnung  der  Landherren,"  dagegen  eine  von  mir  im  Stadt- 
Archiv    (V.  C.  G.  A  30  Nr.  66)    aufgefundene    Abschrift    davon 


I 


—      102      — 

Ordnung  aus  dem  )ahre  155,3  die  Überschrift:  „Ordnung, 
wie  Landherren  durch  die  Unterthanen  sollen  besuchet  werden, " 
und  versteht  unter  dem  Namen  Landherren  sowohl  die 
obengenannten  Landpfleger  als  auch  die  Vögte  und  die 
Räte  und  XXV). 

Ich  finde,  daß  der  Name  Landherr  überhaupt  zum 
ersten  Mal  in  der  Gerichtsordnung  für  das  Amt  lllkirch 
vom  )ahre  1509  vorkommt.  Diese  bestimmte,  daß  in  den 
Dörfern  dieses  Amtes  jährlich  einmal  durch  den  Vogt,  einen 
Dreier  und  einen  Landherren  Ruggericht  abgehalten  werden 
solle.  Diese  Bestimmung  kehrt  in  der  Gerichtsordnung  für 
das  Amt  Wasselnheim  aus  dem  )ahre  1532  wieder,  zu 
einer  Zeit  also,  da  die  fragliche  Behörde  nicht  mehr  be- 
stand, sondern  aufgehoben  war.  Dieses  richterliche  Amt, 
dessen  Träger  qqu  Namen  Landherr  führte,  wurde  von 
einem  höheren  städtischen  Beamten  im  Nebenamte  ver- 
sehen. So  werden  z.  B.  im  )ahre  1554  der  Altammeister 
Hans  Hanauer  und  1557  der  Städtmeister  und  Bauherr 
Adolf  von  iMittelhus  als  Landherren  genannt,  sie  hielten 
damals  zusammen  mit  dem  Vogt  und  einem  Dreier  Ge- 
richtstag in  Illkich  ab"). 

Den  gleichen  Namen  nun,  den  diese  Rugerichter 
führten,  legte  sich  die  1513  geschaffene  Verwaltungsbehörde 
selbst  bei''),  und  als  sie  1539  neu  gebildet  wurde  und  die 

aus  der  Mitte  des  16.  Jahrhunderts  die:  „der  Landherren  Ordnung." 
Daraus  ergibt  sich,  daß  das  Original  wahrscheinlich  keine  Über- 
schrift hatte,  sondern  diese  von  den  beiden  Abschreibern  selb- 
ständig hinzugesetzt  wurde,  und  zwar  zu  einer  Zeit,  als  diese 
Bezeichnung  bereits  allgemein  gebräuchlich  war. 

J)  Es   scheint,   daß   auch   der  Abschreiber  dieser  Ordnung 
die  Überschrift  selber  hinzugesetzt  hat 

-)  Es  ist  auffallend,  daß  trotz  der  Errichtung  der  Zwischen- 
behörde dieses  Ehrenamt  weiter  bestanden  hat. 

•^j  Ihr  Registerbuch  trägt  die  Überschrift:  „der  Landherren 
missiven  Buch  angefangen  Johann  Baptistae  1513.*'  das  Protokoll- 
Buch:  „Mcmorialc  der  Landherren."  Auch  in  den  Protokollen 
ihrer  Briefe  nennen  sie  sich  sc 


—      103     — 

Stadtregierung  ihren  Mitgliedern  den  Namen  Landpfleger 
gab,  bezeichneten  sie  sich  doch  selber  als  Landherren^). 
Diese  Bezeichnung  scheint  dann  allgemein  durchgedrungen 
zu  sein,  sodaß  wir  mit  dem  Namen  Landherren  eigentlich 
zwei  verschiedene  Begriffe  verbinden  müßten.  Da  aber  die 
als  Landherren  bezeichneten  Rugerichter  eine  nebensächliche 
Rolle  spielen,  soll  unter  diesem  Namen  hinfort  nur  die  oben- 
genannte Verwaltungsbehörde  verstanden  werden. 

Das  Kollegium  der  Landherren  setzte  sich  nach  der 
Ordnung  von  1513  aus  sechs  Mitgliedern  zusammen,  von 
denen  zwei  dem  städtischen  Adel  angehören  mußten.  Die 
Wahlen  wurden  von  Rät  und  XXI  vorgenommen  und 
erfolgten  am  Samstag  nach  dem  Schwörtag.  je  einen  Mann 
stellten  die  Kollegien  der  Xlil  und  der  XV,  je  zwei  wurden 
aus  der  Reihe  der  ledigen  XXI  und  der  Räte,  welche  in 
den  jeweiligen  jähre  ihr  Amt  antraten,  gewählt.  Bei  der 
Ergänzung  der  ausscheidenden  Mitglieder  wurde  ein  be- 
stimmter Turnus  eingehalten.  Nämlich  zwei  Räte  wurden 
jedes  Jahr  neugewählt,  während  die  4  übrigen  je  4  jähre 
im  Amt  blieben,  indem  nach  dem  ersten  jähre  der  Dreizehner, 
nach  dem  zweiten  der  eine  Einundzwanziger,  nach  dem 
dritten  der  Fünfzehner  und  nach  dem  vierten  der  andere 
Einundzwanziger  ersetzt  wurde.  Demnach  wurden  im  Anfang 
des  Jahres  1514  zwei  Räte  und  ein  Dreizehner  neu  zu 
Landherren  gewählt.  Wenn  einer  der  Landherren  während 
der  Amtszeit  sterben  oder  das  Bürgerrecht  verlieren  sollte, 
dann  sollten  Rät  und  XXI  innerhalb  8  Tagen  einen  anderen 
an  seiner  Statt  wählen,  welcher  aber  das  Amt  nicht  länger 
innehaben  sollte,  als  es  sein  Vorgänger  gehabt  haben 
würde.  Von  den  jährlich  wechselnden  beiden  Ratsherren 
sollte  einer  aus  den  Konstoflern,  der  andere  aus  den  Zünften 


^)  1546  nannten  sich  die  drei  Landpfleger  des  Amtes  Herren- 
stein in  einem  Brief  an  den  Vogt  daselbst  „verordnete  Landherren." 
Im  17.  Jahrhundert  begegnet  der  Name  „Landpfleger" 


—      104 


genommen  werden,  dergestalt,    daCs  der    Reihe   nach    jedes 
)ahr  eine  andere  Zunft  ihn  stellte'). 

Aus  der  Reihe  der  Landherren  wurden  zwei  „Obere" 
bestellt,  einer  davon  gehörte  dem  Adel,  der  andere  den 
Zünften  an.  Sie  sollte  je  ein  halbes  )ahr  das  Präsidium 
führen,  der  Konstofler  von  Weihnachten  bis  )ohanni,  das 
Zunftmitglied  die  übrige  Zeit.  Demnach  führte  im  fahre  1513 
ein  Zunftmitglied  das  Präsidium.  War  der  amtierende  Obere 
krank  oder  abwesend,  dann  vertrat  ihn  der  andere.  Die 
Amtstätigkeit  der  Landherren  begann  an  Johanni   1513. 

Sie    hatten    die  Aufgabe,  Zwiespältigkeiten  der  Unter- 
tanen   unter    sich    und    mit    dem  Vogt,    außerdem   solche 
zwischen    den    Gemeinden    und    dem    Vogt   zu   schlichten. 
Die    Prozesse    nahm    der    amtierende    Obere   entgegen  und 
stellte  das  Verhör  an.    Zur  Verhandlung  ließ  er  die  anderen 
fünfe   durch    einen    Ratsboten    zusammen    rufen.     Die  vier 
städtischen  Ratsboten  versahen  abwechselnd  ein  viertel  )ahr 
lang  den  Dienst  bei  den  Landherren.     Ihre  Sitzungen  durf- 
ten nicht  mit  denen  von  Rät  und  XXI  zusammenfallen,  da- 
gegen   konnten    XIII    und    XV    zur    selben    Zeit    tagen.     In 
diesem    Falle    konnten    der  Dreizehner  und  der  Pünfzehner 
nur    mit  Erlaubnis    ihrer  Kollegien    an  den  Beratungen  der 
Landherren  teilnehmen,     jedes  unentschuldigte  Pernbleiben 
wurde  mit  einem  Schilling  bestraft'). 

Konnte  ein  Prozeß  nicht  In  der  Stadt  geschlichtet 
werden,  so  fuhren  die  Landherren  hinaus  aufs  Amt,  um 
ihn  hier  zu  beenden.  Handelte  es  sich  dabei  um  einen 
Privatprozeß  zweier  Untertanen,  so  sollte  die  unterliegende 
Partei  ihnen  die  Kosten  ersetzen,  deren  Höhe  sie  selbst 
festsetzten.    Nur  Streitigkelten,  welche  ihnen  so  bedeutend 


^)  Ihre  Besoldung  betrug  2  Mk. 

^)  Die  Landherren  bestimmten  später  selbst,  daß  man  wie 
bei  den  XIll  und  XV  eine  Stunde  vor  Beginn  die  Sitzung  an- 
sagen solle. 


—      105     — 


dünken   würden,    „dasz  etwa  uffrühre  oder  kriegsläufe  darus 
entstohn  möchte,"   sollten  sie  vor  Rät  und  XXI  weisen. 

Sehr  wichtig  war  die  Bestimmung,  daß  die  Landherren 
jährlich  einmal  oder  zweimal  oder  so  oft,  als  es  nötig  wäre, 
die  Städte,  Dörfer  und  Burgen  bereisen  mußten,  um  etwaige 
Schäden  und  Mängel  in  Verwaltung  und  Rechtsprechung 
selbst  zu  entdecken  und  zu  verbessern.  Bei  diesen  Um- 
reisen  knüpfte  man  an  die  bereits  bestehenden  außerordent- 
lichen Revisionen,  welche  durch  eine  besondere  Ratsbot- 
schaft ausgeführt  wurden,  an,  und  erhob  sie  zu  einer  regel- 
mäßigen Einrichtung.  Durch  diese  persönliche  Bekannt- 
schaft mit  den  Ämtern  wurden  die  veralteten  Zustände  im 
Territorium  rascher  erkannt  und  konnten  eher  beseitigt 
werden,  zugleich  beugte  man  einem  autokratischen  Regi- 
ment der  Vögte  vor. 

Eür  die  Ausfahrt  enthielt  die  Ordnung  besondere  Regeln. 
An  den  Inspektionsreisen  sollten  für  gewöhnlich  alle  Land- 
herren teilnehmen,  jedoch  bei  den  Händeln,  welche  an  Ort 
und  Stelle  untersucht  und  geschlichtet  werden  mußten,  ge- 
nügte ein  Ausschluß  von  mindestens  dreien,  unter  denen 
ein  Oberer  sein  mußte.  Es  stand  aber  in  ihrem  Ermessen, 
Insgesamt  hinauszufahren,  jeder  durfte  einen  Knecht  oder 
Söldner  zur  eigenen  Sicherheit  mit  hinausnehmen,  wenn 
sie  es  aber  In  Kriegszeiten  für  nötig  hielten,  eine  größere 
Bedeckung  zu  halten,  so  war  die  Erlaubnis  von  Rät  und 
XXI  dazu  erforderlich.  Schließlich  hatten  die  Landherren 
auch  bei  der  Rechnungablage  der  Amtleute  auf  dem  Pfennig- 
turm zugegen  zu  sein. 

Die  Amtsstube  der  Landherren  war  auf  dem  Pfennig- 
turm, und  als  Amtsschreiber  war  ihnen  ein  Schreiber  aus 
der  städtischen  Kanzlei  beigegeben.  Sie  stellten  in  eigenem 
Namen  Briefe  und  Urkunden  an  die  Amtleute  und  Gemeinden 
und  auch  an  andere  Personen  aus. 

Den  Oberherren  des  Territoriums,  den  Rät  und  XXI, 
war    seit    Einsetzung    der    Landherrn    nur    die    Wahl    der 


106      — 


Vögte  geblieben,  ferner  die  Berechtigung,  neue  Ordnungen 
zu  erlassen,  die  Entscheidung  in  Fällen,  welche  einen  Krieg 
befürchten  ließen,  und  die  Gesuche  um  Gnade  in  Frevel- 
sachen. Auch  diese  letztere  Befugnis  sollte  laut  Beschluß 
der  Landherren  vom  19.  |uli  1514  an  sie  übergehen.  Es 
steht  nirgends  in  der  Ordnung,  daß  die  Landherren  auch 
das  Recht  hatten,  ihre  Zuständigkeit  selbst  zu  vergrößern. 
Aber  vielleicht  hat  dieses  eigenmächtige  Vorgehen  bei  Rät 
und  XXI,  welche  ohnehin  sehr  von  der  Verwaltung  zurück- 
gedrängt waren,  den  Anstoß  gegeben,  diese  Zwischenbe- 
hörde, welche  auch  nur  „uff  ein  versuchen  zu  halten"  ein- 
gesetzt worden  war,  wieder  fallen  zu  lassen.  So  kam  es 
dahin,  daß  Anfang  des  )ahres  1515,  nach  Ablauf  des  Amts- 
jahres, das  Kollegium  aufgelöst  wurde'). 

Nunmehr  traten  die  früheren  Zustände  wieder  in  ihre 
Rechte,  und  Rät  und  XXI  erledigten  wieder  selbst  die  lau- 
rufenden Geschäfte  und  schickten  außerordentliche  Ratsbot- 
schaften ins  Land. 


^j  Die  Neuwahlen  sollten  am  13.  Januar  1515  erfolgen,  Sams- 
tag nach  dem  Schwörtag,  der  Schwörtag  war  am  9.  Januar,  vgl. 
Winckelmann,  S.  605  1.  Die  zwei  letzten  Briefe  des  Registerbuchs 
sind  vom  13.  Januar  1515,  das  Memorial  endet  kurz  vorher    Die 
Ordnung  selbst   war  auf  Geheiß  der  Rät  und  XXI  von  den  XV 
ausgearbeitet  worden.    Sie  wurde  von  den  ersteren  am  13.  April 
1513  angenommen  und  am  28.  April  noch  einmal  von  Ammeister 
und   Schöffen    bestätigt.     Die   von    mir  gefundene  Abschrift  be- 
richtet die  von  Eheberg  benutzte  mehrfach:  Das  Datum  ist  „quarta 
post  Narci"  statt  „quarta  post  Marie."    S.  551  Zeile  14  von  unten 
ist  zu  lesen  „auch  fryden"  statt  „auch  leiden,"  S.  552  Abs-  5  Z.  2 
für  „burgerherren"  „bowherren,"  S.  553  Abs.  10  Z.  7   „so  soll  er 
eynen  syner  gesellen   erbeten   und    bestellen   damit   das  sinent- 
halben"  statt  „siner  gesellen,  damit  das  sinenthalben  nützit  ver- 
säumbt  werde,  erbeten  und  bestellen;"  S.  553  Abs.  12  Z.  10  statt 
„also  für  und  für  uff  die  Zunft.*'    „Also   für   und   für  gehalten 
werden,   Umd  so  verr  das  sin  mag,  sollent   die  Ratsherren   von 
handtwercken  uff  die  Zunft."    Dazu  noch  eine  Menge  graphischer 
Verschiedenheiten. 

Str.  Stadt-A.  V.  C.  G.  A  30  Nr.  66. 


107 


Aber  schon  im  Jahre  1539  wurde  eine  neue  Behörde 
zur  Entlastung  der  obersten  Träger  der  Staatsgewalt  be- 
stellt^), deren  Mitgliedern  die  Ordnung,  wie  oben  erwähnt, 
den  Namen  „Landpfleger"  gibt.  Sie  wurde  am  7.  April 
beschlossen  und  die  neue  Körperschaft  trat  alsbald  ihr  Amt 
an.  Als  Grund  für  die  Einführung  wird  wiederum  Über- 
bürdung von  Rät  und  XXI  mit  Geschäften  angegeben, 
sodann  auch  die  Notwendigkeit,  bei  Beratungen  der  obersten 
Regierungsbehörde  über  Angelegenheiten  des  Territoriums 
erfahrene  Männer  heranzuziehen,  welche  über  der  „under- 
thanen  herlicheit,  gerechtigkeit  und  herkommen"  unterrichtet 
seien.  Jedes  von  den  damals  noch  bestehenden  fünf  Ämtern 
nämlich  lllkirch,  Herrenstein,  Wasselnheim,  Marlenheim  und 
Fürsteneck  erhielt  drei  Landpfleger,  welche  „usz  dem  stonden 
regiment,"  also  je  einer  aus  den  Kollegien  der  Fünfzehner, 
Dreizehner  und  Einundzwanziger,  genommen  w^urden.  So- 
lange sie  diesen  Körperschaften  angehörten,  blieben  sie 
auch  Landpfleger  und  waren  es  daher  auf  Lebenszeit"). 

Eine  von  Rät  und  XXI  in  gewissem  Sinne  unabhängige 
Verwaltungsbehörde  sind  diese  Landpfleger  nicht  gewesen. 
Sie  konnten  keine  Sitzungen  abhalten,  um  über  das  ganze 
Territorium  zu  beraten,  und  auch  keine  Briefe  und  Urkunden 
im  eigenen  Namen  ausstellen.  Ihre  Aufgabe  sollte  es  vor- 
nehmlich sein,  auf  Grund  besserer  Kenntnis  des  Territoriums 
die  Beschlüsse  der  obersten  Behörde  darüber  vorzubereiten. 

Alle  die  obrigkeitliche  Gerechtsame  betreffenden  Fragen, 
welche  durch  die  Stadtbehörde  erledigt  werden  sollten, 
nahm  der  regierende  Ammeister  entgegen  und  überwies  sie, 
sofern  er  sie  annahm,  den  Landpflegern  des  betreffenden 
Amtes.     Unbedeutendere    Angelegenheiten    konnten    diese 


1)  Eheberg,  S   571. 

2)  Winkelmann,  S-  525,  527-528;  Wurde  der  Landpfleger, 
welcher  Fünfzehner  war,  zum  Dreizehner  gewählt,  so  mußte  er 
selbstverständlich  aus  dem  Kollegium  der  Landpfleger  aus- 
scheiden. 


108     - 


selbst  erledigen,  wichtigere  dagegen  mußten  sie  vor  Rät 
und  XXI  bringen.  Die  Appellationen  von  den  Dorfgerichten 
gingen  direkt  vor  Rät  und  XXI,  und  Frevelsachen  konnten 
von  den  Landpflegern  nur  auf  ihren  Befehl  erledigt  werden. 

Rät  und  XXI  konnten  den  Landpflegern  Fragen,  welche 
ein  Amt  betrafen,  zur  Untersuchung  vorlegen. 

)eder  Landpfleger  konnte  seine  beiden  Kollegen  zu 
einer  Sitzung  zusammen  berufen,  und  diese  hatten  ihm 
dann  zu  folgen.  Keiner  konnte  allein  eine  Entscheidung 
treffen.  War  einer  von  ihnen  gerade  abwesend,  wenn  eine 
Sitzung  sein  sollte,  dann  hatte  der  regierende  Ammeister 
einen  Stellvertreter  zu  ernennen.  Konnten  die  Landpfleger 
sich  über  eine  Frage  nicht  einigen,  dann  sollten  sie  die 
Rät  und  XXI  befragen,  und  was  diesen  dann  gut  dünke, 
das  sollten  sie  ausführen.  Sie  hatten  nicht  das  Recht, 
eine  Ratsbotschaft  nach  dem  Amt  abzuschicken,  sondern 
wenn  sie  eine  solche  für  nötig  hielten,  beantragten  sie  es 
bei  den  Rät  und  XXI,  wenn  es  sich  aber  um  Kriegshändel 
handelte,  bei  den  XIII,  welche  dann  das  nötige  besorgten. 
Ebenso  waren  sie  nicht  berechtigt,  zur  Erledigung  von 
Streitigkeiten  auf  das  Land  zu  fahren.  Auch  sie  waren 
bei  der  Rechenschaftsablegung  ihres  Amtmannns  auf  dem 
Pfennigturm  zugegen  und  hatten  dafür  zu  sorgen,  daß 
dieser  seine  Einnahmen  richtig  ablieferte.  Außerdem  sollten 
sie  alle  Gerechtigkeiten,  welche  die  Stadt  in  den  Ämtern 
hatte,  und  die  Abgaben  nach  den  vorhandenen  Verzeich- 
nissen genau  feststellen  und  in  ein  besonderes  Buch  ein- 
schreiben lassen,  damit  man  jederzeit  darüber  unter- 
richtet wäre.  Ihre  Amtsstube  befand  sich  auf  der  Münze. 
Zu  einer  so  selbständigen  Stellung,  wie  es  nach  der 
Ordnung  vom  Jahre  1513  möglich  war,  konnten  die  Land- 
pfleger nicht  mehr  kommen,  daher  war  auch  jetzt  ihrem 
Amte  eine  längere  Dauer  beschieden. 


109     — 


3.  Die  Verwaltung  der  städtischen  Amter. 

Das  Territorium  war  zur  einheitlichen  Verwaltung  in 
Ämter  geteilt.  Es  waren  dies  die  Ämter  Illkirch,  Wasseln- 
heim,  Marlenheim,  Herrenstein,  Kürnberg,  Ettenheim  und 
Fürsteneck,  Sozusagen  je  ein  Amt  für  sich  bildeten  die 
4  Städte  Benfeld,  Kenzingen,  Herbolsheim  und  Lichtenau 
und  die  Feste  Kochersberg.  Ferner  bildeten  die  beiden 
Städte  Molsheim  und  Börsch  in  der  Zeit  ihrer  Zugehörigkeit 
zu  Straßburg  ein  Amt.  In  Rappoltsweiler  hatte  die  Stadt 
während  der  kurzen  Zeit  ihrer  Herrschaft  daselbst  min- 
destens 2  Amtleute,  aber  es  fehlt  an  genauen  Nachrichten, 
wie  sie  ihre  Rechte  in  dem  verpfändeten  bischöflichen  Ge- 
biete ausübte. 

An  der  Spitze  eines  jeden  Amtes  stand  ein  Vogt  oder 
Amtmann')-).  Beide  Worte  bezeichnen  ein  und  dieselbe 
Person,  im  15.  Jahrhundert  ist  Vogt  bei  weitem  das 
häufigere'),  seit  dem  Anfang  des  1 6.  Jahrhunderts  wird  es 
durch  Amtmann  allmählich  abgelöst.  Der  Vogt  war 
städtischer  Bürger,  mit  Ausnahme  desjenigen  von  Marlen- 
heim, und  mußte  allem  Anscheine  nach  dem  Stadtadel 
angehören. 

Die  Vögte  wurden  von  Rät  und  XXI,  seit  der  zweiten 
Hälfte  des  15.  Jahrhundert  auch  im  Beisein  des  Ammeisters 
und  des  regierenden  Städtmeisters,  gewählt  und  hatten 
einen  Amtseid  zu  leisten^).     Ihr  Amt  dauerte  mehrere  jähre 


')  Der  Namen  Vogtei  für  Amt  kommt   äußerst  selten  vor. 

2)  Georg  von  Below,  Territorium  und  Stadt,  S-  284,  285. 

•^)  Die  Landherren  schreiben  1513  dem  Gericht  in  Wasseln- 
heim,  daß  sie  „dheinen  gerichtzbotten  oder  amptman,  der  unns 
als  der  oberkeit  zusetzen  zustot,  on  unsers  vogtes  als  von  unsern 
wegen  wissen  und  willen  setzent."  Hier  kann  Amtmann  nur 
einen  niederen  Beamten  bezeichnen. 

4)  Eheberg,  S-  40  und  S-  76.  Str.  Stadt-A.  V.  C  G-  A  40 
Nr.  88  la:  ,,zu  Marie  soll  der  vogt  sweren  dies  nachgeschriben, 
der  vogt  zu  Narle  sol  schweren  Meister  und  Rat  zu  Strassburg 
getrew  und  hold  zu  sin,  iren  nutzen  zu  furdern,  iren  schaden  zu 


110 


und  konnte  durch  Tod,  freiwilligen  Verzicht  oder  Auf- 
kündigung durch  die  Stadt  beendet  werden.  In  den  beiden 
letzten  Fällen  war  eine  Kündigungsfrist  vorgesehen,  welche 
für  die  Stadt  bei  der  Besetzung')  des  Amtes  Molsheim 
im  Jahre  1417  ein  viertel  Jahr  und  bei  der  Besetzung  der 
Ämter  Kochersberg  im  Jahre  1511  -)  und  Wasselnheim')  im 
Jahre  1544  ein  halbes  Jahr  betrug;  für  den  Vogt  war  jedes 
Mal  ein  halbes  Jahr  vorgesehen. 

In  der  zweiten  Hälfte  des  15.  Jahrhunderts  wurde  eine 
besondere  Verordnung  bezüglich  der  Besetzung  und  Aufgabe 
der  Ämter  erlassen*).  Wer  sich  um  eine  Vogtei  bewerben 
wollte,  der  hatte  innerhalb  8  Tagen  nach  dem  Zeitpunkt, 
an  welchem  die  Erledigung  eines  Amtes  bekannt  gegeben 
wurde,  eine  schriftliche  Meldung  dem  Oberstadtschreiber 
zu  übergeben.  Um  eine  Wahlbeeinflussung  zu  vermeiden, 
durfte  dieser  die  Meldungen  nicht  bekannt  geben,  sondern 
mußte  sie  nach  Ablauf  der  acht  Tage  dem  Ammeister  und 
regierenden  Städtmeister'')  zustellen,  welche  bei  der  nächsten 
Ratsversammlung  darüber  abstimmen  ließen.  Bei  der  Ab- 
stimmung entschied  einfache  Stimmenmehrheit. 


warnen  und  zu  wenden  und  alles  das  zu  tun,  das  dann  eyn  ge- 
treuer vogt  sins  ampts  halben  schuldig  und  pflichtig  ist  ze  thun- 
Er  soll  auch  das  ampt  by  sinen  fryheiten,  gewonheiten  und 
harkommen  hant  haben,  und  wo  im  widersatz  oder  intragk 
beschee,  sollichs  an  Meister  und  Rat  zebringen;  er  soll  auch  alle 
sturen,  betten,  ungelt,  frefel  und  andere  nutz  und  gefelle,  so 
der  statt  Str.  zu  irem  teil  gehörent,  flißlich  und  ernstlich  erfordern 
und  inbringen  und  und  sollichs  zu  ieder  Zeit,  wann  er  des  er- 
fordert wurt,  erbere  rechnung  und  bezalung  thun." 

^)  Eheberg,  S-  76,  Abs.  4. 

')  Eheberg,  S.  548. 

^)  Eheberg,  S-  585,  Mitte:  „wann  es  ihnen  aber  oder  mir  nit 
mehr  füglichen  were,  so  solle  ain  thayl  dem  andern  ein  halb 
iahr  vor  absagen." 

^)  Ebenda,  S-  466- 

•')  Winckelmann,  S- 600— 604. 


111       — 


Hatte  sich  niemand  für  das  Amt  gemeldet  oder 
schienen  die  Bewerber  nicht  geeignet  zu  sein,  dann  wählte 
man  einen  beliebigen  Bürger,  welcher  sodann  das  Amt 
annehmen  mußte.  Versuchte  ein  Bürger  oder  eine  Bürgerin, 
einzelne  Räte  oder  Einundzwanziger  für  die  Person  eines 
Bewerbers  zu  gewinnen,  so  wurden  sie  in  eine  Strafe  von 
30  Schilling  genommen.  Vor  der  Wahl  befragte  der 
Städtmeister  Rät  und  ,XX1,  ob  jemand  sie  für  einen  Be- 
werber zu  beeinflussen  suchte,  und  sie  hatten  bei  ihrem 
Eid  darüber  Rede  zu  stehen^). 

Ferner  bestimmte  die  Ordnung,  daß  der  Vogt,  welcher 
sein  Amt  niederlegen  wollte,  dies  öffentlich  erklären  sollte-). 
Wenn  er  aber  zu  dieser  Zeit  gerade  draußen  in  seiner 
Vogtei  war  und  nicht  in  die  Stadt  kommen  konnte,  so 
sollte  er  in  einem  versiegelten  Brief  dem  Städtmeister  seine 
Absicht  kund  tun,  und  dieser  war  bei  seinem  Eid  ver- 
pflichtet, den  Brief  bei  der  nächsten  Sitzung  von  Rät  und 
XXI  zur  allgemeinen  Kenntnis  zu  bringen. 

Ein  besonderes  Verfahren  bei  der  Einsetzung  des 
neuen  Vogtes  in  das  Amt  ist  nur  für  Marlenheim  über- 
liefert. Es  wurde  zum  ersten  Mal  angewendet,  als  am 
9.  Mai  1526  der  Vogt  Hans  Heinrich  eingesetzt  wurde. 
Damals  gingen  die  Bauherrn  und  die  Dreier  des  Pfennig- 
turmes nach  Marlenheim,  ließen  alle  Untertanen  des  ganzen 
Dorfes  zusammen  kommen  und  geboten  ihnen  bei  ihren 
Eiden,  allen  Geboten  und  Verboten  des  Vogtes  gehorsam 
zu  sein  „und  im  thun,  wie  sy  dann  einer  statt  Strassburg 
als  iren  zitlichen  herren  zu  thun  schuldig  sind  allerding 
truwiich  und  on  geverde."  Zweifellos  ist  es  in  den  anderen 
Dörfern  des  Amtes  Marlenheim    ähnlich   gehalten    worden. 


1)  Ebenda,  S-  605  6- 

2)  Die  Ordnung  gebraucht  den  Ausdruck,  daß  es  von  Meister 
und  Rat  geschehen  sollte,  ebenso  wurde  Cune  zum  Trubel  1417 
von  der  obersten  Stadtbehörde  zum  Vogt  gewählt  (Eheberg, 
S.  76).     Vgl.  dazu  Winckelmann,  S.  522-525. 


112      — 


Als  1531  der  „Söldner"  Konrad  Wolff  zum  Vogt  eingesetzt 
wurde,  legten  ihm  die  Untertanen  einen  Eid  ab,  verlangten 
aber  zugleich,  daß  auch  dem  bischöflichen  Vogte  ge- 
schworen werde').  Dies  geschah,  und  darauf  erhielten  sie 
von  der  Stadt  und  dem  Bischof  je  zwei  Ohm  Wein  zum 
Geschenk. 

Als  im  )ahre  1511  Georg  von  Wickersheim  Vogt  auf 
dem  Kocherberg  wurde"-),  stellte  er  in  der  Person  des 
Martin  Sturm  der  Stadt  einen  Bürgen,  welcher  sich  ver- 
pflichtete, an  die  Stadt  bis  zu  100  Pfd.  für  ihn  zu  zahlen, 
wenn  diese  nach  seinem  Tode  oder  Abgang  etwaige  An- 
sprüche wegen  der  von  ihm  eingesammelten  Gefälle  er- 
hebe. Dasselbe  war  der  Fall,  als  im  Jahre  1544  Heinrich 
Hüffel  zum  Vogt  von  Wasselnheim  gewählt  wurde. 

Die  Vögte  wohnten  während  ihrer  ganzen  Amtszeit 
auf  der  Burg,  welche  den  Mittelpunkt  ihres  Amtes  bildete. 
Sie  konnten  daher  auch  in  dieser  Zeit  kein  anderes 
städtisches  Amt  bekleiden  und  waren  wahrscheinlich  auch 
steuerfrei.  In  der  zweiten  Hälfte  des  15.  Jahrhunderts 
stellten  die  XV  bei  Rät  und  XXI  den  Antrag,  die  Vögte 
zur  Zahlung  von  Kricgsschatzung  heranzuziehen"').  Ob  sie 
damit  durchdrangen,  wissen  wir  nicht. 

Der  Vogt  von  lllkirch  wohnte  nicht  im  Amte,  sondern 
in  der  Stadt  Straßburg  und  ging  von  hier  aus  seinen  Ge- 
schäften nach.  Eine  Vogtordnung  aus  der  Zeit  vor  1444^) 
verbot  dem  Vogt,  auf  Kosten   der  Stadt   zu  zehren,    wenn 


1)  Str.  Stadt'A.  V.  C  G.  A  40  Nr.  881a. 

-)  Eheberg,  S.  548- 

'-^)  Eheberg,  S-  482- 

')  „der  vogt  soll  auch  hinnanfurder  nutzit  besser  der  stet 
gelt  zeren,  so  er  zu  lllrekirche  Grafenstaden  oder  lllwickersheim 
ist;  schicketen  aber  die  erbcrn  lute,  die  gemeinde  oder  ein- 
zelne (?)  noch  im,  die  mogent  für  in  bezahlen  us  irem  seckel, 
danne  die  stat  Strasburg  dchein  costen  haben  soll-"  Vogt- 
ordnung aus  der  Zeit  vor  1444. 


113 


er  die  3  Dörfer  bereiste.  Wenn  aber  die  Gemeinden  oder 
Untertanen  nach  ihm  schickten,  so  mußten  sie  ihn  für 
seinen  Gang  selbst  entschädigen. 

Der  Vogt  von  Marlenheim  war  nicht  städtischer  Bürger, 
sondern  von  Anfang  an  ein  Untertan  aus  dem  Amte  selbst, 
angeblich  aus  dem  Grunde,  weil  die  Besoldung  für  einen 
städtischen  Beamten  nicht  ausreichte.  Entscheidend  ist 
aber  jedenfalls  der  Umstand,  daß  der  Vogt  kein  militärisches 
Kommando  hatte.  Zur  Erledigung  der  anderen  Befugnisse 
des  Vogtes  war  ein  Untertan  gut  genug.  Er  war  ebenso 
wie  früher  derjenige  des  Grafen  Georg  von  Bitsch  ein  vermögen- 
der und  angesehener  Bürger  des  Dorfs  Marlenheim.  Da 
er  aber  zur  Bede  und  anderen  Abgaben  nicht  beizusteuern 
brauchte,  erlitten  die  anderen  Untertanen  nicht  geringen 
Schaden.  Außerdem  war  er  noch  nebenbei  Wirt  und  ver- 
kaufte seinen  Wein  zu  teueren  Preisen.  Daher  beschwerte 
sich  1503  die  Gemeinde  und  „begertten  doruff,  inen  ein 
gemeynen  amptman  zu  geben  und  zu  setzen."  Was  darauf- 
hin von  Rät  und  XXI  beschlossen  wurde,  wissen  wir  nicht. 
Als  dann  1530  eine  Ratsbotschaft  das  Schultheißenamt  das 
Dorfes  revidierte,  erstattete  sie  auch  Bericht  über  den  Vogt: 
„der  vogtey  gescheffd,  die  herlichkeyt  belangend,  erstreckend 
sich  wyt  und  fordern  ein  dapferkeyt  und  ansehens,  be- 
sonder under  dem  ungeschlachten  volck."  Die  verordneten 
Herren  schlugen  daher  vor,  zum  Vogt  des  Amtes  einen 
„reysigen  knecht"  zu  machen,  „der  die  wäld  beryten  und  die 
lands  loyff  doneben  erkunden  möcht,  dem  geb  man  uff 
ein  pferd  ein  stallung  und  ein  sitz."  Als  Wohnung  aber 
sollte  man  ihm  die  Behausung  im  Stadelhof  anweisen, 
welche  er  zusammen  mit  dem  Schultheiß  benutzen  könne. 
Die  Rät  und  XXI  erhoben  diesen  Antrag  zum  Beschluß. 
Dem  Söldner  Konrad  Wolff  aber  folgte  als  Vogt  Lorentz 
Schuhmacher.  Er  erschien  am  13.  Dezember  1535  in 
Straßburg  auf  dem  Pfennigturm,  nachdem  er  vorher  vor 
Rät   und  XX!   den  Eid   abgelegt   hatte.     Hier  wurden  ihm 

8 


—      114     — 

im  Beisein  zweier  Verordneten  die  Ordnungen  des  Amtes 
vorgelesen  und  ihm  angezeigt,  daß  er  außer  dem  Freisitz 
noch  2  Gulden  und  einen  Rock  „von  färben  wie  den  Sold- 
neren"  zur  Besoldung  erhalten  solle^)"). 

Die  drei  Dörfer  an  der  111  wurden  in  den  ersten  jähren 
nach  ihrem  Erwerb  von  zwei  Vögten  verwaltet.     Wie  lange 
diese    im    Amte    blieben,    ist    nicht    gesagt.     Bald    darauf 
wurden   die  Dörfer   vollständig  der  städtischen  Verwaltung 
angegliedert'),    indem    der    jährlich    abgehende    Dreier    des 
Pfennigturmes  die  Verwaltung  auf  ein  )ahr  übernahm.     Die 
Ordnung  verbot  ihm,    mit  den  Untertanen  in  geschäftliche 
Berührung  zu  treten,    er  durfte  während  seiner  Amtsdauer 
keine   Felder    in    den   Gemeinden    pachten,    wenn   er   aber 
vorher    schon    Güter    daselbst    hatte,    durfte    er    sie    weiter 
besorgen.     Seine  Schutzbefohlenen   sollten    ihm  weder  ein 
Geschenk  machen,  noch  Heu  mähen  und  zur  Stadt  fahren 
und    Frondienste    leisten.      Von     militärischen    Befugnissen 
wird    nichts   erwähnt,    er    kann   auch,    da   er   in  der  Stadt 
wohnte,  keine  gehabt  haben. 

Der  Vogt  war  in  erster  Linie  Befehlshaber  über  die 
Burg,  in  welcher  er  wohnte,  in  Kochersberg  und  Fürsteneck, 
solange  wenigstens  das  gleichnamige  Amt  noch  nicht  ge- 
bildet war,  hatte  er  überhaupt  nur  diese  militärische  Kom- 
petenz, und  noch  in  der  Vogtordnung  für  Wasselnheim  vom 
Jahre  1544  wird  sie  als  erste  angeführt.  Als  Burgkom- 
mandant   verfügte   er   frei    und   selbständig   über   die    ihm 

1)  Auch  vorher  erhielt  der  Vogt  bereits  Tuch  zu  einem 
Rock,  genau  wie  der  Stadler. 

•^)  Das  Registerbuch  nennt  )akob  Heilen  als  Vogt  zu  Nieder- 
hausen. An  anderer  Stelle  heißt  es,  daß  er  keine  Bede  zu  geben 
braucht.  Demnach  scheinen  seine  Stellung  und  jedenfalls  auch 
seine  Befugnisse  dieselben  gewesen  zu  sein,  wie  beim  Vogt  zu 

Marlenheim. 

3)  Die  Vogtordnung  ist  nicht  datiert,  da  aber  1444  Johann 
Trach  als  einziger  Vogt  genannt  wird,  muß  sie  vorher  entstan- 
den sein. 


115 


untergebenen  Knechte  und  Wächter,  im  Kriegsfall  aber 
konnte  er  in  seinen  Anordnungen  an  die  Zustimmung  von 
Rät  und  XXI  gebunden  sein.')  Heinrich  Hüffel  mußte  1544 
sogar  schwören,  daß  er  sich  in  der  Burg  zu  Wasselnheim 
niemals  gegen  die  Stadt  empören  wolle,  noch  einem  dritten 
dieselbe  zur  Verfügung  stellen  werde-) 'V)- 

jede  Burg  hatte  eine  ständige  Besatzung,  deren  Höhe 
sich  nach  ihrer  Größe  und  Bedeutung  richtete.  Die  größte 
in  diesem  Sinne  war  Herrenstein,  welche  12  Mann  ständige 
Besatzung  hatte,  solange  noch  Dietrich  Kämmerer  ein  Achtel 
daran  besaß.  Dann  folgte  Ettenheim  mit  9  Knechten  ohne 
diejenigen,  welche  Ludwig  von  Lichtenberg  daselbst  liegen 
hatte"*).  In  Lichtenau  mußte  der  Vogt  6  unterhalten,  in 
Molsheim  und  Börsch  zwei  gewappnete  Knechte  und  einen 
Wächter'').  Die  Vogtordnungen  von  Kochersberg  und  Ben- 
feld geben  für  die  erste  Hälfte  des  15.  Jahrhunderts  die 
Stärke  der  Besatzungen  nicht  an.  Georg  von  Wickersheim, 
welcher,  wie  wir  sahen,  1511  Vogt  auf  dem  Kochersberg 
wurde'),  hatte  beständig  zwei  Wächterknechte  zu  halten, 
und  Heinrich  Hüffel  in  Wasselnheim  zwei  Wächter,  einen 
Pförtner,  einen  Ausgucker  und  einen  reisigen  Knecht. 


^)  Bei  einem  Einfall  des  Grafen  von  Sarwerden  in  das  Ge- 
biet von  Ettenheim  im  jähre  1475  fragt  der  Vogt  in  Straßburg 
an,  ob  er  auf  ihn  schießen  solle  oder  nicht. 

-)  Eheberg,  S  585  unten- 

"0  Ein  Weistum  aus  der  2.  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts  be- 
richtet, daß  nach  altem  Herkommen  der  Schultheiß  dabei  sein 
müsse,  wenn  man  nachts  die  Tore  von  Kenzingen  öffne  oder 
schließe.    Str.  Stadt-A.  Q.  U-  P.  148  B.  115  Nr.  8  (13). 

'*)  In  Lichtenau  hatten  die  Stadt  und  die  Herren  von  Lichten- 
berg je  einen  Schlüssel  zu  den  beiden  Stadttoren  Kein  Vogt 
daselbst  durfte  ohne  Wissen  des  andern  die  Tore  öffnen  oder 
schließen.    Str.  Stadt-A.  AA.  1494. 

''')  Eheberg,  S  39—41. 

^)  Eheberg,  S  76. 

")  Eheberg,  S.  547. 

8* 


^      116     - 

Im  Kriegsfall  wurde  die  Besatzung  natürlich  verstärkt, 
z  B  war  zwischen  der  Stadt  und  Dietrich  Kämmerer  ver^ 
einbart  worden^),  daß  dann  noch  16  Mann  hinzukorrimen 
sollten  1 2  von  Seiten  der  Stadt  und  4  von  Seiten  Käm- 
merers' Die  Höhe  der  Vermehrung  aber  wird  sich  im 
allgemeinen  nach  den   obwaltenden  Verhältnissen   gerichtet 

^  ^  Die  Beschaffung  der  vorgeschriebenen  Anzahl  Knechte 
und  Wächter  war  ganz  Sache  des  Vogtes.  Er  nahm  sie 
in  Dienst,  und  ihm  hatten  sie  zu  schwören.  Die  Vogt- 
ordnung von  Lichtenau  verpflichtete  den  Vogt,  genau  an- 
zugeben, an  welchen  Tagen  des  )ahres  er  etwa  nicht  die 
vorgeschriebene  Besatzung  beisammen  hatte,  damit  man 
ihnr  gegebenenfalls  das  dadurch  gesparte  Geld  an  seiner 
Besoldung  abziehen  konnte.  Dazu  mußte  noch  einer  der 
sechs  Knechte  der  Stadt  schwören,  diese  Tage  auch  genau 
zu  zählen  und  ihr  dann  mitzuteilen"-). 

Zu  seiner  und  seiner  Knechte  Besoldung  erhielt  der 
Vogt  jährlich  von  der  Stadt  eine  feste  Geldsumme,  wozu 
noch  In  den  Ämtern  und  Städten,  in  welchen  er  auch  die 
Verwaltung  hatte,  Abgaben  und  Gefälle  der  Untertanen 
traten.  Die  Höhe  der  Besoldung  war  von  der  Anzahl  der 
Knechte  welche  er  zu  halten  hatte,  abhängig.  In  Etten- 
heim  erhielt  der  Vogt  von  der  Herrschaft  in  der  ersten  Hälfte 
des  15.  Jahrhunderts  zuerst  20  Pfd..  dann   186  Pfd.,  darauf 

Ö^t^b.  Urk.-B.  VI.  Nr.  14%.  Es  wird  nur  eine  ständige 
Besatzung  der  Stadt  in  der  Stärke  von  12  Mann  genannt  Aus 
dem  Umstand  aber,  daß  Kämmerer  einen  eigenen  Vogt  auf 
Herrenstein  hatte  und  seine  Besatzung  im  Kriegsfälle  um 
4  Mann  verstärken  durfte,  ist  zu  schließen,  daß  von  der  standigen 
Besatzung  3  Mann  seine  Knechte  waren. 

•-)  Eheberg.  S.  40-  Aus  S.  41,  §  135  ist  nicht  mit  Notwendig- 
keit zu  folgern,  daß  die  Knechte  der  Stadt  den  Eid  leisteten.  Da- 
gegen entspricht  es  durchaus  der  Stellung  ^^^J^f  .^^'  f  ^^^'^ 
fhm  schwuren,  wenn  es  gleich  an  einer  direkten  Nachricht  darüber 

fehlt.    Vgl.  Schroeder,  S  608. 


I 


—     117     — 

aber  150  Pfd.;  wenn  er  aber  statt  der  vorgeschriebenen 
9  Knechte  nur  8  zu  halten  brauchte,  wurde  seine  Besoldung 
um  10  Pfd.  vermindert.  Dagegen  war  bei  der  Besoldung 
von  20  Pfd.  der  Anteil  an  den  Gefällen  auch  größer^). 

Der  Vogt  von  Benfeld  bezog  eine  Besoldung  von 
26  Pfd.  welche  aber  bald  darauf  auf  10  Pfd.  herabgesetzt 
wurde-),  der  von  Molsheim  und  Börsch  eine  von  25  Pfd."') 
und  der  von  Wasseinheim  im  )ahre  1544  eine  von  40  fl. 
„Straßburger  Wäh^ung"^),  alles  ohne  die  Gefälle  von  Seiten 
der  Ämter. 

Die  Vögte  von  Lichtenau  und  Kochersberg  hatten  keine 
Gefälle,  der  erstere  bezog  105  Pfd.,  der  letztere  80  Pfd. 
und  1511  nur  noch  40  Pfd..  außerdem  bebaute  er  die 
Felder  um  die  Burg'^'*).  Wahrscheinlich  hatte  er  im  Jahre 
1511   auch  weniger  Knechte  zu  halten. 

Die  Burgen  wurden  von  Zeit  zu  Zeit  durch  besonders 


1)  Zu  den  20  Pfd.  erhielt  er  8  Pfd.  an  der  Bede,  den  ..kleinen 
Zoll",  welcher  6—8  Pfd  betrug.  Heu  im  Werte  von  8  Pfd..  über 
60  Kappen  und  Hühner  und  Holz  nach  Bedarf.  Später  mußte 
er  auf  das  Heu  verzichten,  erhielt  aber  7  Matten  zur  Bebauung 
und  einen  Zoll  von  den  Eiern,  welche  nach  Ettenheim  auf  den 
Markt  getragen  wurden-     Eheberg,  S-  39. 

2)  Außerdem  bekam  er  2  Pfd.  von  der  Bede,  20  Kappen  und 
Hühner,  zu  Ostern  ein  Kalb  oder  einen  Gulden,  4  Fuder  Heu 
und  Stroh  und  Wassergerechtigkeit  im  Gerbergraben;  ebenda  S-  40. 

3)  An  Gefällen  hatte  er  in  Molsheim  10  Pfd.  von  der  Ernte- 
bede.  2  Pfd.  von  dem  kleinen  Zoll.  3  Gulden  von  den  3  Bann- 
weinen, 1  Pfd  5,^  von  dem  Bannwartturm;  von  den  Fischern 
erhielt  er  in  jeder  Woche  Fische  im  Werte  von  1  >.  was  jähr- 
lich 2  Rd.  2  Unzen  machte.  Außerdem  hatte  er  vom  Wein- 
zehnten ein  Fuder  Wein  und  ebenso  eines  von  der  Stadt  Mols- 
heim.   Von  Börsch  erhielt  er  3  Pfd.;  ebenda  S.  77. 

♦)  Die  Naturalleistungen  der  Dörfer  dieses  Amts  waren 
ziemlich  bedeutend;  ebenda  S.  584  585. 

5)  Ebenda  S.  40  und  S.  548. 

^)  Der  Vogt  von  lllkirch  erhielt  laut  der  bereits  erwähnten 
Vogtordnung  die  Hühnerzinse  aus  den  3  Dörfern  und  200  Wellen 
Holz,  welches  ihm  die  Untertanen  nach  Straßburg  brachten. 


I 


—      118     — 

von  Rät  und  XXI  dazu  verordnete  Herren  bereist,  das  In- 
ventar, nämlich  Bewaffnung,  Pulver,  Blei  etc.  und  die  Bau- 
lichkeiten revidiert.  Um  Allerheiligen  1449  besuchte  der 
Zinsmeister  Adam  von  Ror  die  Burg  Herrenstein,  die  Kirch- 
höfe zu  Dettweiler  und  Dossenheim,  den  Kochersberg,  Ben- 
feld, Ettenheim,  Kürnberg,  Fürsteneck  und  Herbolsheim. 
1513  oder  1514  waren  die  Landherren  in  Wasselnheim, 
Marlenheim,  Herrenstein  und  auf  dem  Kochersberg.  Über 
die  Mängel,    welche   sie   entdeckten,    statteten  sie  den  XV 

Bericht  ab. 

Neben  der  ständigen  Besatzung  wurden  auch  die 
Untertanen  zu  Wachen  und  Kriegsdiensten  herangezogen. 
In  Benfeld  mußten  jede  Nacht  drei  Bürger  Wache  stehen; 
da  ihnen  das  unbequem  war,  so  baten  sie  am  3.  März 
1517  die  Rät  und  XXI.  um  die  Erlaubnis,  von  Gemeinde- 
wegen  einen  Knecht  dingen  zu  dürfen,  welcher  die  Wache 
versehen  solle;  bei  Kriegsgefahr  sollten  diesem  noch  zwei 
Bürger  zugegeben  werden.  Ebenso  wurde  vom  Dorf 
Wasselnheim    jede    Nacht    eine  Wache   nach    dem   Schloß 

verordnet. 

Bot  die  Stadt  ihre  Untertanen  zu  Kriegsdiensten  auf, 
so  hatte  der  Vogt  gemeinsam  mit  der  Gemeindeobrigkeit 
für  ihre  Aushebung  und  Ausrüstung  zu  sorgen').  Damit 
aber  die  Mannschaft  im  Kriegsfall  bereit  sei,  konnte  der 
Vogt  schon  in  Friedenszeiten  die  Ausrüstung  und  Einübung 


1)  Am  16.  April  1475  schreiben  der  Vogt,  Schultheiß,  Meister 
und  Rat  zu  Ettenheim  an  die  Stadt  Straßburg:  ....  „wissend, 
daß  wir  alle  die   unsern,  auch    ander    zu    uns    gehörig,  tugent 

rüsten  mit  irem  hämisch,  geschutz,  gewere  und  wegen und 

angesicht  desselben  briefes  (=  welchen  Rät  und  XXI.  ihnen  vorher 
geschrieben  haben),  by  unns  zu  E.  ouch  den  dörffern  darzu 
gehörig  geleit  9  wagen,  wol  gemenet,  und  zu  yedem  wagen 
2  knechte  mit  iren  hantgcweren,  halbarten  und  spießen,  auch 
68  knechte  mit  iren  hämisch  nach  unserm  allerbesten  vermögen 
erzugt,  dar  under  sint  32  armbrosterschutzen  und  die  fibrinen  mit 
helebarten,  mordäxten  und  lanzen"    Str.  Stadt-A.  B.  A-  iV-,  68, 


\ 


i 


—     119     — 

derselben  vornehmen.  Im  )ahre  1513  berichtete  der  Vogt 
von  Benfeld,  er  habe  die  Bürger  daselbst  bei  seinem 
Amtsantritt  gemustert,  aber  nicht  mehr  als  drei  Büchsen- 
schützen vorgefunden.  Nach  und  nach  habe  er  jedoch 
ihre  Zahl  auf  24  erhöht;  er  bat  daher  die  Landherren, 
ihm  zu  einem  wöchentlichen  Schießen  mit  diesen  Schützen 
einen  Beitrag  zu  bewilligen.  Die  Stadt  Benfeld  hätte 
bereits  zugesagt,    dieselbe  Unterstützung  wie  Straßburg  zu 

gewähren. 

Eine  weitere  Aufgabe  des  Vogtes  war,  die  Gefälle 
der  Stadt  in  den  Ämtern  einzusammeln  und  auf  dem 
Pfennigturm  abzuliefern.  Das  Getreide  wurde  im  Amte 
selbst  aufgespeichert,  er  hatte  es  auf  Geheiß  der  Dreier 
auf  dem  Pfennigturm  zu  verkaufen.  Die  Abgaben  erhob 
er  nicht  selbst,  sondern  die  Untererheber  lieferten  sie  an 
ihn  ab.  Vielfach  und  namentlich  im  Amte  lllkirch  brachten 
diese  sie  direkt  nach  Straßburg.  Um  die  Weihnachtszeit 
hatte   der  Vogt    jährlich    auf    dem    Pfennigturm    Rechnung 

abzulegen. 

Da  beim  Erwerb  des  Territoriums  und  besonders  auch 
im  15.  Jahrhundert  die  Rücksicht  auf  die  wirtschaftlichen 
Vorteile,  welche  dasselbe  der  Stadt  bringen  sollte,  eine 
große  Rolle  spielte,  so  tritt  in  den  Vogtordnungen  aus 
dieser  Zeit  auch  die  Aufgabe  des  Vogtes  als  Steuererheber 
entschieden  in  den  Vordergrund  gegen  diejenige  als  Ver- 
waltungs-  und  richterlicher  Beamter.  Daß  aber  der  Vogt 
des  15.  Jahrhunderts  auch  diese  Befugnisse  hatte,  das 
liegt  außer  Zweifel,  wenn  es  gleich  nur  durch  die 
Vogtordnung  für  Molsheim  und  Börsch  ausdrücklich  be- 
zeugt ist^). 


1)  Eine  Instruktion  für  eine  Ratsbotschaft  nach  Kenzingen, 
angeblich  aus  dem  jähr  1460  berichtet  von  dem  Vogt  zu  Kürnberg: 
„desglichen  was  an  großen  Frefeln  in  den  dörfferen  verrechtiget 
wurt,  sol  der  vogt  von  Kurenberg  ouch  doby  sin"  Str-  Stadt-A. 
GU.P.  148  B.  115  Nr.  8. 


—      120     — 

Der   Vogt    hatte    jährlich    in    jeder    Gemeinde    seines 
Amtes    ein    Vogtgericht    abzuhalten');    in    der    Gemeinde 
Illkirch-Grafenstaden     war     dafür     der    Ausdrucl<    ümgtag 
üblich      Hier   sowie    in   Herbolsheim    fand    dasselbe    regel- 
mäßig   am    13.  Januar    statt^),    in  Kenzingen    dagegen    am 
Samstag    vor    und    am    Montag    nach    Trinitatis,    und    in 
Marlenheim    wurde    es    einmal    am    Mittwoch    nach    dem 
Jahrestag    und  bald  darauf    einmal   am  Dienstag  nach  drei 
Könige    abgehalten.      Im    Dorf    Wasselnheim    setzten    der 
Vogt     der   Schultheiß    und    das    Gericht    gemeinsam    den 
jeweiligen    Termin    für    das    Vogtgericht    fest%      Es    hatte 
dazu   "jeder    Gemeindebürger    zu    erscheinen,     in     lllk.rch 
wurde   das   f=ernbleiben  vom  Vogtgericht    mit    30  Schilling 

bestraft').  . 

In  Kenzingen  wurde  das  Vogtgericht  von  einer  be- 
sonders verordneten  Ratsbotschaft  abgehalten,  da  dem 
dortigen  Schultheißen,   dem   höchsten   straßburgischen  Be- 


ll 


1)  vgl.  Knapp,  S  54  ff.  und  S.  111,  112. 

2)  Memoriale  der  Landherren,  Dezember  1514:  „item  als 
Ludwi"  Mueg  anbrecht,  das  nach  alter  Rcwonheit  bisher  gc- 
wesent  das  man  uf  den  20.  tag  ein  rat  zu  Herboltzheim  besetzt 
und  aber  nun  ze  zit  das  halbteil  mynen  herrcn  allein  sy,  und 
were  sin  beger,  daz  man  solich  ratsbesetzung  dißmal  an  ston 
und  ein  rat  allwegen  hinfur  samstag  vor  trinitatis  besetzen  heb,  so 
mochten  der  stat  verordneten,  so  zur  ratsbesetzung  gen  Kcntzingcn 
riten;    bedungt  die  herren  nit  unbequem  sin",    doch  wollen   sie 

Rät  und  XXI    darum  befragen  j  ,  .  »  „ 

3)  Gerichtsordnung  für  Wasselnheim;  „zum  IX.  und  Ictsten, 
wann  alle  empter  riegcn,  man  newe  empter  setzt,  die  stendtlin 
und  scstermoß  sint,  die  banntwarten  ußschweren  und  riegcn 
meßtag  hien  setzt,  ungclt  uflschreibt  und  wos  daz  durch  das  lar  ulS 
sein  mag,  darumb  bcrahtslagen  sich  zu  icderzeit  ein  schultheizs. 
gericht  und  amptman  und  thun  das  zu  jederzeit  gclegenheit. 

J)  es  ist  alte  gewonheit,  daß  man  alle  jar  uff  den  XX.  tag 
het  ein  ding  dag,  da  berufet  man  allermenglichcn  under  unscrm 
Stabe  in  beyden  dörlfern,  by  30 ,<  von  unsern  herren  wegen;  da 
verlihet  man  alle  die  ambaht,  die  der  menige  zuhörent,"  ohne 
Datum,  2.  Hälfte  des  15.  Jahrhunderts. 


-      121      — 

« 

amten,  die  Banngewalt  fehlte,  dasselbe  galt  für  Herbols- 
heim^) und  für  Ettenheim-).  Aber  Ende  des  Jahres  1514 
stellte  Ludwig  Mieg,  der  die  Hälfte  dieser  Stadt  innehatte, 
bei  den  Landherren  den  Antrag,  man  solle  das  Vogt- 
gericht auf  Samstag  vor  Trinitatis  verlegen,  dann  könnte 
die  Ratsbotschaft,  welche  nach  Kenzingen  gehe,  auch  in 
Herbolsheim  das  Vogtgericht  abhalten.  Die  Rät  und 
XXL,  an  welche  die  Landherren  diesen  Antrag  brachten, 
nahmen  ihn  an. 

Als  man  im  ersten  Viertel  des  15.  Jahrhunderts  davon 
Abstand  nahm,  in  Lichtenau  einen  eigenen  Vogt  zu  halten, 
und  daher  der  Schaffner  auf  der  Burg  der  einzige  straß- 
burgische  Beamte  daselbst  war,  wurde  zur  Erledigung  der 
landherrlichen  Geschäfte  auch  hierhin  eine  Ratsbotschaft 
geschickt.  Zum  jähre  1424  wird  sie  zum  ersten  Mal 
erwähnt,  und  1489  bestand  sie  aus  einem  von  den  vier 
Städtmeistern  und  dem  Altammeister. 

Im  Amt  Marlenheim  fehlte  dem  Vogt  als  Untertan 
ebenfalls  die  Banngewalt,  daher  führte  hier  ein  Dreier  des 
Pfennigturms  den  Vorsitz^). 

Die  Geschäfte,  welche  auf  dem  Vogtgericht  erledigt 
wurden,  waren  dieselben  wie  bei  den  anderen  Dörfern,  von 
denen  wir  Kunde  haben.  Es  sei  daher  nur  kurz  mitgeteilt, 
daß  man  die  Dorfämter  daselbst  besetzte,  die  neuen  Beamten 

^)  Instruktion  einer  Ratsbotschaft  nach  Kenzingen  um  das 
Jahr  1500:  „item  das  das  sweren  zu  Herboltzheim  sollent  ir  lossen 
bescheen,  wie  von  alter  harkommen  ist"  Str.  Stadt-A-  C  U-  P. 
110,  B.  97. 

•)  Ebenda:  „Item  am  widerkere  gon  Ettenheim  zu  riten  und 
sie  dem  vogt  tun  sweren,  wie  von  alter  harkommen  ist" 

'j  Dieses  ergibt  sich  daraus,  daß  die  Ungeldordnung  für 
das  Amt  Marlenheim  bestimmt,  daß  Dienstag  nach  drei  König 
ein  Dreier  des  Pfennigturms  die  Leute,  welche  das  Ungeld  ein- 
sammeln, die  Ordnung  beschwören  lassen  soll.  Es  ist  nicht 
festzustellen,  wie  der  Bischof  seine  landesherrlichen  Rechte  in 
diesem  Amte  ausübte,  iedoch  hatte  er  daselbst  einen  Vogt, 
welcher  ein  Untertan  aus  dem  Amte  war- 


—      122      ~ 

schwören  ließ,  von  den  abgehenden  einen  Rechenschafts- 
bericht forderte,  die  Schöffen  und  in  den  Städen  die  Räte 
einsetzte,  neue  Bürger  aufnahm  und  von  allen  den  Bürgereid 
schwören  ließ  und  anderes  mehr.  In  Kenzingen  besetzte 
man  Samstags  den  Rat,  darauf  folgte  eine  Schmauserei  der 
Räte  und  städtischen  Boten,  und  Montags  in  der  Prühe  ließ 
man  die  Bürger  schwören. 

An  das  Vogtgericht  schloß    sich    das  Ruggericht,    bei 
welchem    Recht    gesprochen    wurde.      Der   Vogt    oder    die 
Ratsbotschaft   erledigte   hier    die   schweren    Frevel,    soweit 
über  sie  noch  nicht  im  Laufe  des  |ahres  von   Rät  und  XXI 
auf  schriftlichen  Bericht  des  Vogtes  hin    entschieden   war. 
Auch  über  kleinere  Frevel  konnte  hier    verhandelt   werden. 
In  den  Ämtern  lllkirch    und   Wasselnheim    wurde    das 
Ruggericht  seit  Einführung  der  neuen  Gerichtsordnung  aus 
den  lahren   1509  bezw.   1532,  womit,   wie  noch  zu  zeigen 
sein  wird,  die  selbständigen  Dorfgerichte  beseitigt  wurden, 
von  dem  Vogt,  einem  Landherrn  ^),  einem  Dreier  und  dem 
Schreiber   des    Pfennigsturms    abgehalten.     Wahrscheinlich 
wurde  nun  das   Ruggericht   vom    Vogtgericht   getrennt,    in 
dem  Dorf  lllkirch    wenigstens   fand    es    um    die   Mitte    des 
16.    Jahrhunderts   eine   Zeitlang    in   der   ersten   Hälfte   des 
Monats  November  statt. 

In  Wasselnheim  gab  es  noch  eine  besondere  Behörde, 
welche  über  Dorfangelegenheiten  beriet.  Es  waren  dies 
der  Schultheiß  und  das  Gericht  unter  dem  Vorsitz  des 
Vogtes.  rSach  anderen  Angaben  nahmen  auch  die  2  Meister, 
der  Gerichtsbote  und  von  den  Schöffen  die  sieben  alten 
und  die  sieben  neugewählten  oder  auch  nur  drei  von  den 
letzteren  teil.  Im  jähre  1529  revidierten  sie  die  Dinghof- 
rodel des  Hornbachischen  Dinghofs,  1536  die  Ordnungen 
für  die  einzelnen  Dorfbeamten  und  ebenso  diejenigen,  welche 
die  Gebühren  für  die  Benutzung  des  Dorfsiegels,  die  Löhne 


I 


—     123     ~ 

der  Taglöhner,  welche   für   die  Gemeinde   arbeiteten,    und 
ähnliches  regelten. 

In  Marlenheim  setzten  der  Schultheiß,  das  Gericht  und 
die  beiden  Amtleute  den  Dorfschreiber  ein^). 

4.  Die  Richter. 

Auch  in  dem  Territorium  der  Stadt  Straßburg  wurden 
die  Schöffen,  auch  Gerichtsleute  oder  Geschworene  genannt, 
jährlich  auf  dem  Vogtgericht  gewählt.  In  Wasselnheim 
kam  es  in  den  ersten  Jahren  der  Zugehörigkeit  zur  Stadt 
vor,  daß  die  Gemeinde  ihre  Schöffen  ohne  den  Vogt  wählte. 
Als  die  Landherren  darauf  wieder  das  Amt  bereisten,  wurde 
dieses  selbständige  Vorgehen  untersagt.  Ebenso  wandte 
man  sich  in  diesem  Dorf  bei  Streitigkeiten,  welche  das 
Gericht  nicht  schlichten  konnte,  an  benachbarte  Gerichte. 
Am  20.  August  1513  setzten  die  Landherren  fest,  daß  in 
solchen  Fällen  das  „alte  gericht,"  d.  h.  die  Schöffen  des 
letzten  Jahres,  heranzuziehen  seien;  wenn  man  dann  auch 
nicht  zu  Ende  kommen  könne,  solle  man  den  ganzen  Fall 
den  Rät  und  XXI  unterbreiten.  Diese  Anordnung  erwies 
sich  ebenfalls  als  nicht  ausreichend.  Daher  schlugen  1514 
der  Vogt  und  der  Schultheiß  den  Landherren  vor,  man  solle 
von  den  7  Schöffen  immer  drei  2  jähre  lang  im  Amte  be- 
halten-). Diese  erklärten  sich  damit  einverstanden,  be- 
schlossen aber,  zunächst  Rät  und  XXI  darum  zu  befragen, 
welche  bestimmten,  daß  1515  bei  der  Neuwahl  3  Schöffen 
abgehen  und  4  im  Amt  bleiben  sollten.  Im  nächsten  jähre 
sollten  drei  im  Amte  bleiben  und  vier  neu  gewählt  werden.  Dieser 


1)  „Landherr"  im  ursprünglichen  Sinn. 


')  „Item  ein  jeder  Schreiber  soll  ein  iar  lang  uff  unnd  an- 
genommen werden  und  wann  das  iar  herumber  ist,  so  soll  er 
schuldig  sein,  vor  schulth.  umd  einem  ersamen  gericht  auch 
in  bey  sein  beeder  amptleuthen,  wan  man  pfleget  andere  amter 
zusetzen,  wiederumb  um  seinen  dienst  zu  piten"  1556-  Str. 
Stadt-A.  V.  C.  G.  A  40  Nr.  88. 

2)  Memoriale  der  Landherren. 


—      124 


Turnus  wurde  nunmehr  in  der  Gemeinde  Wasselnheim-Brech- 
lingen  beibehalten. 

Im  Anfang  des  16.  Jahrhunderts  wurde  für  Illkirch' 
Grafenstaden  festgesetzt,  daß  die  jährlich  abgehenden  neun 
Schöffen  sich  ihre  Nachfolger  selbst  wählen  sollten. 

Die  Zahl  der  Schöffen  war  nicht  überall  dieselbe. 
Ebenso  wie  Wasselheim  hatte  auch  Marlenheim  sieben. 
Hatte  das  Dorf  verschiedene  Berufsstände,  so  konnte  jeder 
eine  Anzahl  Schöffen  stellen.  Von  den  neun  der  Gemeinde 
lllkirch'Grafenstadten  waren  drei  Bauern,  drei  Fischer  und 
drei  Tagner.  in  der  vereinigten  Gemeinde  Schiltigheim-Adels- 
hofen  waren  6  aus  Schiltigheim  und  3  aus  Adelshofen. 

Der  Rat  der  Territorialstädte  entsprach  dem  Gericht 
der  Dörfer.  Über  die  Zahl  seiner  Mitglieder  und  die  Art 
ihrer  Einsetzung  müssen  besondere  Bestimmungen  gegolten 
haben;  von  den  20  Räten  der  Stadt  Kenzingen,  welche 
jährlich  ihr  Amt  wechselten,  setzten  Rät  und  XXI  zwölf  ein, 
aber  ohne  Beteiligung  der  Gemeinde.  Die  acht  übrigen 
setzte  Kenzingen  selbst  ein,  ob  die  Gemeinde  oder  der  ab- 
gehende Rat,  ist  nicht  festzustellen. 

Die  Schöffen  des  Dorfes  Odratzheim  leisteten  bei  ihrem 
Amtsantritt  dem  Keller  des  Stadelhofes  als  ihrem  Ober- 
schultheißen einen  Eid^)-).     Am  30.  Janur  1522  wird  dieser 


^)  „Die  gerichtslüt  zu  Odratzheim  sollen  schweren,  dem  ober- 
schultheißen  und  dem  glocken  gehorsam  und  gewärtig  zu  sein, 
euch  glich  gericht  zu  haltenn  unnd  richtenn  dem  armen  als  dem 
richenn,  so  wyt  sy  sich  verston  und  sy  gott  wyset,  auch  alle 
freuell  truwlich  zu  richtenn  niemans  darunter  anzusehen."  Str 
Stadt- A.    V.CG.  A  40  Nr  88. 

-)  In  Monnenweier  wurde  auch  ein  Eid  geleistet.  „Darumb 
so  sollend  die  gesatzten  richter  sweren  ein  eid  an  den  heiligen, 
minen  herren  der  stat  Strasburg  getruw  und  hold  ze  sind,  ihren 
nutz  und  fromen  ze  werben  und  schaden  zewenden,  recht  gericht 
zu  halten  und  urteil  zu  geben  dem  armen  und  dem  riehen, 
niemand  zu  lieb  noch  zu  leid:  gebotten  und  verbotten,  och  de 
glocken  gehorsam  zu   sind   und  alles  das,   es  sy  holtz,   wasser. 


—      125      - 

zum  ersten  Mal  erwähnt,  und  es  scheint,  daß  er  damals 
auch  erst  eingeführt  wurde.  Seit  dem  12.  )anuar  1531 
schwuren  auch  die  Schöffen  von  Marlenheim,  Kirchheim  und 
Nordheim  und  wahrscheinlich  auch  diejenigen  der  anderen 
Dörfer  des  Amtes  Marlenheim. 


5.  Die  Tätigkeit  der  Gerichte. 

Die  Tätigkeit  der  Gerichte  entfaltete  sich  auf  doppeltem 
Gebiete,  dem  der  Rechtsprechung  und  dem  der  Verwaltung. 
Zu  beiderlei  Sitzungen  traten  die  Schöffen  unter  dem  Vor- 
sitz des  Dorfschultheißen  zusammen,  der  sie,  sofern  die 
Gerichtstage  nicht  regelmäßig  und  zu  ein  für  allemal  fest- 
stehenden Zeitpunkten  stattfanden,  nach  eigenem  Ermessen 
zusammen  berufen  konnte.  Dieses  scheint  vor  allem  bei 
der  Verwaltung  der  Fall  gewesen  zu  sein.  In  den  3  alten 
Reichsdörfern  Wasselnheim,  Marlenheim  und  Illkirch  hatten 
sich  Reste  der  karolingischen  Gerichtsverfassung  erhalten^). 
In  Wasselnheim  wurde  von  den  acht  ursprünglichen  echten 
Gerichtstagen  des  Jahres  an  vieren  die  niedere  Strafgerichts- 
barkeit ausgeübt,  an  den  4  anderen  schlichtete  das  Gericht 
die  zivilen  Streitigkeiten  der  Bürger.  Außerdem  konnte  hier 
der  Schultheiß  zu  deren  Erledigung  nach  eigenem  Gutdünken 
Wochengerichtstage  abhalten,  bei  welchen  zum  Unterschied 
von  jenem,  dem  sogenannten  Banngericht,  Gebühren  erhoben 
wurden,  welche  ihm,  den  Schöffen  und  den  Gerichtsboten 
zuflössen.  Diese  gebotenen  Gerichtstage  mußten  an  einem 
Dienstag  stattfinden. 


feld,  was  in  wun  und  weid  und  allen  wesen  dem  dorff  Nunen- 
wilre  zu  gehört,  trulich  zu  versehen  und  zuuersorgen  noch 
dem  besten  vermögen,  wie  harkommen  ist.  Och  mit  des  dorffs 
gut  erberiich  und  trulich  zu  handeln  und  da  mit  nach  nutz  umb 
ze  gond  on  all  geverd,  die  stur  gemein  zii  legen  on  geverd. 
Str.  Stadt-A.     G-  U-  P.  L.  1 15  Nr.  9. 

1)  Kiener,  S.  481,  weist  dasselbe  für  einige  Dörfer  des  Bis- 
tums nach. 


_     126     — 

Auch  in  Marlcnheim  wurde  an  vier  feststehenden  Ge- 
nchtstagen.    welche    an    den    vier    Pronfasten    abgeha  en 
wurden ,    über    niedere  Vergehen    entschieden.     In   lllk.rch 
^nd   bi     Anfang    des    16.    |ahrhunderts   ieden    Montag   e,n 
Gerichtstag    statt.     Da    die  Untertanen    aber  deswegen  zu^ 
viel  an  ihrer  Arbeit  versäumten,  bestimmte  d>e  Stadt  bald 
n-ich  Einführung  der  neuen  Huggerichtsordnung  von   1 509. 
d'aß  nur  alle  6  Wochen  ein  Gerichtstag  abgehalten  werden 
dürfe       in    Benfeld    fand    zweimal    im    |ahre    Frevelger.cht 
statt'  14  Tage  vor  Weihnachten  und  14  Tage  vor  |ohanm, 
ebenso    ein    Wochengerichtstag,    an    welchem    auch    über 

Frevel  geurteilt  werden  konnte. 

Die  niedere  Strafgerichtsbarkeit  lag  bis  in  den  Anfang 
des  16.  lahrhunderts  in  den  Händen  des  Schultheilknge- 
riclts  Aber  um  diese  Zeit  sehen  wir  die  Stadt  m>t  Erfolg 
bemüht,  demselben  jede  Befugnis,  über  Vergehen  zu  ur- 
teilen zu  entreißen,  und  ihm  nur  die  Entscheidung  über 
zivile  Streitigkeiten  der  Untertanen  zu  belassen.  Ani  vvirK- 
samsten  wurde  diese  Absicht  der  Stadt  in  den  Amtern 
„Ikirch  und  Wasselnheim  durch  die  bereits  erwähnten 
Gerichtsordnungen  von   1509  und   1532  ausgeführt. 

Die  Reform   wurde  nach   einer  Denkschrift  des  Punf- 
zehnermeisters    Veitin    Storck    ausgearbeitet    und    gelangte 
zunächst    im  Amt  lllkirch    zur  Einführung.     Ihr  Inhalt  war 
folgender:    sobald    die  Untertanen    in    den  Dörfern,  welche 
de^  Stadt  mit  besonderem  Eide  verpflichtet  waren,  namhch 
Schultheiß .    Heimburge   oder  Meister ,    Schöffen .  Gerichts- 
boten    und   Wirte,    irgend    welche  Übertretungen    m    ihren 
Dörfern  sahen  oder  von  ihnen  hörten,  mußten  sie  dieselben 
mit   allen  Einzelheiten  dem  Schultheißen  mitteilen.     Dieser 
war  verpflichtet .    innerhalb  1 2  Tagen  oder  spätestens  drei 
Wochen   nach   Straßburg   auf   den   Pfennigturm   zu   gehen 
und   hier   genau    darüber  zu  berichten.     Ein  Schreiber  da- 
selbst  schrieb    den  Bericht  auf.     Ebenso  konnte  auch  der 
Heimburge    oder   gegebenenfalls   auch   einer   vom    Gericht 


1 

» 


—-      127     — 

den  Frevel  auf  dem  Pfennigturm  zu  Protokoll  geben.  Wenn 
sich  aber  Michtbürger  oder  nicht  dauernd  ansässige  Knechte 
oder  Tagner  etwas  zu  schulden  kommen  ließen,  waren  die 
Dorfbeamten  verpflichtet,  sie  sofort  „in  gelübdt"  zu  nehmen, 
sich  dafür  der  Stadt  zur  Bestrafung  zu  stellen,  oder  sie 
konnten  ihnen  ihre  Kleider  oder  den  Lohn  bei  ihren  Meistern 
pfänden.  Leisteten  die  Übeltäter  tätlichen  Widerstand,  so 
mußte  jeder  Untertan  helfen,  sie  zu  überwältigen.  Auf  dem 
Ruggericht,  welches,  wie  wir  sahen  vom  Vogt,  einem  Land- 
herrn und  einem  Dreier  abgehalten  wurde,  verlas  der 
Schreiber  die  Frevel,  und  von  den  „Herren"  wurde  einzeln 
darüber  das  Urteil  gesprochen  ohne  Mitwirkung  der  Gemeinde. 
Die  Ordnung  aber  mußte  auf  jedem  Vogtgericht  von  den 
Personen,  welche  für  ihre  Ausführung  zu  sorgen  hatten, 
beschworen  werden. 

Im  Amt  Wasselnheim  schritt  man  zunächst  noch  nicht 
zur  Aufhebung  der  alten  Gerichte,  sondern  man  reformierte 
sie  dadurch,  daß  man  den  Vogt  an  den  Gerichten  für 
niedere  Strafgerichtsbarkeit  teilnehmen  ließ.  Dieses  ist  für 
die  Gemeinde  Wasselnheim-Brechlingen  bezeugt  und  für 
Zehenacker  sicher  anzunehmen  und  im  jähre  1514  eingeführt 
worden^).  Aber  die  Hintersassen  weigerten  sich,  sich  von 
dem  Vogte  aburteilen  zu  lassen,  sie  liefen  lieber  zur  Stadt 
und  stellten  sich  hier  dem  Gericht;  so  war  es  leicht  mög- 
lich, daß  sich  mancher  der  Bestrafung  entzog.  Daher 
legten  die  Landherren  am  13.  )uni  1514  dem  Vogte  nahe, 
er  solle  nur  die  Untertanen  unbestraft  lassen,  welche  ihm 
schriftlich  nachweisen  könnten ,  daß  ihr  Vergehen  bereits 
von  der  Stadt  gesühnt  sei,  alle  anderen  aber  solle  er  un- 
weigerlich   zur  Bestrafung  heranziehen'-).     Jedoch  im  Jahre 

1)  Der  bereits  erwähnte  Beschluß  der  Landherren  über  die 
Zusammensetzung  des  Gerichts  vom  20.  August  1513  zeigt  noch 
die  Selbständigkeit  desselben. 

*)  Daß  die  Stadt  in  Wasselnheim  bei  der  Organisation  der 
Gerichtsverfassung  zu  kämpfen  hatte,  beweist  auch  folgende 
Stelle  aus  dem  Weistum  von  1529: 


i 


_     128     — 
,532  «»rde  in  a.len  Dorfern  d«  A■"»^«««'S,  *" 
D,e  toicbK  in  ö.n  Dörfern  de,  '-*"  7;,    J^^;  „ 

""'""TL.      de    vS  a.  allen  Ocrfeh.ss,.,-nngen,  .n. 
T'"       L  fT.el  »«bände«  wnrde,  tellnebnien  zu  ....e„. 

*„r "  et   »  -ntle  Bes,-n,  nocn  e,nn,.„ 

einzuschärfen.  7,ictande 

,.  An.t  Manen...    "e--  ;;-^;;  ^J^^:^ 

bestehen,  wie  man  sie  vorfand.     D^^  G;;j  ^      3^^^,^  ,,, 

.u   suchen,   daß  einmal  '^^'/^''^''^^sZ  Ig^  nicht 
,.   „  Rwrhof  öcteilt  war,  sodann  der  stadtiscne  vug 

iSrtr    de    Stadt  Strasburg,   sondern   ein   Hintersasse 
em   Burger    der  ;,i  ^^^.^^^   g^, 

::„  e!;::;  in  .ra^hurg  seihst  oaer  durch  .nener^ 
ordneten  an  Ort  und  Stelle  zu  richten  ).  vv.e 
"^^^  auch  sach,  das  ein  reicher  oder  -er  .a^n.^er 
were  wer  er  wolt.  ettwas  '"''^"^^';, '°  '°''  '^  gestellt  werden  zu 

von    den  herren.  sonder[n]  "  ,^°"  ^^^^^^^'^  ^  k^ein  reiß  nit 
Wafslenheimundnitweuter   so,,    uchkhemer  ^^_^.^^  ^^^  ^^ 

^'^"^""tlnlrschein  wi     r  hl^hoLen.  er  so,,  auch  bey 
mag  bey  sonnen  schein  w>a  heimkhommen  muge" 

Sonnenschein  ausghon.  das  er  wider  nei  ^.^ 

.)  Die  Ordnung  liegt  3"^='^,^!"^"''  ""  üb^,,Sung  der  111- 
ist  eine  sinngemäße   a,''- ;;>-  '^^^f  ^^^      :ren  mit  einer 

1532  eingeführt  worden  sein.  ^^  j^^. 


—     129     — 

anderen  Ämtern  gelegentlich  vorkommen  konnte^).  Trotz- 
dem schritt  man  im  Jahre  1531  auch  hier  zu  Meuerunge.i, 
welche  zunächst  ohne  den  Bischof  eingeführt  wurden. 
Vorbildlich  waren  die  Verhältnisse  in  Odratzheim.  Wir 
sahen  bereits,  wie  der  Keiler  des  Stadelhofes  das  Schult- 
heißenamt  in  jenem  Dorf  versah;  ebenso  wurde  der  Schult- 
heiß zum  Oberschultheißen  von  Kirchheim  und  Nordheim 
für  kriminelle  wie  zivile  Gerichtsbarkeit  gemacht'-).  Die 
Schultheißen  dieser  beiden  Dörfer  sanken  zu  „stabhaltern" 
des  Oberschultheißen  herab  analog  dem  Gerichtsboten  in 
Odratzheim'% 

Diese  Ordnung  wurde  von  den  Gerichten  in  Kirchheim 
und  rSordheim  auf  dem  Vogtgericht  vom  12.  )anuar  1531 
zum  ersten  Mal  beschworen.  Als  bald  darauf  das  Amt 
des  Kellers  mit  dem  des  Oberschultheißen  vereinigt  wurde, 


daz  man  denen  von  Narle,  Kirchheim  und  Northeim  uf  ir  inge- 
legt  beruempt  gerechtigkeit  antwort  geben  soll,  und  was  danach 
myn  herren  meinung  mit  den  pfistern  zu  Northeim  des  ver- 
brochenen freveis  halb  furzunemen  gut  beduncken  wurt,  sol 
dem  vogt  witer  schriftlich  zuerkennen  geben  werden." 

^)  1546  teilen  die  Landherren  des  Amts  Herrenstein,  Peter 
Sturm,  Nathis  Beger  und  Caspar  Rumler,  dem  Vogt  dieses  Amtes, 
Johann  von  Rudern,  mit,  daß  sie  die  in  Zabern  erfolgte  Verur- 
teilung zweier  Untertanen,  welche  sich  anscheinend  dort  ver- 
gangen hatten,  billigten  und  z.  T.  die  Strafe  noch  erhöht  hatten ; 
zugleich  befahlen  sie  dem  Vogt,  den  Bannwart  wegen  Amtsver- 
gehens 8  Tage  einzusperren  und  ihn  dann  seines  Amtes  zu  ent- 
setzen. 

'-)  „der  gerichtslüt  eyd  der  dörffer  Narle  Northeim  und  Kirch- 
heim: die  gerichtslüt  zu  Marie  sollen  schweren"  usw.  wie  in  Odratz- 
heim- „glichfermigen  eyd  thund  auch  die  gerichtslüt  der  dörffer 
Northeim  und  Kirchheim,  welche  alle  dem  stab  zu  Marie  under- 
worfen,  und  über  welche  der  Schultheiß  zu  Narle"  usw.  St.  Stadt 
A.  V.  C  G.  A  40  Nr.  88. 

^)  Das  Amt  des  Gerichtsboten  betand  in  den  2  Dörfern 
jedenfalls  weiter  fort.  Ob  die  Schultheißen  auch  Unterschult- 
heißen genannt  wurden,  ist  nicht  überliefert- 

9 


jä 


—      130     — 

wurde  dieser  auch  Oberschultheiß  von  Odratzheim^).  Am 
21.  November  leisteten  die  Schöffen  dieses  Dorfes  dem 
Oberschultheisen  von  Marlenheim  zum  ersten  Mal  den  Eid. 

Im  Jahre  1533  wurde  auch  die  Teilnahme  des  städ- 
tischen und  des  bischöflichen  Vogtes  an  den  Prevelge- 
richten  geregelt"-),  nachdem  es  vorher  zu  Competenzstreitig- 
keiten  zwischen  jenem  und  dem  Schultheißen  gekommen 
war,  welche  eine  städtische  Verfügung  vom  )ahre  1532 
nicht  hatte  beseitigen  können. 

Demnach  sollte  im  ganzen  Amt  Marlenheim  über  keinen 
Frevel  ohne  Einverständnis  der  Vögte  erkannt  werden,  und 
es  konnten  Hintersassen,  welche  von  diesen  vor  Gericht 
gestellt   wurden,    vom    Gericht    nur  für   schuldig  oder  un- 


')  Über  die  kleineren  Dörfer  Romansweiler,  Goßweiler, 
Danne  und  Münchhofen  verlautet  nichts- 

-)  „der  bereichtigten  freuel  halb  lüterung  1533-  als  auch 
der  vogt  und  Schultheiß  des  anderen  punctens  halb,  die  be- 
rechtigten freveil  belangend,  wie  in  (-dem  Vogt  und  dem  Schult- 
heißen) der  (-der  andere  Punkt)  vergangen  jars  geben  und  hie- 
vor  geschrieben  ist,  ein  misverstand  haben,  nämlich  daß  der 
seh.  vermeint,  das  die  gericht  unverscheidenlich  inn  mißhand- 
lungen,  für  sy  komend,  freveil  zu  erkennen  und  zu  ernennen 
[macht]  haben  sollen,  und  waß  also  erkannt  [wird],  davon  soll 
dem  seh.  vermög  der  dinghoff  rodeln  der  zweyetcil  zuston,  den 
Vögten  allein  der  3.  pfenig;  dogegen  der  vogt  sagt,  als  er  den 
abscheid  verstand,  soll  das  allein  uff  des  Stadelhoffs  herlicheyt 
sich  erstrecken. 

daruf  inen  volgends  lüterung  geben:  das  die  gericht  an 
allen  orten  der  vogty  Marlenheim  on  der  vogt  bewilligung  über 
kein  freveil  erkennen  sollen;  es  sy  aber  [dass  jemand]  von 
[den]  vogten  do  zu  erfordert  [wird],  und  jemanns  von  inen  recht- 
lich vor  dem  gericht  freveis  halb  f urgestellt  wurt,  sollend  sy 
[-die  Gerichte]  allein  die  selben  ledig  oder  der  herrschaft  fellig 
erkennen  und  kein  frevell  erkennen,  sondern  dasselbig  zu  tun 
den  Vögten  übergeben  und  von  der  herrschaft  wegen  teil  zuge- 
hören;  jedoch  soll  dem  seh.  hiemit  sine  frevell,  die  herrschaften 
des  stadelhoffs  belangend,  nit  entnommen  sin,  sonder,  wo  der 
selben  zufall  kommen,  inhalt  der  rodeln  verteilt  werden-'*  Str. 
Stadt.     -  A.  V.  C  G.  A.  39  Nr-  86  I. 


131 


schuldig  erklärt  werden.  Dagegen  blieb  es  den  Vögten 
überlassen ,  die  Strafe  festzusetzen.  Die  Gerichtsbarkeit, 
welche  den  Stadelhof  betraf,  blieb  dem  Schultheißen  vor- 
behalten ,  dem  ebenso  wie  bei  den  beiden  Vögten  ein 
bestimmter  Anteil  an   den  verhängten  Geldstrafen  zustand. 

Die  hohe  Strafgerichtsbarkeit  im  Amt  Kürnberg  wurde 
von  dem  dortigen  Vogt  ausgeübt,  nur  Kenzingen  und 
wahrscheinlich  auch  Herbolsheim  waren  ausgenommen. 
Über  die  Gerichtsverfassung  von  Herbolsheim  ist  nichts 
bekannt. 

In  Kenzingen  lag  die  hohe  und  die  niedere  Gerichts- 
barkeit in  den  Händen  der  Räte  und  des  Bürgermeisters 
daselbst.  Bei  peinlichen  Fällen  mußte  der  Schultheiß  als 
Beamter  der  Stadt  Straßburg  mit  herangezogen  werden*). 
Dagegen  waren  Rät  und  XXI  nicht  berechtigt,  Bürger  von 
Kenzingen,  welche  gefrevelt  hatten,  selbst  zu  verurteilen. 
Als  es  doch  einmal  vorkam,  beschwerte  sich  der  Rat  von 
Kenzingen  ganz  energisch  in  Straßburg.  )edoch  waren  die 
Kcnzinger  verpflichtet,  alle  Übertretungen,  welche  ihnen 
vom  Schultheiß  oder  der  Ratsbotschaft  angezeigt  wurden, 
zu  ahnden.  Die  Rät  und  XXI  mußten  sich  daher  darauf 
beschränken,  daselbst  Erevelordnungen  einzuführen  und  für 
ihr  strenge  Durchführung  zu  sorgen. 

Eine  solche  kam  1514  zur  Einführung.  In  einem 
Zettel,  welcher  einem  Briefe  vom  19.  )uli  beigelegt  war, 
legten  die  Landherren  dem  Schultheißen  und  dem  Schaffner 
noch  einmal  deren  strenge  Handhabung  ans  Herz.  Aber 
der  Rat  von  Kenzingen  suchte  dem  Eingreifen  der  Herr- 
schaft in  seine  Gerichtsverfassung  manche  Schwierigkeiten 


1)  ,,item  der  frevel  halb,  so  hoch  oder  nieder,  werde  durch 
die  burgermeister  [und]  gemeinige  bracht,  nemlich  daß  diesel- 
bigen  unserm  Schultheiß  zumachtent,  wan  einer  ein  grossen 
frevel  verschilt-'*  Protokoll  einer  Sitzung  der  Landherren.  Str. 
Stadt-A.  V.  C-  G.  B  7  Nr-  5.  Aus  dem  Schultheißeneid  ist  nichts 
bestimmtes  zu  entnehmen. 

9* 


—      132     — 

in  den  Weg  zu  legen,  u.  a.  verlangte  er  1513/14  von  jedem, 
welcher  vom  Schultheißen  angezeigt  und  dann  verurteilt 
wurde,  2  Schilling  für  sich  selbst  außer  der  Strafe;  „zu 
dem.  daz  sie  (=  die  Räte)  etlich  mer  Kentzingen  geneigt, 
dan  der  statt  Strassburg,"  heißt  es  in  einem  Protokoll  der 
Landherrensitzungen. 

In  Ettenheim  hatte  die  Stadt  Straßburg  ebenfalls  die 
hohe  Gerichtsbarkeit. 

Dasselbe  scheint  auch  in  Benfeld  der  Fall  gewesen  zu 
sein,  wo  in  den  Einnahmeverzeichnissen  des  Vogts  aus 
dem  Anfange  des  15.  Jahrhunderts  verschiedenemal  Geld- 
bußen auftreten,  welche  für  Todschlag  gezahlt  wurden. 

in  Lichtenau  gehörte  jede  Gerichtsbarkeit  der  Stadt 
und  den  Herren  von  Lichtenberg  zusammen'). 

Durch  die  Zentralisation  der  öffentlichen  Gerichtsbar- 
keit in  den  Händen  von  Rät  und  XXi  war  die  Möglichkeit 
zur  strengeren  Durchführung  der  bestehenden  Rechtsver- 
Ordnungen  gegeben.  Die  Rechtsunsicherheit,  welcher  vor- 
her Tor  und  Tür  geöffnet  war,  war  vermindert,  und  die 
Grundlage  für  einen  engeren  Anschluß  der  Untertanen  an 
die  Stadt  war  gegeben.  Neue  Strafregister  wurden  unter 
Zugrundelegung  der  bereits  bestehenden  eingeführt,  so  am 
20.  Oktober  1509,  wobei  die  alten  vom  17.  )uni  1477  er- 
neuert und  erweitert  wurden.  Durch  häufiges  Vorlesen  auf 
den  Dingtagen  und  durch  die  Beamten  wurden  sie  zur  all- 
gemeinen Kenntnis  gebracht,  es  kam  nur  darauf  an,  daß 
Übertretungen,  welche  vorkamen,  auch  regelmäßig  ange- 
zeigt wurden.  Auch  dafür  war  gesorgt.  Nicht  nur  die 
Dorfbeamten,    sondern    jeder  Untertane  überhaupt  war  eid- 


^)  in  Allmannsweier  und  Wittenweier  galt  um  die  Mitte  des 
17.  Jahrhunderts  folgende  Ordnung:  „so  werden  dieselben  (=  die 
frevel)  alle  jähr  montags  nach  Laurenty  in  all  interessirten  Obrig- 
keiten beysein  nach  befindung  der  umbstände  geschlagen  undt 
wie  anderer  herrschaften  gefalle  vertheilt."  St.  Stadt-A.  Argen- 
torensia  historico-politica  tom  II  (49). 


—      133     — 

lieh  verpflichtet,  alle  Vergehen,  von  denen  er  erfuhr,  sofort 
anzuzeigen.  Zuwiderhandlungen  wurden,  wenn  sie  bekannt 
wurden,  als  Ungehorsam  angesehen  und  bestraft. 

Das  alte  Dorfgericht  erkannte  auf  Geldstrafe^),  die 
Herrschaft  dagegen  außerdem  noch  auf  Gefängnis,  Züch- 
tigung und  Tod. 

Die  Gerichtsgefälle  wurden  in  den  einzelnen  Gemeinden 
durch  verschiedene  Beamten  eingesammelt,  in  Wasseln- 
heim  wurden  sie  anfangs  jährlich  einmal,  seit  1514  da- 
gegen viermal  erhoben.  In  der  Regel  gehörten  nicht  alle 
Gerichtsgefälle  der  Stadt.  Zum  Jahre  1514  wird  berichtet, 
daß  die  Gemeinde  Niederhausen  ein  Drittel  derselben,  Ober- 
hausen sogar  die  Hälfte  zu  nehmen  befugt  war.  Dasselbe 
war  in  Kenzingen  der  Fall.  Aber  in  einer  Denkschrift, 
welche  die  Stadt  im  Jahre  1514  bei  Rät  und  XXi  ein- 
reichte, behauptete  sie  dreist,  daß  von  jeher  ihr  die  Ge- 
richtsgefälle „zu  uffhalten  irer  zargen  stattmuren,  brugken, 
Stegen  und  wegen"  allein  zugestanden  hätten.  Die  Antwort 
der  obersten  Stadtbehörde  darauf  kennen  wir  nicht. 

Die  Geldstrafen,  welche  auf  dem  seit  1509  im  Amt 
illkirch  bestehenden  Ruggericht  festgesetzt  wurden,  fielen 
ungeteilt  der  Stadt  zu.  Jedoch  wurde  im  Dorf  Illkirch  in 
den  Jahren  1547—54  der  Gemeinde  davon  jedesmal  ein 
Geschenk  von  10—15  Schillingen  gemacht.  Bei  Frevel- 
sachen, welche  von  einem  Stadtgericht  gerichtet  wurden, 
fiel  der  Anteil  der  Gemeinden  an  den  Gefällen  weg,  das- 
selbe war  der  Fall,  wenn  auf  dem  Weg  der  Gnade  die  fest- 
gesetzte Strafe  von  Rät  und  XXI  nicht  ganz  erlassen  wurde. 

Die  Gefangenen  des  Amts  Illkirch  wurden  nach  Straß- 
burg gebracht  und  hier  interniert,  der  Gerichtsbote  hatte 
dafür  zu  sorgen.  Diejenigen  des  Amtes  Wasselnheim 
blieben  in  der  Burg  daselbst,  wohin  auch  die  von  Marlen- 


1)  Vgl.  Knapp,  S.  50.    Anm-  9  u.  10;  ich  finde  keinen  Beleg, 
daß  es  auch  auf  Gefängnis  erkannte. 


—      134     — 

heim  gebracht  wurden.  Diese  letzteren  kamen  abvvechsehid 
dorthin  und  nach  Moisheim  in  das  bischöfliche  Gefängnis. 
Auf  dem  Schloß  Kürnbcrg  waren  die  Gefangenen  aus  dem 
gleichnamigen  Amt  untergebracht. 

Eine  Berufung  gegen  die  Entscheidung  des  Dorfge- 
richts scheint  es  nicht  gegeben  zu  haben,  dagegen  kamen 
Gesuche  um  Straferlassung,  sogen.  Gesuche  um  „gnad", 
welche  direkt  an  Rät  und  XXI  gerichtet  wurden,  ziemlich 
häufig  vor^).  Zur  vollen  Aufhebung  der  einmal  verhängten 
Strafe  wird  es  nicht  oft  gekommen  sein,  dagegen  war 
Herabsetzung  derselben  und  Stellung  von  günstigeren 
Zahlungsterminen  häufiger  das  Ergebnis;  jedoch  wurde 
solchen  Gesuchen  um  Straferlaß  erst  stattgegeben,  wenn 
vorher  das  Dorfgericht  bereits  entschieden  hatte.  Daß 
auch  Gnadengesuche  gegen  Entscheidungen,  welche  von 
einem  unter  dem  Vorsitz  des  Vogtes  oder  eines  städtischen 
Vertreters  abgehaltenen  Gericht  erkannt  wurden,  möglich 
waren,  ist  wahrscheinlich. 

6.  Das  Gericht  als  Verwaltungsbehörde. 

Die  Verwaltungsbehörde  bestand  außer  dem  Schultheiß 
und  den  Schöffen  in  der  Regel  noch  aus  den  Heimburgen 
der  Gemeinde.  Diese  trat  zur  Beratung  allgemeiner 
Fragen,  welche  das  Interesse  der  Gemeinde  betrafen  (wie 
z.  B.  des  Streites,  welchen  lllkirch  im  )ahre  1431  mit 
einigen  Machbardörfern  wegen  des  Fischfangs  auf  der  III 
hatte,  und  desjenigen  der  drei  Dörfer  des  Amtes  Marien- 
heim  mit  der  Stadt  Straßburg  wegen  der  Holzgerechtigkeit 
im    Odenwald)  zu    besonderen    Sitzungen    zusammen,    bei 

'}  1513  bittet  der  Kaplan  von  Kenzingen  die  Landherren, 
als  sie  in  K  waren,  um  Straferlaß  für  seine  Magd;  diese  ent- 
scheiden nicht  sofort  darüber,  vermutlich,  weil  sie  nicht  alle 
sechs  zusammen  waren,  sondern  erst  in  Straßburg  erkennen  sie 
auf  Straferlaß  und  teilen  diesen  Beschluß  dem  Kaplan  und  dem 
Schultheißen  in  K-  mit-     Registerbuch. 


1 


—      135     — 

denen  wahrscheinlich  in  Marlenheim  der  Schreiber  das  Pro- 
tokoll führte.  Die  Rät  und  XXI  wahrten  ihren  Einfluß  auf 
dieselben  dadurch,  daß  der  Vogt  die  Beurkundung  der  Be- 
schlüsse dieser  Verwaltungsbehörde,  sow^eit  diese  besiegelt 
wurden,  entweder,  wie  in  lllkirch,  selbst  besorgte  oder,  wie 
in  Wasselnheim,  wenigstens  dabei  beteiligt  war. 

Die  Verwaltungsbehörde  galt  als  Vertretung  ihrer  Ge- 
meinde. Sie  nahm  nach  außen  das  Interesse  derselben 
wahr  selbst,  wie  wir  sahen,  Rät  und  XXI  gegenüber;  sie 
konnte  Urkunden  und  Briefe  ausstellen,  und  an  sie  wurden 
solche  gerichtet.  Im  Zusammenhang  damit  steht  das  Be- 
streben der  einzelnen  Gemeinden,  sich  in  den  Besitz  eines 
eigenen  Siegels  zu  setzen. 

Analog  den  Städten  Molsheim,  Zabern,  Börsch  etc., 
welche  bereits  im  Anfang  des  15.  [ahrhunderts  eigene 
Siegel  hatten,  können  wir  auch  für  die  Straßburger  Terri- 
torialstädte Kenzingen,  Ettenheim,  Herbolsheim,  Lichtenau 
und  Benfeld  solche  annehmen. 

Was  die  Dörfer  anbetrifft,  so  heißt  es  in  dem  Protokoll- 
buch der  Landherren  unterm  13.  September  1513:  „item  die 
von  Wasselnheim  begeren,  inen  ein  Siegel  zuzelossen." 
Diesem  Gesuch  gab  Straßburg  statt  und  setzte  zugleich 
eine  Siegelordnung  fest.  Demnach  hatte  der  Schultheiß 
dasselbe  aufzubewahren  und  bei  jeder  Versiegelung,  welche 
er  machte,  einen  Heimburgen  und  einen  Schöffen  mit  heran- 
zuziehen. Es  wurden  mit  ihm  alle  Gerichtsurkunden  besiegelt, 
welche  auf  Antrag  einer  Partei  von  dem  Gericht  ausge- 
stellt wurden,  ferner  die  „kouffbrieff  oder  vertragsbrieff,"  welche 
die  einzelnen  Hintersassen  ausfertigten,  und  endlich  alle 
Urkunden  und  Briefe  des  Dorfes  selber.  Die  Gerichts- 
urkunden versiegelte  der  Schultheiß  mit  seinen  Gehülfen 
allein,  bei  allen  anderen  dagegen  mußte  der  Vogt  mit  hin- 
zugezogen werden,  jede  Besiegelung  kostete  6  Pfennig, 
von  welchen  die  Stadt  drei  erhielt  und  die  drei  Besiegeier 
die  anderen.     Im  jähre  1536  wurde  von  dem  Gericht  und 


—       1 36      — 

dem  Amtmann  festgesetzt,  daß  jeder  Ausbürger   18  Pfennig 
Siegelgeld  bezahlen  sollte. 

Zum  )ahre  1532  wird  berichtet,  daß  die  Gemeinde 
Nordheim  sich  ein  eigenes  Siegel  machen  ließ,  welches  die 
Rät  und  XXI  nachträglich  bestätigten.  Dagegen  scheint 
es,  daß  die  Dörfer  des  Amtes  lllkirch  kein  Siegel  besaßen, 
vielmehr  der  Vogt  vermutlich  mit  einem  besonderen  Amts- 
siegel die  BeSiegelung  aller  Schriftstücke  aus  dem  Amte 
vornahm^). 

Dazu  hatte  die  Verwaltungsbehörde  noch  eine  Reihe 
anderer  Befugnisse,  wie  die  Sorge  für  den  Bau  einer  Dorf- 
schmiede und  Bäckerei,  für  das  Bepflanzen  der  Almende 
mit  Bäumen  oder  deren  Entfernung  u.  a.');  es  ist  aber  wichtig 
festzustellen,  daß  es  schon  zu  Anfang  des  16.  Jahrhunderts 
im  Amt  Marlenheim  Gemeindesteuern  gegeben  hat,  worüber 
die  Verwaltungsbehörde  zu  verfügen  hatte. 

Die  Dorfobrigkeit^j. 

Der  Schultheiß^). 
Der  Schultheiß  ist  der  erste  Vorsteher  der  Gemeinde. 
In  den  weitaus  meisten  Dörfern  der  Stadt  Straßburg  wurde 
er  von  der  Gemeinde  unter  Vorsitz  des  Vogtes  oder  eines 
unmittelbaren  Vertreters  von  Rät  und  XXI  aus  der  Reihe 
der  Gemeindebürger  gewählt.  Die  Wahl  bedurfte  aber  der 
Bestätigung  durch  die  städtische  Behörde,  die  nicht  immer 
erteilt  wurde"^);  wurde  sie  versagt,  so  konnte    unmittelbare 

0  Ein  Besoldungsverzeichnis  des  Vogts  von  lllkirch  aus  dem 
Anfang  des  16.  Jahrhunderts  besagt,  daß  er  in  Dorlisheim  und 
den  Dörfern  „über  Reine"  nichts  versiegelt. 

')  Vgl.  Knapp,  S.  51   und  S.  173. 

3)  Eine  ausführliche  Darstellung  der  Beamten  der  Territorial- 
städte  konnte  aus   Nangel    an  Material   nicht  gegeben   werden. 

^)  Vgl.  Knapp,  S.  43-45. 

ö)  In  Dorlisheim  wurde  am  18.  Mai  1547  jakob  Thin  in  An- 
wesenheit von  lakob  Meyer,  eines  Dreiers  vom  Pfennigturm, 
als  städtischen  Verordneten,  zum  Schultheiß  gewählt    Mach  dessen 


X 


—      137      — 

Ernennung  durch  Rät  und  XXI  stattfinden.  Der  Schultheiß 
hatte  wahrscheinlich  der  Stadt  einen  Eid  zu  leisten').  Er 
wurde  durch  einen  Verordneten  der  Stadt  in  sein  Amt  feier- 
lich eingesetzt,  die  Gemeinde  und  die  Schöffen  hatten  ihm 
dabei  zu  schwören. 

Die  Wahl  zum  Schultheißen  erfolgte  auf  unbestimmte 
Zeit,  daher  fiel  sie  nicht  in  eine  bestimmte  Jahreszeit,  wie  z.  B. 
die  der  Schöffen,  sondern  man  richtete  sich  dabei  nach 
dem  jeweilig  obwaltenden  Bedürfnis.     Absetzung  durch  Rät 


Tode  wurde  am  4.  März  1551  jakob  Schmidt  gewählt,  die  Stadt 
versagte  ihm  jedoch  die  Bestätigung  und  Hans  Meyer  wurde 
als  Seh.  von  den  „Herren"  angenommen,  und  zwar  ohne  Wahl. 
Nach  ihm  wurde  am  18.  Januar  1563  Georg  Monsheim  von  der 
Bürgerschaft  gewählt,  bei  der  Wahl  war  Georg  Müg  als  Vertreter 
der  Stadt  zugegangen.  Auch  dieser  wurde  nicht  bestätigt  und 
Anthoni  Harz  von  den  Landherren  zum  Schultheißen  bestimmt. 
Ebenso  wurde  1578  die  Wahl  des  Georg  Daiber,  die  per  maiora 
erfolgte,  nicht  anerkannt,  sondern  ein  anderer  eingesetzt. 
1)  Der  Eid  des  Seh.  von  Kenzingen  ist  überliefert 

Eins  Schultheißen  eyde 

Item  ein  Schultheis  sol  sweren,  minen  gnädigen  herren 
der  statt  Stroßburg  un  minen  herren  der  statt  Kenzingen  getruw 
und  gewer  zu  sinde,  iren  fromen  nutz  und  ere  zu  fürdern,  iren 
schaden  ze  warnen  und  ze  wenden,  souere  er  yemer  kan  oder  mag, 
ungeuerlich,  und  yettwederem  teile  zu  haben  und  zu  sprechen 
laussen,  waß  inen  dann  von  rechtswegen  zugehört  und  von 
alter  harkommen  ist;  ouch  all  Unzuchten,  fräuel  und  misstaten 
zu  rügen,  helffen,  haben,  künden  und  schirmen  volliglich  und 
un  mit  gantzen  truwen,  so  er  yemer  best  mag,  ongeuerde-  Alle 
brieff  halten  und  den  rat  verswygen,  recht  richten  dem  armen 
als  dem  ryechen  vnd  urteyl  laussen  sprechen  nach  deß  rats 
besten  verstendnus,  es  gang  an,  wen  es  wolle,  nieman  zelieb, 
noch  zeleyde,  weder  durch  miet,  vintschafft  noch  fruntschafft, 
noch  durch  dheinerley  ding,  on  alle  geuerde.  Ouch  alle  zinß, 
die  in  und  zu  den  hoffstadt  zinßen  gehören,  ze  sammen,  alß 
vere  er  auch  kan  oder  mag;  vnd  zwölf  marck  Silbers  alle  iar 
daruß  zu  richten  den  erbere  lütten  gein  Strossburg,  denen  sy 
dann  zugehören,  on  minere  herren  von  Kentzingen  costen  und 
schaden.    Str.  Stadt-A-  GUP.  148  B  115  Nr.  8  (14). 


—      1 38      — 


und  XXI    kam    nicht    selten    vor,    auch    war    es    nicht    die 
Regel,  daß  der  Schultheiß  das  Amt   lebenslänglich  behielt. 

Die  Hauptbefugnis  des  Schultheißen  lag  auf  dem  Ge- 
biete des  Gerichtswesens,  die  sich  mit  dessen  allmählicher 
Änderung  in  der  Zeit  der  Zugehörigkeit  der  einzelnen  Dörfer  zu 
Straßburg  ändern  mußte.  Er  war  auch  allein  befugt,  das  Gericht 
zu  einer  Sitzung  zusammen  kommen  zu  lassen  und  diese 
zu  leiten,  nicht  der  Vogt  des  Amtes,  welcher  nur  die  Ge- 
meinde berief. 

Seine  Stellung  als  Vorsitzender  der  Verwaltungsbehörde 
ist  nicht  genügend  aufgeklärt.  Mur  soviel  steht  fest,  daß 
wenn  der  Vogt  an  den  Gerichtssitzungen  teilnahm,  der 
Schultheiß  den  Schöffen  gegenüber  nur  ein  primus  inter 
pares  gewesen  sein  konnte. 

In  der  Verwaltung  war  der  Schultheiß  der  Stadt  gegen- 
über in  gewisser  Beziehung  haftbar  für  strenge  Durch- 
führung der  von  ihr  in  den  Dörfern  erlassenen  Ordnungen 
und  Befehle.  Umgekehrt  galt  er  der  Gemeinde  oder 
ihren  einzelnen  Bürgern  gegenüber  als  offizielles  Organ,  durch 
das  sie  mit  der  Herrschaft  oder  auch  anderen  Personen 
verkehrten.  Häufig  wurden  bei  derartigen  mündlichen  Ver- 
handlungen auch  einige  Leute  vom  Gericht  mit  herange- 
zogen. 1513  wurde  der  Schultheiß  mit  3  Leuten  des  Ge- 
richts von  dem  Dorf  Dettweiler  nach  Straßburg  geschickt, 
um  hier  ein  Anliegen  vorzubringen.  Er  wurde  neben  dem 
Heimburgen  und  dem  Gericht  im  Protokoll  von  Briefen 
und  Urkunden  genannt,  welche  die  Gemeinde  ausstellte 
und  welche  sie  empfing').  Er  konnte  aus  eigener  Initiative 
über  Begebnisse  und  Mißstände  im  Dorf  an  die  Herrschaft 
Bericht  erstatten.     Wenn  der  Vogt  zufällig   vom  Amte  ab- 


^)  1488:  „Schultheiß,  burgermeister  und  rat  zu  Kentzingen"  usw. 

U.  Dez.  1513.    ,,Wir  etc  Entbieden  unserm  Schultheiß  und 
gericht  zu  Wasselnheim  alles  gut"    Registerbuch. 


—      139     — 


wesend  war,  gingen  in  der  Zwischenzeit  z.  T.   dessen  Be- 
fugnisse, vor  allem  die  polizeilichen,  auf  ihn  über^). 

Darüber  hinaus  wechselten  in  den  einzelnen  Gemeinden 
die  Nebenbefugnisse  des  Schultheißen.  So  konnte  er  bei 
den  einzelnen  Zweigen  der  Verwaltung  beteiligt  sein,  z.  B. 
beim  Einsammeln  der  Bede  und  des  Ungeldes.  Oft  war 
er  geradezu  der  städtische  Steuererheber  für  die  Gemeinde, 
so  in  Ittenheim,  Handschuhsheim,  Herbolsheim.  Dagegen 
heißt  es  1530  ausdrücklich  für  Marlenheim:  „das  schult- 
heißenampt  hatt  der  statt  nichts  inzubringen  und  zuver- 
rechnen; er  versihet  den  stab  und  wurt  vom  stadelhoff, 
dem  er  ouch  schwören  muss,  gesetzet"-;. 

1515  wurde  hier  von  der  Stadt  und  dem  Bischof  die 
Bestimmung  eingeführt,  daß  der  Schultheiß  nicht  zugleich 
auch  Wirt  sein  dürfe,  was  bald  darauf  auch  auf  die  beiden 
Vögte  ausgedehnt  wurde.  Als  dieser  Beschluß  am  U.De- 
zember Thengers  Veitin  mitgeteilt  wurde,  welcher  damals 
Schultheiß  und  Wirt  war,  mit  dem  Ersuchen,  eins  von 
beiden  fallen  zu  lassen,  gab  er  das  Schultheißenamt  auf''). 

Eine  ganz  andere  Stellung  als  die  bisher  besprochene 
hatten  die  Schultheißen  von  Kenzingen,  Flexburg,  Nonnen- 
weier,  Marlenheim  und  Odratzheim.  Sie  waren  städtische 
Beamte  und  wurden  von  der  Stadt  direkt  ohne  Wahl  der 
Gemeinde  eingesetzt. 

Im  Jahre  1480  war  der  Schultheiß  zu  Kenzingen  ge- 
storben;   ein   gewisser  Rudolf  Schmid  bat  darauf  den  Rat, 


1)  Am  25.  Februar  1557  schreibt  Philipp  Mangold,  Vogt  zu 
Herrenstein,  an  die  Stadt,  daß  in  seiner  Abwesenheit  der  Schultheiß 
von  Dettweiler  eine  verdächtige  Person  habe  gefangen  nehmen 
und  ins  Schloß  bringen  lassen;  er  fragt  an,  was  er  tun  soll-  Str. 
Stadt'A.  V.  C.  G.  K-  30. 

•^)  Str.  Stadt-A.  V.  C  G.  A  42  Nr.  92. 

^)  1524  war  der  bischöfliche  Vogt  Wirt,  ein  gewisser  H-  Renn- 
bolt  Spender  bittet  den  Hofmeister,  dieses  abstellen  zu  lassen. 
Ecciesiasticum  Argentinense,  Straßburger  Diözesanblatt,  11.  Jahr- 
gang 1892,  Archivalische  Beilage  S.  47. 


140 


ihm  das  Amt  zu  übertragen.  Er  war,  wie  bereits  erwähnt, 
der  höchste  Straßburger  Beamte  in  Kenzingen  und  hatte 
als  solcher  darauf  zu  achten,  daß  die  Rechte  seiner  Herr- 
schaft daselbst  in  jeder  Beziehung  gewahrt  würden.  In  der 
Rechtsprechung  war  er  nur  bei  der  hohen  Gerichtsbarkeit 
zugegen  und  hatte  polizeiliche  Funktionen.  Außerdem  war 
er  straßburgischer  Rechnungsbeamter,  zu  seiner  Unter- 
stützung war  ihm  ein  Schaffner  beigegeben. 

In  dem  Dorfe  Flexburg,  das  zwischen  der  Stadt  Straß- 
burg und  den  3  Brüdern  Wolf,  )akob  und  Wendling  von 
Landsberg  geteilt  war,  hatte  jede  Herrschaft  einen  Schult- 
heißen, welche  in  der  Geschäftsführung  jährlich  abwechselten. 

Auch  in  Nonnenweier  gab  es  zwei  Schultheißen;  den 
einen  setzte  der  Bischof  von  Straßburg  ein,  den  anderen 
die  übrigen  Herrschaften  zusammen.  Während  jener  die 
Gerichtstage  abhielt,  hatte  dieser  nur  das  Recht,  den  Heim- 
burgen einzusetzen.  In  Lichtenau  wurde  der  Schult- 
heiß von  Straßburg  und  den  Herren  von  Lichtenberg  zu- 
sammen eingesetzt. 

In  Marlenheim  war  es  von  altersher  das  Recht  des 
Klosters  Andlau  als  Eigentümer  des  Stadelhofes,  den  Schult- 
heißen zu  bestimmen  ohne  Wahl  der  Gemeinde  und  ohne 
Befragung  und  Zustimmung  der  jeweiligen  Besitzer  des 
Dorfes.  Dieses  Recht  ging  bei  der  Pachtung  des  Stadel- 
hofes im  Jahre  1510  und  sodann  beim  Ankauf  desselben 
an  die  Stadt  über. 

Wegen  der  Vereidigung  des  Schultheißen  war  man 
bald  nach  1510  eine  Zeitlang  im  unklaren.  Solange  der 
Stadelhof  noch  dem  Kloster  Andlau  gehörte  und  dem 
Kloster  Haslach  im  Breuschtal  verpfändet  war,  hatte  der 
Schultheiß  nur  dem  letzteren  geschworen,  „den  gemeinen 
herren  gewertig  zu  sin  inn  allen  zimlichen  dingen  und  gericht 
und  recht  zu  halten",  nicht  aber  den  jeweiligen  Besitzern  des 
Dorfes  oder  deren  Vögten  als  ihren  Vertretern.  Als  der  Hof 
den  Rät  und  XXI  verpfändet  wurde,    verlangten  diese  aus 


141      — 


Unkenntnis  der  Sachlage,  daß  der  Schultheiß  der  Herrschaft 
des  Dorfes  schwöre,  schickten  aber  zugleich  eine  Ratsbot- 
schaft nach  Marlenheim,  welche  durch  Befragen  der  früheren 
Schultheißen  und  des  Gerichts  den  seitherigen  Brauch  fest- 
stellen sollte.  Darauf  beschloß  man,  es  beim  Herkom.men 
zu  lassen,  nur  die  Eidesformel  wurde  dahin  abgeändert, 
daß  der  Schultheiß  nicht  den  Rät  und  XXI,  wie  es  analog 
mit  den  früheren  Formeln  heißen  müßte,  sondern  der  „Ober- 
keit  des  stadelhoffs"  schwören  sollte.  Außerdem  mußten 
die  beiden  Vögte,  der  städtische  und  der  bischöfliche,  bei 
der  Vereidigung  zugegen  sein^).  Zweifellos  hat  bei  der 
Einführung  dieser  Neuerung  der  Bischof  von  Straßburg  als 
zweiter  Besitzer  des  Dorfes  Marlenheim  mitgewirkt. 

Diesem  Beschluß  gemäß  wurde  bald  eine  andere  Rats- 
botschaft hinausgeschickt,  welche  mit  „geklopfter  glock" 
die  Gemeinde  zusammenberief  und  am  10.  August  1512 
den  Schultheißen  vereidigte.  Der  damalige  Schultheiß  wurde 
1515  abgesetzt,  seinen  Nachfolger  kennen  wir  nicht.  Am 
19.  April  1518  folgte  Hans  Wyrich;  bei  dessen  Einsetzung 
wurde  es  wie  früher  gehalten. 

Bei  der  Einsetzung  des  Schultheißen  Mathys  Landvogt 
am  21.  November  1531  vertraten  Bernhard  Wormser  und 
Hans  Jörger  die  Stadt  und  der  Hofmeister  und  Land- 
schreiber zu  Zabern  den  Bischof;  am  6.  November  hatte 
die  Stadt  in  Abwesenheit  des  Bischofs  die  Räte  von  Zabern 
gebeten,  einen  Vertreter  nach  Marlenheim  zu  schicken-). 
Der  Landschreiber  las  dem  Schultheißen  den  Eid  aus  einem 


0  „Schultheiß  zu  Marie  soll  sweren  dis  noch  geschriben: 
Item  der  Schultheiß  sol  sweren  in  gegenwertigkeit  beider  vögten,  der 
oberkeit  des  stadelhoffs  getruwe  und  hold  zu  sin,  in  namen  des 
gotshuse  Andelo  euch  gerecht  gericht  zu  halten  und  eynem 
jeden  den  Stabe  zu  recht  zu  gönnen  und  nit  zu  versagen,  und 
den  gemeinen  herren  in  allen  zimlichen  dingen  gehorsam  und 
gewertig  zu  sein,  wie  biß  har  gewonheit  und  herkommen  ist." 
Str.  Stadt-A.  V.  C  G.  A  40  Nr.  88. 

2)  Str.  Bez-A.  G.  1390 


—      142      — 

Buche  vor  und  Bernhard  Wormser  nahm  ihm  denselben 
im  Mamen  der  Stadt  ab.  Darauf  leistete  dem  Schultheißen 
das  Gericht  zu  Marlenheim  den  Eid,  welchen  der  Schreiber 
auf  dem  Pfennigturm  verlas')-)"). 

Der  Keller  des  Stadelhofes  versah  bis  zum  Jahre  1531, 
wie  bereits  erwähnt  wurde,  nach  altem  Herkommen  als  Ober- 
Schultheiß  die  Geschäfte  eines  Schultheißen  zu  Odratzheim. 
Der  Gerichtsbote  daselbst  mußte  ihm  schwören,  kein  Gericht 
ohne  sein  Wissen  und  Wollen  zu  besetzen  und  zu  halten 
und  die  Gefälle  an  ihn  abzuliefern. 


')  Der  städtische  Schreiber,  welcher  das  Protokoll  über 
diese  Ereignisse  führte,  hat  irrtümlich  den  12.  )anuar  1531,  Do. 
nach  Erhardi,  als  Einsetzungstermin  angegeben.  Die  Schöffen 
von  Odratzheim  und  der  Bote  schwuren  am  12.  Januar  1531  dem 
Stadler  und  ebenso  am  21.  November  dem  Schultheiß  Mathis 
Wurmann  oder  Landvogt.  Der  21.  November  steht  als  Ein- 
setzungstermin sowohl  durch  eine  selbständige  Notiz  als  auch 
den  Brief  vom  6.  November  an  die  Stadt  Zabern  fest  Der 
Schreiber  hatte  eingetragen:  „als  unsere  herren  der  statt  Strass- 
bürg  Nathys  Wurmann  zu  einem  Schultheiß  gon  riarle  geordnet, 
do  habend  sy  myns  genedigen  herren  von  Strassburg  raten  inn 
siner  gnaden  abwesen  noch  altem  harkommen  und  gebruch  ge- 
schriben  und  tag  erwent  donnerstag  nach  Erhardi,  uf  welchen 
tag  beder  herrnschaften  bottschaftenn  zu  Merle  erschynen,  do 
hatt  myns  gnedigen  herren  landschriber  innamen  sins  gn.  herren 
dem  seh.  den  eyd  inhalt  dis  buchs  fol.  2  vorgelesen  und  hat  her 
Bernhard  Wurmser  innamen  der  statt  den  eyd  gestabet." 

Str.  Stadt'A    V.  C.  G.  A  40  Nr.  88. 

'^)  Seit  dem  jähre  1530  war  das  Schultheißenamt  auch  mit 
dem  des  Stadelmeiers,  eines  Wirtschaftsbeamten  des  Stadel- 
hofes, vereinigt  Ein  Bericht  einer  Ratsbotschaft  sagt  dazu: 
„die  herren  halten  für  gut,  die  aemter  zu  verteilen,  wie  sie 
bisher  verteilt  waren,  r.wmlich  der  pfandschaft  aemter,  als 
Schultheiß-,  stadelmeyer-  und  kellerampt,  das  die  einer  allein 
hab  und  versehe  und  die  vogtey,  welche  der  Stadt  eigen  ist, 
auch  durch  ein  sondern  verwaltet  werde."  Demgemäß  bezog  der 
Schultheiß  auch  die  Besoldung  eines  Stadelers  und  eines  Kellers. 

•0  Für  Marlenheim  ist  folgende  Besoldung  des  Schultheißen 
überliefert:  „des  Schultheißen  gerechtigkeit  und  gefelhitem  von 


143      — 


Die  Heimburgen. 

Die  Heimburgen  oder  die  Meister  eines  Dorfes  nahmen 
eine  Doppelstellung  ein.  Sie  waren  einerseits  Steuererheber 
für  das  Dorf,  andererseits  die  Rechner  ihrer  Gemeinde^). 
Sie  hatten  die  auf  die  einzelnen  Bürger  ausgeschlagenen 
Steuern,  besonders  Bede,  einzusammeln  und  dem  städ- 
tischen Vogt  abzuliefern-).  Der  Heimburge  von  Illwickers- 
heim  war  auch  bei  der  Verrechnung  des  Ungeldes  be- 
teiligt. Die  Stellung  als  Gemeinderechner  war  um  so 
bedeutender,  je  größer  die  Gemeinde  und  je  umfassender 
ihre  Selbstverwaltung  war. 

Die  Heimburgen  wurden  jährlich  auf  dem  Vogtgericht 
gewählt  und  legten  beim  Abgang  von  ihrem  Amt  dem 
Vogt  und  wahrscheinlich  auch  der  Gemeinde  Rechen- 
schaft   ab').     Die   Bezeichnungen   Meister    und   Heimburge 


jeder  kundschaft  2  Schilling,  item  von  einer  fronung,  wan  sie  uß 
got,  6  i^y  item  von  jedem  sitz  alle  gerichtstag,  wenn  offen  ge- 
richt  ist,  2  />,  item  wann  man  einen  focht,  der  frembd  ist,  mit 
dem  hotten  oder  mit  eym  burger,  git  man  dem  Schultheißen 
28  A^,  item  von  jedem  satz  4  4»  item  in  den  zweyen  Jüchen 
körn  und  habern  gibt  man  von  jedem  acker  ein  garb;"  später 
hat  er  folgende  Besoldung:  „der  Schultheiß  zu  Marie  hatt  jors 
vom  Stadelhoff  in  gelt  3  Pfd.  12  :-i  6  ^,  dry  enger  heu,  den 
fryen  sitz  und  die  beholtzung  inn  meiner  herren  wälder". 

')  Vgl.  Knapp,  S.  75,  Anm.  2  und  S.  258. 

■-)  Der  Heimburge  von  Illwickersheim  lieferte  die  Gefälle 
selbst  auf  dem  Pfennigturm  ab,  vielleicht  erstattete  er  auch  vor 
den  Dreiern  daselbst  Rechenschaft  über  seine  Amtsführung. 

0  In  eine  Ordnung,  welche  in  der  2.  Hälfte  des  15.  Jahr- 
hunderts von  dem  Bischof  Ruprecht  von  Straßburg,  dem  Grafen 
Ulrich  von  Württemberg,  dem  Grafen  Heinrich  von  Zweibrücken 
und  Bitsch  und  dem  Georg  von  Ochsenstein  für  das  Amt 
Marlenheim  erlassen  wurde,  heißt  es:  „item  die  rechner  und 
heimburgen  sollen  alle  iar  rechnung  tun  vor  den  herren  oder 
ihren  amptlcuten  von  der  bette  und  allen  anderen  Sachen,  die 
sie  von  des  dorffs  wegen  verhandeln." 

Anfang  des  15.  Jahrhunderts  legte  der  Heimburge  von 
Benfeld  vor  dem  Rate  daselbst  Rechnung:  „item  so  eins  gegen 


-      144     — 

bedeuten  dasselbe,  in  Marlenheim  werden  sie  1503  Heim- 
burgen und  bald  darauf  Meister  genannt.  In  manchen 
Gemeinden  gab  es  nur  einen  Heimburgen;  wahrscheinlich 
war  jedem  der  beiden  Meister  von  Wasselnheim  eine 
Hälfte  des  Dorfes  als  Amtsbereich  zugewiesen.  Dem 
Heimburgen  von  Benfeld  waren  noch  zwei  Gehülfen  bei- 
gegeben, welche  ihrerseits  Meister  hießen  und  jährlich  neu 
bestimmt  wurden^)-). 

Der  Gerichtsbote. 
Seine  Bestellung  war  in  den  verschiedenen  Dörfern 
verschieden.  In  Schiltigheim  wurde  er  von  „unsern  herren 
gesetzet"  ohne  Einfluß  der  Gemeinde.  Dasselbe  war  in 
Ittenheim  und  lllwickersheim  der  Fall.  In  Wasselnheim 
dagegen  wurde  er  durch  Wahl  des  Gerichtes  unter  Vorsitz 
des  Vogtes  eingesetzt.  Im  Jahre  1513  hatte  sich  das 
Gericht  selbständig  einen  Boten  gewählt.  Auf  die  Be- 
schwerde des  Vogtes  hin=^)  untersagten  die  Landherren  in 
einem  Brief  vom  14.  Dezember  dem  Gericht  das  eigen- 
mächtige Vorgehen^). 


dem  andern  gor  uf  gehoben  wurt,  so  hübet  Hafe  Henß,  der  alte 
heimburge,  der  stette  [Benfeld]  schuldig  36  Pfd.  miner  2  ^  ". 

^)  In  dem  Rechnungsbuch  des  H.  vom  Benfeld  aus  jener 
Zeit  steht:  „item  2  Pfd.  6  ^  den  alten  meistern  von  dem  gewerf 
uf  rechnunge,  als  su  die  wechtern  und  portner[n]  usgeben  hant 
und    m    iren   innemen  und  usgeben  verechent  hant   zu  /lunster 

^^^^^^^^ n  Pfd.  hab  ich  geben  den  zweien  nuwen  meistern 

nehest  vor  winachten,  die  su  den  wechtern  und  pörtnern  uf 
dieselbn  fronuaste  geben  hant." 

7  n  H  ''t^^^^^''  ^'^  Reichsdörfer  der  Landvogtei  Hagenau, 
z.ü.ü.  N.F.  14.,  S.  222.  Auch  der  Heimburge  des  Dorfes 
Ohiungen  hatte  2  Gehülfen. 

'•')  Protokoll  der  Landherrensitzungen  1513  14:  „item  bringt 
em  amptman  an.  wie  die  von  Wasselnheim  jars  ein  rat  und 
em  botten  besetzen  on  eins  vogts  bysin,  das  der  oberkeit  zu 
nachtheil  und  abbruch  diene". 

')  Registerbuch,  1513.  Mi.  vor  Lucie  et  Otilie:  „so  ist  unser 
ernstlich  meinung  und  befehle,  hinfuro  solichs  uwern  furnemen 


-      145     — 

Die  Amtsdauer  des  Boten  war,  soweit  es  sich 
erkennen  läßt,  nicht  lebenslänglich.  Er  hatte  beim  Amts- 
antritt einen  Eid  abzulegen ,  in  Wasselnheim  schwur  er, 
dem  Vogt,  Schultheißen,  den  Meistern  und  dem  Gericht 
gehorsam  zu  sein,  in  lllkirch  auch  den  Geschworenen. 
Er  mußte  der  Gemeinde  und  der  Herrschaft  Dienste  ver- 
richten, auch  den  Bürgern  der  Gemeinde  konnte  er  mit 
Genehmigung  des  Schultheißen  und  gegen  Entrichtung 
einer  Gebühr  von  2  /^  ,  von  welchen  der  eine  dem  Vogt 
zukam ,  dienstbar  sein.  Außer  seiner  Beteiligung  an  den 
Gerichten  hatte  er  für  die  öffentliche  Sicherheit  zu  sorgen; 
im  Amte  lllkirch  brachte  er  die  Untertanen,  welche  mit 
Gefängnis  bestraft  wurden,  nach  Straßburg  in  den  „turn". 

Als  Besoldung  erhielt  der  Bote  von  Schiltigheim  1  Pfd. 
3  ß  \0  /^  und  2  Viertel  Korn,  derjenige  von  lllwickersheim 
war  außerdem  befreit  von  Bede  und  Frondiensten.  Der 
von  Wasselnheim  hatte  außer  seinen  Gefällen  noch  den 
freien  Sitz.  In  Benfeld  wurde  der  Gerichtsbote  von  der 
Gemeinde  und  der  Stadt  Straßburg  besoldet. 

Der  Fürsprecher. 

Die  Fürsprecher  waren  allem  Anscheine  nach  auf 
längere  Zeit  bestellt  und  wahrscheinlich  auf  die  gleiche 
Art  und  Weise  wie  der  Schultheiß,  durch  Wahl  der  Ge- 
meinde unter  städtischem  Vorsitz.  Es  werden  Fürsprecher 
in  Wasselnheim  und  Dettweiler  erwähnt,  in  ersterem  Dorfe 
mindestens  zwei,  in  letzterem  nur  einer.  In  Wasselnheim 
war  im  Jahre  1513  Mangel  an  zu  diesem  Amt  befähigten 
Leuten,    da    das    Gericht    keinen    Fremden    dazu    nehmen 


miessig  zesten  und  dheinen  gerichtzbotten  oder  amptman,  der 
uns  als  der  oberkeit  zu  setzen  zustot,  on^unsers  vogtes,  als 
von  unsern  wegen,  wissen  und  willen  setzend,  kiesent  oder 
annement  und  uch  solicher  oberkeit  hinfuro  nieme  underziehent". 

10 


—      146     — 

wollte').  S\Q  wurden  auch  vereidigt,  „sollen  geloben  einem 
ieden  in  oder  usserhalb  vor  gericht  sein  worde  zu  tun 
nach  irem  besten  vermögen"  und  vertreten  den  Kläger  vor 
Gericht,  dem  Angeklagten  durften  sie  nicht  beistehen. 

In  Wasselnheim  hatten  sie  an  jedem  Gerichtstag  für 
Privatsachen,  auch  beim  Banngericht  zugegen  zu  sein.  Im 
)ahre  1536  setzte  das  Gericht  unter  dem  Vorsitze  des 
Vogtes  fest,  daß  sie  von  jeder  Anklage,  welche  sie  ver- 
traten, 6  ^  Entschädigung  nehmen  durften.  Der  Für- 
sprecher von  Dettweiler  mußte  seine  Hülfe  kostenlos  her- 
geben, und  als  er  1513  auch  Gebühren  einführen  wollte, 
wehrte  sich  die  Gemeinde  heftig  gegen  diese  Neuerung. 


Der  Gerichtsschreiber. 

Ebenso  wie   es  nicht    in    jeder   Gemeinde  Fürsprecher 
gab,    hatten    auch    nicht    alle  Gerichtsschreiber.     Mur    für 
Marlenheim  und  Wasselnheim  werden  solche  erwähnt,  und 
die  Städte  hatten  ihre  Ratschreiber.     Nach  einem  Auszug, 
welcher    im    )ahre     1556    aus    dem    „Statutenbuch"     des 
Fleckens  Marlenheim    gemacht    wurde,    bestellte    man    den 
Schreiber  daselbst  jährlich  auf  dem  Vogtgericht.    Er  konnte 
eine    Reihe    von    jähren    im    Amte    bleiben,    mußte    aber 
jährlich  von  neuem  um  dessen  Übertragung  bitten.    Wollte 
der  Schreiber  im  Laufe  des  Jahres   sein   Amt    niederlegen, 
so  mußte  er  es  ein  viertel  Jahr  vorher  aufkündigen.     Das- 
selbe war  der  Fall,  wenn  Schultheiß  und  Gericht  während 
des  Jahres  einen  neuen  Schreiber  anstellen  wollten,  „damit 
sich  ein  Schreiber  eines  andern  diensts  wisse  zuuers'ehen." 
Als  im  jähre    1531    die  Ratsbotschaft   in   Marlenheim  war, 
um  den  Schultheißen  einzusetzen,    war    man    sich  darüber 
noch  nicht  einig,    ab  das  Gericht  allein  den  Schreiber  ab- 

p  Nemoriale:  „item  ein  grosse  mangel  sy  an  fursprechen 
2U  Wass.,  dass  sie  lossen  nieman  kein  frembden  zu,  er  muß  by 
inen  gesessen  sin." 


147 


setzen  konnte.  Die  Ratsbotschaft  bestritt  dieses,  und  doch 
mußten  Rät  und  XXI  nachgeben. 

Der  Schreiber  fertigte  alle  Gerichtsurkunden  aus,  er- 
ledigte überhaupt  alle  schriftlichen  Sachen  des  Dorfes,  Briefe 
usw.,  und  auch  solche  von  einzelnen  Gemeindebürgern.  Er 
nahm  an  allen  Gerichtsverhandlungen  und  an  den  Sitzungen 
der  Verwaltungsbehörde  teil  und  führte  wahrscheinlich 
Protokoll  darüber'). 

Ferner  hatte  er  Abschriften  der  bestehenden  Ord- 
nungen, der  für  Marlenheim  geltenden  Gerechtigkeiten  der 
Herrschaft,  überhaupt  „alle  protocolle,  so  das  ampt  Marien 
belangen"  in  Verwahrung;  bei  Aufgabe  seines  Amtes  hatte 
er  dieselben  dem  Schultheißen  und  Gericht  abzuliefern. 

Wenn  der  Schreiber  zu  eigenen  Geschäften  außer  Amt 
reisen  mußte,  so  sollte  er  zuerst  den  Schultheißen  oder 
den  Meister  fragen,  ob  man  ihn  für  diese  Zeit  entbehren 
könnte  oder  nicht.  Außerdem  mußte  er  die  Schule  halten, 
aber  anscheinend  nur  im  Dorfe  Marlenheim-).  Über  seine 
Besoldung  verlautet  nichts. 

In  Wasselnheim  bestimmte  die  Siegelordnung,  daß  der 
Schreiber  bei  schriftlichen  Arbeiten,  welche  er  für  Bürger 
machte,  sich  „umb  sine  lone  geburlichen  halten"  sollte. 
Wenn  sich  aber  jemand  durch  die  Forderung  desselben 
beschwert  fühlte,  dann  setzte  das  Gericht  den  Lohn  für 
den  Schreiber  selbst  fest. 


^)  Die  Ordnung  lautet:  „Zu  dem  wenn  man  einer  burger- 
schafft klepfft,  soll  er  alle  zeit  off  der  Stuben  erscheinen,  wie 
ein  andere  burger  auch,  und  wann  sein  dienst  uss  ist,  das  man 
ine  abgedancket,  soll  er  alle  Protokolle,  so  das  ampts  Marien 
belangen,  Schultheiß  und  gericht  uberliefferen"  Str.  Stadt-A.  V.  C- 
G.  A  40  Nr.  88- 

''^)  Ebenda:  zu  dem  ob  es  sach  wer,  daß  der  Schreiber 
anderer  geschefft  halben  und  userhalb  des  ampts  reißen  wollt, 
so  sol  er  zuvor  einnen  Schultheiß  oder  den  meister,  so  dann 
zu  demselbigen  iar  im  ampt  ist,  ansuchen,  ob  man  denselbigcn 
tag  sein  entpercn  mog  oder  nit-  Zu  dem  soll  ein  ieder  Schreiber 
die  schul  zu  halten  schuldig  sein. 

10* 


—     148 


Die  Geschworenen. 

Eiine  besondere  Stellung  nahmen  die  Geschworenen 
der  Dörfer  des  Amtes  Illkirch  ein.  in  den  anderen  Ämtern 
scheint  es  keine  Geschworenen  gegeben  zu  haben.  In  der 
Gemeinde  Illkirch-Grafenstaden  hatten  sie  „die  Bede 
zu  legen,"  d.  h.  den  Anteil  festzusetzen,  welchen  jeder  Ge- 
meindebürger zu  dieser  direkten  Steuer  zu  geben  hatte, 
und  die  Almende  zu  verpachten.  Ihre  Befugnis  wurde  im 
Anfang  des  16,  Jahrhunderts  insofern  erhöht,  als  ihnen  ein 
Teil  der  Gemeindeverwaltung  übertragen  wurde,  welcher 
bis  dahin  dem  Vogtgericht  zustand. 

So  hatten  sie  jährlich  dem  Pfister  das  „offenhuss"  und 
dem  Schmied  die  Schmiede  zu  verpachten.  Beide  Baulich- 
keiten waren  Eigentum  des  Dorfes,  welches  sie  auch  in 
gutem  Zustande  zu  halten  hatte.  Außerdem  setzten  sie 
zwei  Hirten  und  zwei  Bannwarte  ein,  welche  ebenfalls  ver- 
eidigt wurden,  kurz  ,,sie  sollen  auch  das  dorf  verantworten 
noch  dem  aller  besten,  so  es  aller  nottdürftigest  ist." 

Die    Geschworenen    wurden    jährlich    auf    dem    Vogt- 
gericht   gewählt,    und    ihre    Anzahl    war    verschieden.      Zu 
Illkirch-Grafenstaden    waren    es   zuerst   vier,    von    welchen 
zwei  die  Fischer  und  zwei  die   Bauern   stellten.     Die   letz- 
teren   beschwerten    sich    im    jähre    1483    gegen    diese  Zu- 
sammensetzung, da  sie  glaubten,  die  zwei  Fischer  würden 
den   Bauern    einen    größeren  Anteil    an    den    Abgaben  auf- 
bürden als  ihnen  zukommen  sollte.     Ihr  Gesuch,  fernerhin 
3    Geschworene,    einen    aus   den    Bauern,    einen    aus    den 
Tagnern    und    einen    aus    den  Fischern  zu  wählen,    geneh- 
migten Rät  und  XXI  jedoch  nicht.     Im  Jahre  1511  werden 
noch  4  Geschworene  genannt,    bald  darauf   aber   muß  be- 
stimmt   worden    sein,     daß    jährlich     5    Geschworene    zu 
wählen  seien,   nämlich   zwei  aus  der  F^eihe    der  Bauern    in 
Illkirch,    je   einer    von    den    Tagnern   zu    Illkirch    und    den 
Fischern  daselbst  und  den  Fischern  zu  Grafcnstaden. 


—      149     — 

Von  den  drei  Geschworenen  der  Gemeinde  Schiltig- 
heim-Adelshofen  waren  zwei  aus  dem  ersteren,  einer  aus 
dem  zweiten  Dorf,  dagegen  von  den  vier  der  Gemeinde 
Ittenheim-fiandschuhsheim,  drei  aus  Ittenheim  und  einer  aus 
Handschuhsheim.  Für  lllwickcrsheim  ist  die  Zahl  der  Ge- 
schworenen nicht  bekannt. 


Exkurs. 

Die  Einlösung  des  Bischofsgutes. 

Die  Frage  nach  der  Einlösung  der  bischöflichen  Pfand- 
schaften,  welche  die  Stadt  Straßburg  noch  im  16.  Jahr- 
hundert innehatte,  tauchte  im  jähre  1533  auf,  als  die  Stadt 
mit  neuen  Forderungen  um  Bewilligung  von  Baugeld  für  Ben- 
feld und  das  gleichfalls  verpfändete  Schloß  Fürsteneck  an 
den  Bischof  herantrat  ^)^). 

Dieser  aber  zeigte  keine  Lust  dazu,  sondern  entschloß 
sich,  die  Pfandschaft  Benfeld  einzulösen.  Am  6.  Juni  1534 
verlangte  er  von  der  Stadt  Abschriften  der  Verpfändungs- 
urkunde und  der  Baugeldbewilligungen.  Dieser  Forderung 
wich  die  Stadt  in  einem  Schreiben  vom  20.  Juli  aus  mit 
der   Begründung,    daß    sie   jedesmal  Bericht  über  den  Bau 


0  Schon  am  11.  Dezember  1527  hatten  die  bischoflichen 
Räte  die  Stadt  zum  zweiten  Hai  um  Kopien  der  Pfandbriefe 
von  Ettenheim  und  Fürsteneck  gebeten.  Etwas  näheres  ist  nicht 
bekannt.    Str.  Stadt-A.  G.  U-  P.  L.  115  Nr.  3. 

^)  Im  Sommer  dieses  Jahres  lief  bei  dem  Bischof  ein 
Schreiben  des  Rates  ein,  welches  ihn  ersuchte,  Benfeld  und  das 
Schloß  Fürsteneck,  welche  baufällig  seien,  besichtigen  zu  lassen. 
Am  9.  August  bestätigte  dieser  den  Empfang  des  Schreibens 
mit  der  Bemerkung,  daß  er  es  zur  Begutachtung  an  die  Dom- 
herren weitergegeben  habe.  Daraufhin  scheint  man  über  den 
Fall  in  Verhandlung  getreten  zu  sein,  zunächst  aber  Fürsteneck 
fallen  gelassen  und  vereinbart  zu  haben,  daß  beide  Teile  Ben- 
feld besichtigen  lassen  sollten.  Es  wurden  verschiedene  Briefe 
gewechselt,  vom  Bischof  liegen  solche  vom  4  März,  12  April 
und  24.  Mai  1534  vor,  ohne  daß  man  etwas  erreicht  hätte. 


—     150     — 

in  Benfeld  erstattet  habe.  Trotzdem  erneuerte  der  Bi- 
schof am  5.  August  sein  Gesuch,  jedoch  mit  demselben 
Erfolg. 

Die  nächste  Nachricht  ist  ein  Brief  des  Bischofs  vom 
2.  )uni   1536,  aus  welchem  hervorgeht,  daß  er  inzwischen 
die  Stadt  gebeten  hatte,  ihm  von  den  Urkunden  aller  Ver. 
Pfändungen,    welche    dieselbe    zur    Zeit    noch    vom  Bistum 
habe,    Abschriften    zuzustellen.     Darauf    beschlossen   Räte 
und  XXI  in  einer  Sitzung  vom  22.  )uli,  dem   Bischof  zwar 
von   den    Benfelder    Urkunden,    nicht   aber  von   denen  der 
andern  Pfandschaften  Abschriften  ausfertigen  zu  lassen,  da 
sie    wohl    glaubten,    auf   diese  Weise  deren  Einlösung  ver- 
hindern zu  können.     Aber  aus  einer  Zusammenstellung  der 
verpfändeten  Besitzungen  aus  dem  Jahre   153b,  welche  von 
bischöflicher  Seite  gemacht  sein  muß,  geht  hervor,  daß  es 
trotzdem  dem  Bischof  gelungen  war,  sich  über  den  Verbleib 
seines  Besitzes  zu  vergewissern. 

Die  Einlösung  der  Pfandschaften  scheint  ohne  weiteres 
nun  von  statten  gegangen  zu  sein,    ohne  daß  wir  darüber 
unterrichtet  sind,  nur  bei  Benfeld  und  Kochersberg  kam  es 
zu    Meinungsverschiedenheiten.      Nach    einigen    fruchtlosen 
Verhandlungen    teilte   am    14.  September    der    Bischof  der 
Stadt    mit,    daß    am    25.  September  seine  Boten  in  Straß- 
burg seien,  um  eine  Verständigung  herbeizuführen.    Zugleich 
bat   er  den  Rat,  auch  seinen  Verordneten  unbedingte  Voll- 
macht   zu    geben,    damit    man    endlich    zum  Ziele  komme. 
Auf  dieser  Tagung  wurde  zwar  beschlossen,  daß  der  Bischof 
bis  kommende  Weihnachten  alles  Geld,  welches  der  Rat  auf 
Grund  seiner  Urkunden  forderte,  auf  der  Hünze  zu  hinter- 
legen,   die  Stadt    aber  bis  dahin  die  Pfandschaft  und   ihre 
Urkunden    auch    herausgeben    solle,    aber    der   Bischof   er- 
kannte die  Abmachungen  nicht  an.     Er  glaubte,  daß  seine 
Vorgänger  nicht  alles  Baugeld  bewilligt  hätten,  welches  die 
Stadt    forderte,    und    besonders    weigerte   er  sich,  jene  auf 


151      — 


der  speyrischen  Richtung  beschlossenen  2000  Pfund  ^)  zu 
bezahlen.  Am  3.  Oktober  teilte  er  dem  Rate  mit,  er  solle 
am  9.  Oktober  Verordnete  in  seinen  Hof  schicken,  alsdann 
wolle  er  ihnen  seine  Heinung  sagen.  Wir  wissen  nicht 
was  er  diesen  mitteilte,  jedenfalls  aber  weigerte  er  sich, 
den  am  26.  September-)  abgeschlossenen  Vertrag  anzuer- 
kennen, und  nun  nahmen  beide  Partelen  ihre  Zuflucht 
nach  iiagenau  zu  dem  Unterlandvogt  Konrad  von  Rech- 
berg. 

Bereits  am  1 3.  Oktober  fand  hier  eine  Tagung  statt,  auf 
welcher  bestimmt  wurde,  daß  die  Parteien  Ihre  Klage  schrift- 
lich beim  Landvogt  einreichen  und  darauf  innerhalb  zweier 
jähre  sich  auseinandersetzen  sollten,  wenn  sie  aber  in  dieser 
Zelt  nicht  zum  Ziele  kämen,  solle  ein  weiteres  halbes  jähr 
zugegeben  werden.  Alsdann  solle  der  Schiedsspruch  ge- 
sprochen werden.  Jedoch  scheint  man  sich  in  der  Folge 
nicht  an  diese  Bestimmungen  gehalten  zu  haben'). 

Der  endgiltige  Schiedsspruch  wurde  jedenfalls  erst  am 
20.  Dezember  1540  gesprochen.  Die  Stadt,  welche  durch 
ihren  Bürger  Peter  Sturm  vertreten  war,  verlangte  außer  den 
strittigen  2000  Pfund  noch  145  Pfund,  welche  sie  für  Bauten 
ohne  die  bischöfliche  Genehmigung  ausgegeben  hatte,  und 
die   Ausbezahlung   eines   Schuldbriefes   von    2578  fl  63  Pf. 


^)  Hier  sind  es  Pfund,  keine  Gulden. 

-)  Von  diesem  Tage  ist  die  Urkunde  ausgestellt. 

■*;  Sicher  wird  eine  Richtung  vom  13.  Dez.  1538  erwähnt. 
Ferner  wurde  nach  einer  gleichzeitigen  Aufzeichnung  eines 
städtischen  Schreibers  die  Klage  am  25.  Februar  1538  eingereicht, 
der  Termin  für  die  von  dem  Landvogt  festgesetzte  Tagung  hätte 
also  auf  den  25.  Aug.  angesetzt  werden  sollen.  Da  er  aber  auf 
den  18.  Juli  angesetzt  sei,  so  stellt  der  Schreiber  fest,  daß  er 
dann  5  Wochen  3  Tage  früher  falle,  als  es  ausgemacht  worden 
war.  Schließlich  setzte  auch  Konrad  von  Rechberg  in  2  Briefen 
vom  10  April  und  23.  August  1540  Tagungen  auf  den  11.  Mai 
und  21.  September  an.  Wir  wissen  nicht,  ob  diese  3  Tage  wirk- 
lich stattfanden. 


—      152      — 

Aber  ihre  Forderungen  wurden  nicht  alle  bewilligt,  sondern  es 
wurden  ihr  nur  die  145  Pfund  und  von  den  2000  Pfund  500  fl 
zugesprochen.  Im  übrigen  sollte  der  R:it  auf  alle  Anrechte 
an  die  Pfandschaft  verzichten  und  die  Urkunden  dem 
Bischof  herausgeben.  Die  Abtretung  von  Benfeld  und 
Kochersberg  muß  jedoch  schon  früher  erfolgt  sein,  da  die 
Landherrenordnung  von   1539  sie  nicht  mehr  kennt. 


Inhalt 


Seite 
Einleitung 5—  10 

I.  Der  Erwerb  des  Territoriums 11—  89 

A.  Die  vorübergehenden  Besitzungen 11—22 

1.  Rappoltsweilcr 11—18 

2.  Die  Pfandschaften  des  Straßburger  Bistums  •  18—22 

B.  Die  dauernden  Besitzungen 23—  89 

1.  Benfeld  mit  Rochersberg 23—  24 

2.  Das  Amt  Ettenheim 24—  25 

3.  Lichtenau 25—  26 

4.  Das  Amt  Lürsteneck 26—  28 

5.  Das  Amt  Herrenstein 29—  38 

6.  Das  Amt  Kürnberg   .     ......-.•  38—  41 

7.  Das  Amt  lllkirch •     •  41—  70 

8-  Das  Amt  Wasselnheim  . 70—  77 

9.  Das  Amt  Marlenheim 78—  88 

10.  Übersicht 88—  89 

II.  Die  Verfassung  und  Verwaltung  des  Terri- 
toriums   90-149 

1.  Allgemeines 90—  99 

2.  Die  landesherrliche  Verwaltung 99—108 

3.  Die  Verwaltung  der  städtischen  Ämter.     .     •  109—123 

4.  Die  Richter 123—125 

5.  Die  Tätigkeit  der  Gerichte 125—134 

6.  Das  Gericht  als  Verwaltungsbehörde      •     •     •  134—136 

7.  Die  Dorfobrigkeit 136—149 

Excurs:  Die  Einlösung  des  Bischofsgutes. 


Lebenslauf. 


Ich  wurde  geboren  am    28.  März   1883  zu  Offenheim 
in   Rheinhessen  als  Sohn    des  Landwirts  Ludwig  Knobloch 
und  bekenne  mich  zur  evangelischen  Kirche.     Von  Ostern 
18Q:3  bis   1900  besuchte  ich    das  Progymnasium  zu  Alzey 
und  darauf    das  Gymnasium    zu  Worms,    an    welchem  ich 
Ostern  1902  die  Reifeprüfung  bestand,     ich  studierte  an  den 
Universitäten  in  Straßburg  und  Kiel  Geschichte,  klassische 
Sprachen  und  Erdkunde  und  nahm  an  den  seminaristischen 
Übungen  folgender  Professoren  teil:    Bloch,   Breßlau,   Ger- 
land.    Keil,    Meinecke,    Neumann ,    Piasberg,    Reitzenstein, 
Rudolph,    Spahn    und  Wiegand.     ihnen    allen    bin    ich    zu 
großem  Dank  verpflichtet,  besonders  aber  Herrn  Professor 
Breßlau,    auf  dessen  Anregung   hin   die   vorliegende  Arbeit 
entstanden    ist    und    der    mich    bei    der    Ausarbeitung    und 
Drucklegung  freundlichst  unterstützte. 


REDUCTION 
RATIO  CHANGES 

WITHIN  TITL 


im